B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 16

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A.S. von H.v.H.
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Nien, 11.8.1893.
Lieber Hugo, Ihr Feuilleton über Anunzio habe ich
mit grosser Freude gelesen; es ist eins Ihrer
schönsten, mit weiten Ausblicken.- Ist von dem Mann
was ins Deutsche übersetzt?
- Denken Sie, mir ist man endlich draufgekommen,
dass ich auf die sexuellen Instinkte der Menge
spekuliere und meine "cynischen" "plumpen" Sachen
mit verletzender Absichtlichkeit schreibe - (offen-
bar um mittelst meiner Trivialität viel Geld zu
machen.) -
Der Ruhm dieser Entdeckung gebührt der Wiener
bendpost, welche im übrigen zugleich Geschmack ge-
nug hat die Leichtbeschwingtheit Ihrer Verse zu
loben, (Referent Bruno Walden.) -
Meine Absicht geht vorläufig dahin Ende nächster Wo-
che ins Pusterthal zu reisen, und vielleicht von
dort per Bio. nach Wien zurück. ( Salten ist bereits
unten— Paul Goldmann will im September nach Salzburg
kommen; vielleicht lässt sich eine Zusammenkunft
Ende August arrangieren? Wie sind Ihre Pläne?
Schreiben Sie doch was darüber. Arbeiten Sie was?
Meine kleine Hovelle ist bis auf wenige Zeilen fer-
tig. Das hab ich Ihnen schon geschrieben.- Jetzt
schreib ich ab und zu ein paar Verse an dem "alle-
gorischen" Gedicht; bedauere aber sehr nicht die
ausreichende Befähigung dazu zu haben. - Den Muth
zu was grösserem, das wird Sie nach alledem nicht
wundern, hab ich noch nicht erlangt.- Unter vier Augen
das Volksthester beginnt mit mir (wegen "Märchen")
zu unterhandeln. Ich sage Ihnen - Zustände!!- wei-
teres darüber mündlich.
- Wie gehts dem ägyptischen unanständigen Stück? -
Wenn es nur ägyptisch wäre, läge es der Allgemeinheit
zu fern!- Der Tod Kalkas ist Ihnen wohl bekannt wor-
den? -
Hören Sie was von Fels?- Schreibt Ihnen Richard?-
Sind Sie vergnügt?-Herzlich der Ihre Arthur.
Sie müssen Bioyole fahren lernen!
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Nach
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A.S. an H.v.H.
Pieve di Cadore
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.24.8.1893.
(Oberschrieben: Launiger Brief)
Des Meisters von Cadore reiche Farben
Theophil Morren.
Mein lieber Hugo, Sie haben allerdings Tizians Tod
geschrieben, wir aber haben soeben das Zimmer betre-
ten, in welchem Tizian geboren ward. Wir sind
nämlich in Pieve di Cadore ; heut Früh von Toblach
mit unseren Rädern abgefahren, und über Cortina hie-
her ;- manchmal unter Hagel und Regen, und keines-
wegs ohne dass uns die Zollbehörden an hielten.-
Hier haben wir in den paar Stunden unseres Aufent-
halts viel Schönheit und Leben gesehen; blonde Kin-
der (Schönheit), die auf steinernen Löwen ### (Leben
spielten, andere wieder, die "Musikbande" spielten und
wo der Kapellmeister seine sämtlichen auf Holzstäben
und Löffeln musizierenden Untergebenen jämmerlich
prügelte, (Schönheit). Ein altes Weib
(Leben),das von Haus zu Haus ging und die kleinen
Kinder küsste, ein Kerl, der zum Fenster hinausschau
te und dem Strümpfe (Schönheit) zum Mund heraushin-
gen, mit welchen ich, wie Salten meint, verbleiben
soll
Ihr hoch-und radfahrender
Arth.Sch.
Anschrift von Felix Salten/
Lieber Freund! Die Fahrt durch die Pracht des Amauns-
zo-und Cadorethales und der Aufenthalt hier haben
gelehrt:Es genügt nicht, dass der Mensch den Tod
des Tizian schreibe, er muss auch Bicycle fahren kön-
nen. Ersteres haben Sie getan, das Zweite bleibt Ih-
nen noch. Wir allerdings haben beim Zweiten angefan:
gen und das Schwierigere steht uns noch bevor, was
wir, wie Arthur meint, heute mal versuchen wollen.
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