B43: Hofmannsthal, Hugo von_1 an HvH, Abschrift, Seite 92

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nur der Welt,den Erlebnissen, den Menschen, son-
dern auch jener einzigen Einheitlichkeit, die wir
Kunstwerk nennen, durchaus nicht einheitlich, son-
dern zugleich onkel-majors-mädchen-gutsbesitzer-
träumerhaft ins Auge schauen. Gewöhnlich schreibt
über die Dinge einer, der nur ein Onkel, nur in
Träumer, nur ein Mädchen ist. All dies liesse sich
richtiger ausdrücken, wozu mir die Sammlung in die-
sem Augenblicke fehlt.
Hoffentlich sieht man sich wieder, wenn Sie zurück-
kehren aus München, Göttingen, Berlin, Lassen Sie ge-
legentlich was von sich hören.
Herzlichst Ihr
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Wien, 25.6.1907.
Mein lieber Hugo, morgen fahren wir nach Villach;-
von dort aus wollen wir uns umsehen, ob wir irgend
was (Velden? Wochein? oder sonstwo,-wenns gut geht,
zu längerem Aufenthalt finden. Den Buben lassen wir
erst nachkommen, wenn wir wissen, wo unseres Bleibens.
Der Roman, den ich nun tüchtig durchfeile, zum grossen
Teil natürlich neu schreibe, zieht mit. Das Winter-
stück hab ich weggeschmissen; nicht weggelegt, da ich
in ein schlechtes Verhältnis dazu geriet. Irgend ein
Wurzelfehler war da, so dass ich durch Korrigieren
nicht weiter kam. Vielleicht muss der Stoff in an-
dere Erde gesetzt werden, doch weiss ich noch nicht
in welche. Vorläufig gehen mir andere theatralische
Einfälle näher.-Wir haben in der letzten Zeit viele
Leute gesehen; es gab manche sehr gute Stunden, mit
Richard, Wassermann, Kainz, Fred und andere; auch das
Tenbis war schön-num lookt es mich doch ins ein-
samere. Der Gräfin Thun hab ich die Dämmerseelen
geschickt; sie hat in einem sehrbliebenswürdigen