B52: Körner, Josef, Seite 24

u 25.1/18
PRAG XIX., Na hutich 661.
Spiel de Sommer (
PROF. Dr. JOSEF KÖ NNER
21.XII.29.
Hochgeehrter Herr Doktor!
Sie haben mir vorgestern mit der Zusendung Ihrer neuesta
Dichtung wieder einmal einen besonders frühren Tag gemacht.Wiewohl ich über
beide Ohren tief in der Arbeit stecke, habe ich sofort alles liegen lassen
u.zunächst genaue Bekanntschaft mit Ihrem Büchlein geschlossen.Gegenüber
Ihren schweren u.schwemmütigen Gaben der letzten drei Jahre, die teilweise
zum Düstersten Ihres ganzen Lebenswerks gehören, überrascht Ihr neues Buch
durch die ungewohnte Leichtigkeit von Thema, Problem, Dalog, Charakteristik
u. Sprache. Sollten Sie auch hier wieder auf einem neuen Wege sein, andem
Wege zu einer neuen Form des Lustspiels? Besonders die Figur der Gusti
scheint mir dahin zu deuten. Ich erinnerte mich beim Lesen der feinen Be-
merkung Hofmannstmals in seinem schönen Essay über den Tasso, dass auf dem
Bühne nichts so schön sei, als wenn einer einen spielt, der sich selber
„spielt“. Es ist fraglos eine tneatralische Glanzrolle wie nur wenige in
Ihrem gesamten Bühnenwerk.
Wie Sie sich leicht denken werden (mindestens, wenn Sie
den Inhalt gewisser Gespräche, die ich mit Ihnen führen durfte, noch in Er-
ein persönliches Interesse am stärksten gefesselt
innerung haben)wa
durch den Dialog Josefa u. dem Kaplan zu Ende des zweiten Akts. Ich habe
bloss bedauert, dass das religiöse Motiv, das ja knapp an das tiefe Philo-
sophem der Theodices heranreicht, nicht energischer in den Mittelpunkt ge-
rückt wurde. Freilich wäre dann wohl aus dem Spiel,das, wenn ich recht ver-
stehe, eben Spiel bleiben sollte, zuviel Ernst geworden.
Dem Pedanten verzeinen Sie, dass er zuguterletzt gar
noch auf Druckfehler hinweist.S.56,Z.7 von oben muss es doch wohl "aus
dem" (statt "aus der") heissen.S.61,Z.13 von unten scheinen die Interpunk-
tionen verstellt zu sein. Ich lese: „Gebet; sinnlos, im Leeren“ - doch wohl
mit Recht?
Ich weiss nicht, verehrte Herr Doktor, ob Innen mein Ver-
leger, wie ich es auftrug, ein kleines Schriftchen, betitelt "Botschaft der
Romantik" im Spätsommer zugeschickt hat. Natürlich nicht zum Lesen, (es sei
denn, dass Sie an übler Schlaflosigkeit litten) sondern bloss als specimen
reverentiae. Sollte es nicht geschehen sein, so bitte ich, es mir zu sagen.