B66: Mann, Heinrich, Seite 10

Hennichum
25. Sept. 1911
3. Tölz
villa thomas Mann
Lieber Herr Doktor,
schon vor einigen Tagen hörte ich von
dem Unglück, das Dir getroffen hat, und
bereits sehr, Sie in solcher Zeit mit meinem
unrichtigen Anliegen belästigt zu haben.
Ich erwartete nur die Bestätigung, um Ihnen
zu sagen, daß ich mit Ihnen fühle.
meinestheils hänge heute ängstlicher als
früher an meiner Mutter, dem ersten
Kuell alles wärme. Sie dahingehen
zu sehen, macht frösteln.
Sie sind sehr gütig, daß Sie
beim Burgtheater noch bemüht haben. Die
Ablehnung, die mir freilich noch nicht direkt
mitgetheilt wurde, überrascht mich nicht
mehr, da sie meinen Münchner Erfahrungen
G.C.P.
G.C.P.
Gouvernement
Gouvernemental
'V:A:S:V:R:S'
G.C.P.
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entspricht. Das hiesige Inteodant und sein
Regitteur Kilian wollen „keine Schau¬
spielesien als Cocotta auf der Hofbühne sehen.
der Direktor Stollberg seinerseits findet
die Charakter des Stückes falsch. In
Berlin könnte mein Verleger Cassiner
natürlich leicht bewirken, daß die Durieur,
die nicht abgeneigt ist, die Rolle spielt.
Unglücklicher weise will er Ähnlichkeiten
der Leonie mit seiner Frau entdeckt
haben, und das macht ihm bedenken.
vielleicht bemüge ich mich noch bei Jarm,
falls ich Gelegenheit habe, nach Wien zu
kommen. Mitte Oktober soll ich eine
Vorlesungsreise antreten, die Anfangs
November in Prag oder in Wien endet.
Ich würde mich sehr freuen, Sie und Ihre
Gemahlin, dann zu Hause und die
gnädige Frau vollkommen erholt zu finden.
Ich wünsche ihnen einen recht glücklichen
S. A.