B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 281

27.7
Kurhaus Tegel, 10.10.10
(du musst es dreimal sagen)
Lieber Freund,
mit diesem schnellen Entschluss bin ich gern ein-
verstanden. Die L. für Genia habe ich vom Anfang an
erwogen, aber zu leicht befunden; die T. trägt besser,
nach meiner Ueberzeugung. Zweifellos liegt die Rolle
zwischen den beiden, aber ich finde, die T. kommt ihr,
besonders in der zweiten Hälfte des Stückes, näher.
Als Termin lasse ich Mitte Febr. in den Vertrag schrei-
ben, will aber gleich dazu sagen, dass eine nochmälige
genauere Berechnung mir ergeben hat, dass wir wohl
nicht vor dem 18.Febr. heraus könnten. (Das ist ein
Senstag). Herterich-Erna wird wohl das Beste sein.
Ich war Freitag in diesem Stundenpfuhl Berlin,
bin aber gestern wieder herausgefahren und werde ver-
mutlich 14 Tage noch hier bleiben. Der sich zu länge
rem Verweilen anschickende junge Wein giht mir Musse;
und es gefällt mir allmälig recht gut hier, in Wald
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10. 10.10.
und an den—See und im Luftbad. Ich habe angefangen,
über Kainz zu schreiben, und bin gleich auf eine so
breite Basis geraten, dass sich vielleicht ein Rund-
schau-Essay auswächst.
Dem Kronzeugen Schwarzkopf stelle ich event, den Dick-
kopf lessing gegenüber, dessen weite Land-Begeisterung
auf dem Grunde genialer Striche erwächst. Die Wirkung
des 1.Aktes freut mich, und ich schliesse recht goethisch:
„Und so fortan!- Der ich recht wohl zu leben wünsche“.
O.B.