B16: Brahm, Otto 2 Arthur Schnitzler an Brahm, Abschrift (Fortsetzung) , Seite 14

(28.7.06
reich“... Das E.Stück spielt wie Ihnen bekannt in Ar
tisten- und Bohemekreisen, das zweite in Aerzte-das drit-
te in Journalistenkreisen. Nun zweifle ich nicht, dass
sich bei Erscheinen des F.Stückes Stimmen erheben wer-
den, die sich indigniert äussern, dass ich schon wieder
Künstler schildre (statt Schornsteinfeger, Brillant-
schleifer und Schweinezüchter), und da habe ich mich
gefragt, ob man nicht gelegentlich das Gerücht von der
oben gekennzeichneten österreichischen zusammenhängen-
den Komödienreihe in die Oeffentlichkeit bringen könn-
te? Denn vor dem cyklischen haben die Leute doch immer
einen geheimnisvollen Respekt. Sonst hätten sie frü-
heren Collegen gegenüber den Ausruf „Ewig diese König
Was interessieren uns denn diese Könige...“ nicht un-
terkneifen können. Vorläufig bleibt selbstredend oder
selbstschweigend sowohl das G.Stück als jene andern
ein strenges Entre-nous.-
Ausser den Bülowbriefen lese ich Freytags Bilder etc.;
Votre très-Monsieur, jusqu'au mois
(28.7.06.)
bin jetzt in der Zeit des 30j. Krieges und fühl mich
unbeschreiblich gefesselt. (Einer meiner nächsten Ein-
akter begibt sich zu dieser Zeit.) Auch einigen Poe
hab ich zu mir genommen, dem ich mich aber recht ent-
fremdet fühle, und ausser etlichem flüchtigem lese ich
Liliencronsche u. Grillparzersche Gedichte.
Neulich waren wir in Frederiksburg und Fredensborg -
kennen Sie denn eigentlich all diese schönen Schlös-
ser, Wälder, Gärten Dänemark? Ich fühl mich dieses Jahr
noch viel stärker berührt von dem Reiz dieser Land-
schaften als vor zehn Jahren, da ich mit Beerhof- und
Goldmann in Skodsborg weilte, Domino spielte und die
„ehernen Gestalten“ des Freiwild (wie sie einmal der
höhnische Hugo nannte) aufs Papier schleuderte. Die
Wahrheit zu sagen: alles berührt mich stärker, von Jahr
zu Jahr, und hätte gegen die Weltordnung nichts einzu-
wenden, wenn man nur jünger würde statt dem unerbittli-
chen Gegenteil anheimzufallen.