es schon einmal bei kritischen Geistern (auch
höherer Art) vorzukommen pflegt,hält sich die allzu
freundliche Rezensenten für die Ueberschätzung die-
ses einen unter meinen Büchern durch gründliche Ver-
kennung, ja Ablehnung meiner gesamten bisherigen Pro-
duktion so schadlos wie nur möglich. Welche Leicht-
fertigkeit gehört doch dazu in meinem Gesamtwerk
bis zur "Therese" (das doch immerhin unter andern
die "Liebelei, "Beatrice", den "Grünen Kakadu", den
"Profes or Bernhardi,den "Einsamen Weg", den "Weg
ins Freie,“ den „Gang zum Weiher“, den “Jungen Medar-
dus" und noch ein paar Dutzend andere Stücke und
Novellen enthält) nichts zu bemerken, als "die
schmerzlich-heitere Welt meiner Wiener Aristokraten
mit ihren lebensverliebten Nichtigkeiten und lässigen
Besorgnissen. Und das heillose Geschwätz,
xxx"als hätte erst das Wissen darum, dass auch in
Oesterreich die Welt aus tausend Wunden blutet und
die Liebenswürdigkeit der Sonnbeschienenen sich
verkriechen muss in Scheu vor andrängendem Elend
und bitterster Not mich gepackt", "umdräut von den
furchtbaren Wolken der Zeit"stürzte ich tief in mich
zusammen und"finde dort unten im Dunkel der heiligsten
Schmerzen, des lautersten Menschenwehs die Kraft zu
sagen, wie ich leide um alle Kreaturn. Und „im Schiff-
bruch seiner gleissenden Welt denkt er zuerst an die
Andern und dieses über sich selbst Hinauswachsen, die-
ses Heimverlangen nach den Andern zur Not der tief
enthofften Leidenswege der Mühseligen und Beladenen
mag ihn von sich ganz zu sich erlösen.
Wie gut gemeint und welch blühender Unsinn.
Diktatur der Phrasse und des Cliches, der sich weder
Schreibende noch Lesende, weder Freund noch Feind zu
entziehen vermögen.
Herzlichst grüssend.
Ihr
Herrn 5. Fischer, Verlag,
Berlin.
J. Tischer
1.12.1928.
Lieber Herr Doktor Maril,
Unter den in Ihrem Briefe dargelegten
Umständen sehe ich vorläufig keinen Anlass den
Rotters eine Aufführung von "Komödie der Verfüh-
rung" zu überlassen. Es handelt sich um ein ziem-
lich unsichere und sehr schwer spielbares Stück,
das nur bei glänzendster Besetzung und ausgezeich-
neter Regie auf einen Erfolg rechnen könnte. Was
ich bisher von meinen Stücken zu sehen Gelegenheit
hatte und die vagen Zusicherungen,die er Ihnen
zuletzt gab, sino nicht geeignet mich vertrauens-
voller zu stimmen. Ehe ich also über Besetzungs-
möglichkeiten und finanzielle Garantien mehr er-
fahre, ist eine Diskussion über diese Frage zweck-
los. Sollte ich in nächster Zeit nach Berlin
kommen, so kann ich ja unverbindlich mit Direktor
Rotter, dem ich mich bestens empfehle, persönlich
sprechen.
Was den "Reigen" anbelangt, so bin ich
Ihrer Meinung, dass das Deutsche Theater wahrschein-
lich das einzige ist, dem man heute eine Aufführung
des "Reigen" mit einiger Beruhigung anvertrauen
könnte. Prinzipiell stehe ich also dieser Sache
nicht ablehnend gegenüber und es wird mich interes-
sieren gelegentlich darüber mehr von Ihnen zu hö-
ren.
Es freut mich, dass Franziska Kins in der
„Liebelei“ einen so grossen Erfolg hatte. Wir wol-
len hoffen, dass sich das Stück einige Zeit auf dem
Repertoir erhält. Im übrigen sehen ja die Theater-
verhältnisse für mich nach wie vor triste aus.
Trotz meines Bulletin des déclaration.
das ich vor geraumer Zeit an die Societé geschickt,
höherer Art) vorzukommen pflegt,hält sich die allzu
freundliche Rezensenten für die Ueberschätzung die-
ses einen unter meinen Büchern durch gründliche Ver-
kennung, ja Ablehnung meiner gesamten bisherigen Pro-
duktion so schadlos wie nur möglich. Welche Leicht-
fertigkeit gehört doch dazu in meinem Gesamtwerk
bis zur "Therese" (das doch immerhin unter andern
die "Liebelei, "Beatrice", den "Grünen Kakadu", den
"Profes or Bernhardi,den "Einsamen Weg", den "Weg
ins Freie,“ den „Gang zum Weiher“, den “Jungen Medar-
dus" und noch ein paar Dutzend andere Stücke und
Novellen enthält) nichts zu bemerken, als "die
schmerzlich-heitere Welt meiner Wiener Aristokraten
mit ihren lebensverliebten Nichtigkeiten und lässigen
Besorgnissen. Und das heillose Geschwätz,
xxx"als hätte erst das Wissen darum, dass auch in
Oesterreich die Welt aus tausend Wunden blutet und
die Liebenswürdigkeit der Sonnbeschienenen sich
verkriechen muss in Scheu vor andrängendem Elend
und bitterster Not mich gepackt", "umdräut von den
furchtbaren Wolken der Zeit"stürzte ich tief in mich
zusammen und"finde dort unten im Dunkel der heiligsten
Schmerzen, des lautersten Menschenwehs die Kraft zu
sagen, wie ich leide um alle Kreaturn. Und „im Schiff-
bruch seiner gleissenden Welt denkt er zuerst an die
Andern und dieses über sich selbst Hinauswachsen, die-
ses Heimverlangen nach den Andern zur Not der tief
enthofften Leidenswege der Mühseligen und Beladenen
mag ihn von sich ganz zu sich erlösen.
Wie gut gemeint und welch blühender Unsinn.
Diktatur der Phrasse und des Cliches, der sich weder
Schreibende noch Lesende, weder Freund noch Feind zu
entziehen vermögen.
Herzlichst grüssend.
Ihr
Herrn 5. Fischer, Verlag,
Berlin.
J. Tischer
1.12.1928.
Lieber Herr Doktor Maril,
Unter den in Ihrem Briefe dargelegten
Umständen sehe ich vorläufig keinen Anlass den
Rotters eine Aufführung von "Komödie der Verfüh-
rung" zu überlassen. Es handelt sich um ein ziem-
lich unsichere und sehr schwer spielbares Stück,
das nur bei glänzendster Besetzung und ausgezeich-
neter Regie auf einen Erfolg rechnen könnte. Was
ich bisher von meinen Stücken zu sehen Gelegenheit
hatte und die vagen Zusicherungen,die er Ihnen
zuletzt gab, sino nicht geeignet mich vertrauens-
voller zu stimmen. Ehe ich also über Besetzungs-
möglichkeiten und finanzielle Garantien mehr er-
fahre, ist eine Diskussion über diese Frage zweck-
los. Sollte ich in nächster Zeit nach Berlin
kommen, so kann ich ja unverbindlich mit Direktor
Rotter, dem ich mich bestens empfehle, persönlich
sprechen.
Was den "Reigen" anbelangt, so bin ich
Ihrer Meinung, dass das Deutsche Theater wahrschein-
lich das einzige ist, dem man heute eine Aufführung
des "Reigen" mit einiger Beruhigung anvertrauen
könnte. Prinzipiell stehe ich also dieser Sache
nicht ablehnend gegenüber und es wird mich interes-
sieren gelegentlich darüber mehr von Ihnen zu hö-
ren.
Es freut mich, dass Franziska Kins in der
„Liebelei“ einen so grossen Erfolg hatte. Wir wol-
len hoffen, dass sich das Stück einige Zeit auf dem
Repertoir erhält. Im übrigen sehen ja die Theater-
verhältnisse für mich nach wie vor triste aus.
Trotz meines Bulletin des déclaration.
das ich vor geraumer Zeit an die Societé geschickt,