26.8.190
(22) Kopenhagen, 16. Juni 1901
asgade 55.
Verehrter Freund.
Zwar ist Krotkaja ein Monolog - es gibt aber so viele Monologe,
Flauberts St. Antoinenist auch ein Monolog – aber das kleine Buch
hat gar keine Formähnlichkeit mit der Ihrigen. Les lauriers sont
coupés las ich vor - 16 Jahren glaub ich, als die Erzählung in la
Revue Indépendante stand, und es machte mir einen starken und ori-
ginellen Eindruck, aber das Einzelne hab ich vergessen. Ich kam
zwar durch Wien, blieb aber dort nur zwei Stunden. Ich hatte eine
Scheu, Sie wieder aufzusuchen. Ich finde mich selbst sehr oft für
Fremde ermüdend, fuhr deshalb nur durch; ich war bewegt, unaufgelegt
zum Sprechen. Durch Ihre Güte erhielt ich Renate Fuchs; es ist ein
starkes Buch, aber die Grundidee so willkürlich, das Nachtwandern
der Heldin. Das Beste sind die Details, scheint mir, die vielen tie-
fen Reflexionen. Im Ganzen jedoch Kunst-Kunst, nicht Kunst -Natur. Ist
es nicht wahr? Aber der Mann hat sehr viel Talent.
Hier haben wir scheussliches Wetter, fast Winter. Mitte Juli gehe ich
nach Karlsbad, ich habe mit Georges Clemenceau verabredet, ihn dort
zu treffen.
Von ganzem Herzen
Georg Brandes.
Mittwoch, 26.6.1901
220
i’b.7.190
Havnegade 55.Kopenhagen
Verehrter Herr Schnitzler!
beim Vortrag
Ich kenne Sie ein wenig durch die Freundschaft, die mein Vater
für Sie hegt; ich habe ausserdem alle Ihre Schriften gelesen. Recht
sehr würden Sie mich verpflichten, wollten Sie mir für mein Album,
worin eine Menge grosser Männer ge
chrieben haben, ein Paar Zeilen
senden. zu haben; aber Sie nehmen die
men, auch nicht geistreicher zu sein /
Thregrosee Bewunderin
als wie Sie es jeden Tag ohne Anstrengung sind. In meinem Album finden
sich so spirituelle Sachen, wie "Edith Brandes, einmal" und ähnliches
Für eine beliebige Zelle bin ich dankbar. Es würde mir schwer fallen
Ihnen zu sagen, welches von Ihren Büchern mir am besten gefällt; - in
jedem findet sich so viel Schönes.
Mit besten Grüssen von meinem Papa und mir
Edith Brandes.
(22) Kopenhagen, 16. Juni 1901
asgade 55.
Verehrter Freund.
Zwar ist Krotkaja ein Monolog - es gibt aber so viele Monologe,
Flauberts St. Antoinenist auch ein Monolog – aber das kleine Buch
hat gar keine Formähnlichkeit mit der Ihrigen. Les lauriers sont
coupés las ich vor - 16 Jahren glaub ich, als die Erzählung in la
Revue Indépendante stand, und es machte mir einen starken und ori-
ginellen Eindruck, aber das Einzelne hab ich vergessen. Ich kam
zwar durch Wien, blieb aber dort nur zwei Stunden. Ich hatte eine
Scheu, Sie wieder aufzusuchen. Ich finde mich selbst sehr oft für
Fremde ermüdend, fuhr deshalb nur durch; ich war bewegt, unaufgelegt
zum Sprechen. Durch Ihre Güte erhielt ich Renate Fuchs; es ist ein
starkes Buch, aber die Grundidee so willkürlich, das Nachtwandern
der Heldin. Das Beste sind die Details, scheint mir, die vielen tie-
fen Reflexionen. Im Ganzen jedoch Kunst-Kunst, nicht Kunst -Natur. Ist
es nicht wahr? Aber der Mann hat sehr viel Talent.
Hier haben wir scheussliches Wetter, fast Winter. Mitte Juli gehe ich
nach Karlsbad, ich habe mit Georges Clemenceau verabredet, ihn dort
zu treffen.
Von ganzem Herzen
Georg Brandes.
Mittwoch, 26.6.1901
220
i’b.7.190
Havnegade 55.Kopenhagen
Verehrter Herr Schnitzler!
beim Vortrag
Ich kenne Sie ein wenig durch die Freundschaft, die mein Vater
für Sie hegt; ich habe ausserdem alle Ihre Schriften gelesen. Recht
sehr würden Sie mich verpflichten, wollten Sie mir für mein Album,
worin eine Menge grosser Männer ge
chrieben haben, ein Paar Zeilen
senden. zu haben; aber Sie nehmen die
men, auch nicht geistreicher zu sein /
Thregrosee Bewunderin
als wie Sie es jeden Tag ohne Anstrengung sind. In meinem Album finden
sich so spirituelle Sachen, wie "Edith Brandes, einmal" und ähnliches
Für eine beliebige Zelle bin ich dankbar. Es würde mir schwer fallen
Ihnen zu sagen, welches von Ihren Büchern mir am besten gefällt; - in
jedem findet sich so viel Schönes.
Mit besten Grüssen von meinem Papa und mir
Edith Brandes.