sir, j'y
Kopenhagen, 11. März 1906
Verehrter und lieber Freund.
Haben Sie herzlichen Dank für die gute Gabe, die Sie mir schickten,
Ihr letztes Schauspiel. Ich habe meine Freude daran gehabt. Die Welt
Ihrer Phantasie zieht mich immer an, und erregt meine Bewunderung,
da ich selbst wenig Phantasie besitze und erstaune, dass ein anderer
all das erfinden kann.
Seit lange beschäftigt es Sie, wie der Gedanke an den nahen Tod die
Gefühle beeinflusst, Schleier der Beatrice, Leutenant Gustl, u.s.m.
Hier variieren Sie das Thema; der Gedanke an den Tod des Liebsten
wirkt ebenso. Sie sind ein Grübler über den Tod, wie schon Ihr
"Sterben" zeigte. Die Häifte Ihrer Produktion ist Thoanatos, die
Hälfte Eros gewidmet. Aber dadurch haben Ihre Arbeiten eine so grosse
Spannweite (wenn das Wort deutsch ist). Ich las eine sehr unverständi-
ge Kritik über Ihr Werk in dem Tag; es scheint mir, dass die meiste
deutsche Kritik allzu viel fertige Begriffe und Ansprüche mitbringt;
sie ist weniger geschmeidig als die unsrige. Georg Brandau
Es war mir sehr lieb, Sie jene Stunde bei Fulda zu treffen. Ich möchte,
dass Sie wieder einmal nach Dänemark kämen.
Ihr dankbar verbundener
Georg Brandes.
11. Juli 1906.
Verehrter Freund.
Wenn ich Ihre Karte einigermassen richtig dechiffrire - die Schrift
ist rätselhaft - so fragen Sie nach meinem Befinden und sagen mir
men, wenn Sie noch
dass - - Jemand mich grüssen lässt.
Ich bin heute aus dem Spital heraus, nur noch sehr, sehr matt, stol-
pere aber umher, um mich ans Gehen wieder zu gewöhnen.
Ich wurde sehr gerührt, dass Sie meiner gedacht hatten. Hoffmannsthal
schickte mir Thor und Tod. Es ist schön und fein, machte mir aber
lange nicht den Eindruck wie die zwei ankisierenden Schauspiele.
Ueber Ihre eigenen Arbeiten kam ich das letzte Mal gar nicht dazu,
mit Ihnen zu reden, wollte es doch sehr gern. Ich komme wohl eines
Tages nach Helsingör und versuche an Ihre Tür zu klopfen. Aber etwas
kräftiger muss ich erst sein.
Vorläufig soll ich arme Sau Empfangsrede an das Allthing halten.
Ihr erge/benef
Georg Brandes
Kopenhagen, 11. März 1906
Verehrter und lieber Freund.
Haben Sie herzlichen Dank für die gute Gabe, die Sie mir schickten,
Ihr letztes Schauspiel. Ich habe meine Freude daran gehabt. Die Welt
Ihrer Phantasie zieht mich immer an, und erregt meine Bewunderung,
da ich selbst wenig Phantasie besitze und erstaune, dass ein anderer
all das erfinden kann.
Seit lange beschäftigt es Sie, wie der Gedanke an den nahen Tod die
Gefühle beeinflusst, Schleier der Beatrice, Leutenant Gustl, u.s.m.
Hier variieren Sie das Thema; der Gedanke an den Tod des Liebsten
wirkt ebenso. Sie sind ein Grübler über den Tod, wie schon Ihr
"Sterben" zeigte. Die Häifte Ihrer Produktion ist Thoanatos, die
Hälfte Eros gewidmet. Aber dadurch haben Ihre Arbeiten eine so grosse
Spannweite (wenn das Wort deutsch ist). Ich las eine sehr unverständi-
ge Kritik über Ihr Werk in dem Tag; es scheint mir, dass die meiste
deutsche Kritik allzu viel fertige Begriffe und Ansprüche mitbringt;
sie ist weniger geschmeidig als die unsrige. Georg Brandau
Es war mir sehr lieb, Sie jene Stunde bei Fulda zu treffen. Ich möchte,
dass Sie wieder einmal nach Dänemark kämen.
Ihr dankbar verbundener
Georg Brandes.
11. Juli 1906.
Verehrter Freund.
Wenn ich Ihre Karte einigermassen richtig dechiffrire - die Schrift
ist rätselhaft - so fragen Sie nach meinem Befinden und sagen mir
men, wenn Sie noch
dass - - Jemand mich grüssen lässt.
Ich bin heute aus dem Spital heraus, nur noch sehr, sehr matt, stol-
pere aber umher, um mich ans Gehen wieder zu gewöhnen.
Ich wurde sehr gerührt, dass Sie meiner gedacht hatten. Hoffmannsthal
schickte mir Thor und Tod. Es ist schön und fein, machte mir aber
lange nicht den Eindruck wie die zwei ankisierenden Schauspiele.
Ueber Ihre eigenen Arbeiten kam ich das letzte Mal gar nicht dazu,
mit Ihnen zu reden, wollte es doch sehr gern. Ich komme wohl eines
Tages nach Helsingör und versuche an Ihre Tür zu klopfen. Aber etwas
kräftiger muss ich erst sein.
Vorläufig soll ich arme Sau Empfangsrede an das Allthing halten.
Ihr erge/benef
Georg Brandes