B17: Brandes, Georg 17 (1) Brandes an Schnitzler, Seite 59

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(6.10.11)
Mein verehrter Freund.
Ihr Schauspiel und Ihr Brief haben mich beide tief bewegt. Der
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Ich weiss jedoch, dass andrer Geist in Wien als in Edinburgh ist,
und Sie sind mir der eigentliche Vertreter dieses Geistes.-Ø Ihr
kurk eines!
in alter Freundschaft ergebner
Georg Brandes.
Ich habe leider Ihre Adresse vergessen, was den Brief verspäten wird.
wirkliche Individualitäten, von
schen. Die Rebeufl.
schaften und Eigenheiten, die ein
guren wie Nauter, oder die amivant Karikierten, wie schon und Serkmits,
sind nicht weniger unvergesslich, als die tiefeinnig studierten und
rätselvollen wie Friedrich, Genia und die eine ganze Beale, Kram.
Ich würde nichts darüber schreiben können, das ebenen missurügte an
die Wirkung, und nichts, das irgend etwas erkiärte, denn alles er-
klärt sich von selbst.
Sie lieben es, die Nebentriebe und Nebenpassionen
die Sprünge und Saitensprüge des Gefehiglebens, alles Getheilte,
das von dem Hauptstamm sich ablöst, auszubreiten. Die Weit, so gar
hen, ist auf eine spezielle Weise traurig. Meiner Gefühlert xxx wäre
um das Bild zu supplieren, auch das Erhebende, das ab und zu, wenn
auch sehr selten uns begegnet, ich meine: das, was das Leben ertrag
lich machte, mit in Rechenschaft zu ziehen. Ich bist xxx ich, xxx
Canzen possimistischer als Sie, aber xxxnach empfinde ich einige
Ruhepunkte, und man muss das, soll man sich nicht täten. Man muss
iemand vertrauen können; in der hier vorgeführten sehr reichen und
schillernden Welt, ist aber jedes Vertrauen xxx die ar¬
sich von ihren Neigungen und Bänden 1
Kopenhagen (nicht
Havnegade)
19. Oktober 1911.
Mein verehrter Freund. Sie sich um das mir unbekannte Frl.Prozor
Ihr Schauspiel und Ihr Brief haben mich beide tief bewegt. Der
Brief, weil er so herzlich war und weil ich, seit lange von allerlei
Unglück und Missgeschick verfolgt, für Herzlichkeit sehr empfänglich
bin, das Schauspiel, weil es mir das Werk eines Meisters scheint, voll-
reif. sonders - es ist lange her - in 1888, als ich den alten Gomperts
Diese Menschen, die Sie dort darstellen, stehen uns nur Augen als
wirkliche individualitäten, voll und rund und originell, mit Eigen-
schaften und Eigenheiten, die ein Ensemble ausmachen. Die Nebenfi-
guren wie Natter, oder die amüsant Karikierten, wie Hhon und Serknitz,
sind nicht weniger unvergreich, als die tiefeinnig studierten und
rätselvollen wie Friedrich, Genia und die eine ganze Seele, Erna.
Ich würde nichts darüber schreiben können, das etwas hinzufügte an
die Wirkung, und nichts, das irgend etwas erklärte, denn alles er-
klärt sich von selbst.
Sie lieben es, die Nebentriebe und Nebenpassionen zu verfolgen,
die Sprüngen und Seitensprünge des Gefohlslebens, alles Getheilte,
das von dem Hauptstamm sich ablöst, auszubreiten. Die Velt, so gese-
hen, ist auf eine spezielle Weise traurig. Meiner Gefühlert nach wäre,
um das Bild zu supplieren, auch das Erhebende, das ab und zu, wenn
auch sehr selten uns begegnet, ich meine: das, was das Leben ertrag-
lich machte, mit in Rechenschaft zu ziehen. Ich bin, glaub ich, im
Ganzen persistischer als Sie, aber dennoch empfinde ich einige
Ruhepunkte, und man muss das, soll man sich nicht töten. Man muss z.B.
jemand vertrauen können; in der hier vorgeführten sehr reichen und
schillernden Welt, ist aber jedes Vertrauen unmöglich; alle arbeiten
sich von ihren Neigungen und Bänden los.
Georg Brandes.