A107: Die Schwestern oder Casanova in Spa. Lustspiel in Versen (Eifersucht, Die Wiederkehr, Spion), Seite 78

Arthur Schnitzler
Er schamlos schwätzt von seinen Abenteuern,
Wird nicht der Runde lüsternes Gelächter
Den kostbar frechen Scherz belohnen, wie
Herr Casanova durch ein Fenster sprang,
Aus dem, wie sonst verschämter Lampe Schein,
Ein weißer Frau'nleib ihm den Weg gewiesen
Und wie er mit dem Bräutchen sich ergötzt,
Indes der Bräutigam am Spieltisch saß?!
(In ausbrechender Wut, beim Sekretär, öffnet ihn.)
Hier ist das Teufelsgold, du wirst es brauchen -
Fürs erste jedenfalls, bis von Flaminia
Das Weitre du gelernt. Mir ist nicht hang.
Denn wahrlich unverwandelt stehst du da,
Wie du dich rühmst. Nur kenn’ ich dich zu spät,
Die so geschaffen, daß sie erst die Mutter
Betrog
Anina: Für dich.
Da ich zur Stelle war.
Andrea:
Ein anderer kam, und nun bin ich betrogen
Da, nimm, dies alles! Send' ihm Boten nach,
Und laß ihn wissen, daß du reich geworden.
Er fliegt zurück. Wie? Oder plantest du,
Heute nacht schon einen neuen Seladon
Mit deiner Nacktheit fahlem Schein zu locken?
Mir ist es gleich. Zerrissen ist das Band
Für ewig zwischen uns, und seine Febzen
Zertret' ich unter meinem Fuß. Fahr hin!
Nur kurze Frist, und dieser Ort der Schmach
Liegt wie ein trüber Nebel hinter mir, —
Und hinter mir Verblendung ohne Maß.
(Er eilt zur Tür.)
Anina: Verlaß mich, wie's dein Recht, und wie’s vielmehr
Nach solcher Zwiesprach' deine Pflicht geworden,
Und meine, dich von meinem Weg zu weisen.
Denn daß aus dieser finstern Stunde nie
Gemeinsam uns ein Weg ins Helle führt,
Das, glaub' mir, fühl' ich tiefer noch als du.
Doch darfst du darum die gewes'nen nicht,
Die ew'gen Stunden unseres Glückes schmähn.
Sie sind auch mein, ich wahre meinen Teil,
Und war' es auch vor dir, so wie dein Bild.
Du aber geh, und nimm dein Gold mit dir.
Andrea: Ich rühr's nicht an, dein ist es und nicht anders,
Als hätt' er deine Gunst damit bezahlt.
/Er will geben, es klopft.)
Die Schwestern
Andrea: Wer ist's?
Tito (öffnet, steht in der Tür).
Andrea: Du Bursche — (schließt den Sekretär rasch
Herr Andrea Bassi?
Tito:
Andrea: Du weißt, ich heiße so. An mich ein Auftrag?
Iito: Herr Casanova wünscht den Herrn zu sprechen.
Andrea: Mich — Casanova?
Ja. Er wartet draußen
Tito:
Andrea: Mich? Du verstandest gut — Herrn Bassi — Bursche?
Tito: Herrn Bassi, doch — allein.
Er möge kommen.
Andrea:
Tito (ab).
Andrea (sperrt die Tür hinter ihm ab):
Was soll's?
Anina: Ich weiß es nicht. Jedoch, was immer
Bedenke wohl, daß zwischen mir und dir
Das Band zerrissen ist. Weh, wenn du's wagtest,
Dich zu gebärden, als bestünd' es noch." (Es klopft.)
Entschuld'gen wird Flaminia, wenn ich ihren
Besuch, indes sie nicht daheim, erwidre.
Es kommt ein Augenblick, vielleicht, in dem
Ihr meine Gegenwart nicht missen könntet.
Getrost, ich lausche nicht, doch bleib' ich nah¬
Und was sein Kommen auch bedeute, merke:
Kein Bräutigam, nicht meiner Ehre Anwalt
Du bist ein fremder Mann für mich — wie er.
Vergäßest du's ich täte, was dich reut.
(Ab ins Zimmer links. Es klopft nochmals. Andrea steht eine Weile undeweglich, dann öffnet er rasch.)
Andrea — Casanova.
Casanova (tritt ein, verneigt sich).
Andrea (dankt kübl).
Casanova: Vorerst, Herr Bassi, Dank für den Empfang-
Andrea: Kein Anlaß. Ihr Begehr, Herr Casanova?
Casanova: Ich hätte kaum gewagt — (unterbricht na) Doch Sie gestatten -
Das Fenster —
Andrea (das Wort auffangend): Wie beliebt?
Darf ich Sie bitten —?
Casanova:
(Er hält sich an der Tür, deutet durch eine Gebärde an, Andrea möge das Fenster schließen.)
Ich möchte nicht gern selbst — Man glaubt mich fort.
Andrea: Man glaubt Sie fort?
Monsieur
R.G S.-A