Arthur Schnitzler
Andrea: Kein Wort davon
Weil sich die Schlaue denkt:
Casanova:
Wenn ich mit Santis' Rachedrohn ihn schreckte,
So hielt' ich ihn, statt seine Flucht zu fördertt,
Zum Trotz auf diesen Fleck hier festgebannt.
Drum fordr' ich sie als Dank — wer könnt' ihn weigern
Nach einer Liebesnacht
Vermutung alles.
Andrea:
Casanova: Vermutung? Wenn ich Ihnen sage, Herr,
Daß heute früh schon Santis in Person
Im Gasthof mich gesucht —
So, tat er das?
Andrea:
Casanova: Doch wußt' ich nichts davon. Die Wirte sind
Gewitzt in dieser Stadt. Man ließ mich schlafen,
Ihn schickte man davon.
Er ließ sich schicken?
Andrea:
Casanova: Was sollt' et tun? Verspetrt war meine Tür,
Und da ich ihm, wie er sich schmeicheln muß,
Doch irgendwo ins Netz gelaufen komme,
Und kostbar jede Stunde solchem Gauch,
Nützt er indes auch die für andern Zweck; —
Ob er nun Gimpel neu sich fängt zum Spiel,
Ob's was mit Pferden, Weibern, Edelsteinen,
Mit Seidentüchern zu verdienen gibt; —
Wenn er nicht etwa gegen gutes Geld
Den Dolch schon für den Anverschämten dingt,
Der Küsse nur mit Küssen bar bezahlte.
Andrea that zugehört mit überstiedenen Zeichen der Zustimmung, nun geht er zum Sekretät und
öffnet ihn):
Hier, nehmen Sie, — und rasch, hier sind fünfhundert
Sechs, sieben acht — nun wird mir manches klat.
Hier neun und zehn
Wie meinten Sie?
Casanova?
Zu seltsam
Andrea (geschickt spielend):
War sein Gebaren. Eines Tollen fast —
Ich hielt's für Trunkenheit.
Immer mit dem Gold beschäftigt, die Beutel zusammenschullten und sie einen nach dem andern Casanow
reichend.)
Sie sahn ihn schon?
Casanova:
Andrea: So nah wie Sie. An dieser Stelle stand er.
Lud mich zur Tafel, draußen deckt man sie,
Zu einer Lustfahrt — nicht so nah, mein Freund, —
(er hält Casanova vom Fenster ab)
Zu einem Fest, was weiß ich noch — und grinste —
Die Schwestekn
Und Reden führt er sonderbar verwirrt
Mit Augenrollen und verzerrten Mienen,
Und mit Gebärden, die ins Leere drohten.
Und nun besinn' ich mich, daß er heut nacht
Sofort nach Ihnen sich vom Spieltisch wegstahl
Und wiederkam, noch ehe Sie erschienen.
Nun erst begreif' ich. Hier, die fünfzig noch,
Den Äberschuß. Und noch ein Hundert drauf.
Nach Brüssel wollen Sie? Ein wenig nah!
Ich wählte Holland — aber wohl bedacht,
Daß hinter mir sich jede Spur verwische.
Casanova: Ach! — Seine Wut verraucht in ein paar Tagen.
Andrea: So bald? Wer weiß! Er sieht nicht danach aus.
An ihrer Statt wollt' ich mich besser hüten.
Wie wär's, Sie nähmen Überfuhr nach England?
Casanova: Amerika vielleicht!
Und warum nicht?
Andrea:
Casanova: Die Fahrt ist weit, und meine Mittel knapp.
Andrea : Ist einer frei wie Sie, kennt der noch Fernen
Und was das Geld betrifft, noch weitere Zwei-,
Dreihundert stell' ich Ihnen zur Verfügung.
Mir tät' es leid um Sie... und um mein Geld.
Casanova: Zu höhern Zinsen denn.
Wet spricht davon?
Andrea:
(Er gibt ihm weiteres Gold.)
Sind Sie in Sicherheit, ist's auch mein Gold.
Nur frag' ich, wie Sie ungesehn bei Tag
Aus Stadt und Stadgebiet entweichen wollen?
Casanova: Da sei'n Sie unbesorgt. Hier gibt es Pförtchen,
Die niemand kennt als ich, und krumme Gäßchen,
Und Winkelpfade, dämmerdunkle Bogen —
Und trät' ich wo ins Licht, wer will mich kennen?
(Er wendet sich auf einen Augenblick, dreht den Mantel auf die andre Seite, verändert seine Haltung
brecht sich wieder um und steht überdies mit einem kleinen sälschen Bart da, spricht mit veränderter Stimme
Sie selber zweifeln, daß ich's bin
(Wendet sich, nimmt wieder seine frühere Erscheinung an; mit seiner alten Stimme)
Ich bin's.
(Séine Geldbeutel ordnend):
So, dies ist für Gudat, dies für den Wirt,
Dies für die Reise. Und nun, Dank, mein Freund.
Sie sollen für Ihr Geld nicht zittern müssen
Denn acht' ich selbst mein Leben auch nicht viel,
Für Sie mir's zu erhalten, ist mir Pflicht.
Und kann's nicht früher sein, in Jahr und Tag
Andrea: Kein Wort davon
Weil sich die Schlaue denkt:
Casanova:
Wenn ich mit Santis' Rachedrohn ihn schreckte,
So hielt' ich ihn, statt seine Flucht zu fördertt,
Zum Trotz auf diesen Fleck hier festgebannt.
Drum fordr' ich sie als Dank — wer könnt' ihn weigern
Nach einer Liebesnacht
Vermutung alles.
Andrea:
Casanova: Vermutung? Wenn ich Ihnen sage, Herr,
Daß heute früh schon Santis in Person
Im Gasthof mich gesucht —
So, tat er das?
Andrea:
Casanova: Doch wußt' ich nichts davon. Die Wirte sind
Gewitzt in dieser Stadt. Man ließ mich schlafen,
Ihn schickte man davon.
Er ließ sich schicken?
Andrea:
Casanova: Was sollt' et tun? Verspetrt war meine Tür,
Und da ich ihm, wie er sich schmeicheln muß,
Doch irgendwo ins Netz gelaufen komme,
Und kostbar jede Stunde solchem Gauch,
Nützt er indes auch die für andern Zweck; —
Ob er nun Gimpel neu sich fängt zum Spiel,
Ob's was mit Pferden, Weibern, Edelsteinen,
Mit Seidentüchern zu verdienen gibt; —
Wenn er nicht etwa gegen gutes Geld
Den Dolch schon für den Anverschämten dingt,
Der Küsse nur mit Küssen bar bezahlte.
Andrea that zugehört mit überstiedenen Zeichen der Zustimmung, nun geht er zum Sekretät und
öffnet ihn):
Hier, nehmen Sie, — und rasch, hier sind fünfhundert
Sechs, sieben acht — nun wird mir manches klat.
Hier neun und zehn
Wie meinten Sie?
Casanova?
Zu seltsam
Andrea (geschickt spielend):
War sein Gebaren. Eines Tollen fast —
Ich hielt's für Trunkenheit.
Immer mit dem Gold beschäftigt, die Beutel zusammenschullten und sie einen nach dem andern Casanow
reichend.)
Sie sahn ihn schon?
Casanova:
Andrea: So nah wie Sie. An dieser Stelle stand er.
Lud mich zur Tafel, draußen deckt man sie,
Zu einer Lustfahrt — nicht so nah, mein Freund, —
(er hält Casanova vom Fenster ab)
Zu einem Fest, was weiß ich noch — und grinste —
Die Schwestekn
Und Reden führt er sonderbar verwirrt
Mit Augenrollen und verzerrten Mienen,
Und mit Gebärden, die ins Leere drohten.
Und nun besinn' ich mich, daß er heut nacht
Sofort nach Ihnen sich vom Spieltisch wegstahl
Und wiederkam, noch ehe Sie erschienen.
Nun erst begreif' ich. Hier, die fünfzig noch,
Den Äberschuß. Und noch ein Hundert drauf.
Nach Brüssel wollen Sie? Ein wenig nah!
Ich wählte Holland — aber wohl bedacht,
Daß hinter mir sich jede Spur verwische.
Casanova: Ach! — Seine Wut verraucht in ein paar Tagen.
Andrea: So bald? Wer weiß! Er sieht nicht danach aus.
An ihrer Statt wollt' ich mich besser hüten.
Wie wär's, Sie nähmen Überfuhr nach England?
Casanova: Amerika vielleicht!
Und warum nicht?
Andrea:
Casanova: Die Fahrt ist weit, und meine Mittel knapp.
Andrea : Ist einer frei wie Sie, kennt der noch Fernen
Und was das Geld betrifft, noch weitere Zwei-,
Dreihundert stell' ich Ihnen zur Verfügung.
Mir tät' es leid um Sie... und um mein Geld.
Casanova: Zu höhern Zinsen denn.
Wet spricht davon?
Andrea:
(Er gibt ihm weiteres Gold.)
Sind Sie in Sicherheit, ist's auch mein Gold.
Nur frag' ich, wie Sie ungesehn bei Tag
Aus Stadt und Stadgebiet entweichen wollen?
Casanova: Da sei'n Sie unbesorgt. Hier gibt es Pförtchen,
Die niemand kennt als ich, und krumme Gäßchen,
Und Winkelpfade, dämmerdunkle Bogen —
Und trät' ich wo ins Licht, wer will mich kennen?
(Er wendet sich auf einen Augenblick, dreht den Mantel auf die andre Seite, verändert seine Haltung
brecht sich wieder um und steht überdies mit einem kleinen sälschen Bart da, spricht mit veränderter Stimme
Sie selber zweifeln, daß ich's bin
(Wendet sich, nimmt wieder seine frühere Erscheinung an; mit seiner alten Stimme)
Ich bin's.
(Séine Geldbeutel ordnend):
So, dies ist für Gudat, dies für den Wirt,
Dies für die Reise. Und nun, Dank, mein Freund.
Sie sollen für Ihr Geld nicht zittern müssen
Denn acht' ich selbst mein Leben auch nicht viel,
Für Sie mir's zu erhalten, ist mir Pflicht.
Und kann's nicht früher sein, in Jahr und Tag