A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 35

JOSEFA. Was das für Geschichten sind!
GUSTI unwirsch. Das sind keine „Geschichten“. Wir
haben uns halt gern. Und wenn ich Glück hab’ — viel-
leicht hab’ ich schon im nächsten Herbst ein Engagement
JOSEFA. Aber ich bitt' dich, mach’ dir doch nichts
in Wien.
vor. Du bist ja ganz froh, daß du von Wien weg-
kommst und daß diese aussichtslose Sache mit dem
Doktor ganz von selber aus wird.
GUSTI. Also, Tant’ Josefa, sei nicht bös — ich
möcht' mir das ausbitten, ein für allemal. Wer macht
sich was vor? Machst du dir vielleicht auch was vort
Achtzehn Jahr lang seid ihr verheiratet, und jetzt
laufst du zur Bahn hinunter, ihn abholen — und
wenn er einmal abtelegraphiert, wie zum Beispiel vor
vierzehn Tagen, kannst du überhaupt nicht schlafen
JOSEFA etwas unnatürlich lacbend. Eifersucht! Wenn
vor Eifersucht.
man schon einen großen Buben hat. Das glaubst du ja
selber nicht. Sie ruft. Kathi! bringen S' mir den Schirm
heraus und den Regenmantel.
GUSTI. Und was machst du denn unten bei der
Bahn, wenn er wirklich nicht kommt?
JOSEFA. Man sitzt ganz angenehm vis-à-vis beim
„Grünen Baum“. Und dann fahr' ich halt mit dem Om¬
nibus zurück.
KATHI kommt mit Schirm und Regenmantel.
JOSEFA. Adieu, Gusti. Ab durch die Gartentüre.
GUSTI bleibt eine Weile steben, dann ins Haus.
KATHI macht im Garten und auf der Veranda etwas Ordnung.
Leibter Wind erhebt sich.
GUSTI kommt wieder aus dem Haus mit Briefpapierschachtel,
Tintenfläschchen, kleiner Mappe, setzt sich an den Gartentisch, be¬
reitet alles zum Schreiben vor, nimmt den Federstiel in den Mund
wie ein Scbulmädel, ein Wind bat sich erboben, Briefpapier will weg
fliegen, Gusti beschwert es mit einem Buch, das bier liegengeblieben
Fischer-Verlag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
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1. Fahnenkorr. am 20. 8. 29
Bibliographisches Institut, Leipzig