A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 50

JOSEFA. Wofür denn, Hochwürden? Ich habe
nichts als meine herzliche Anteilnahme.
KAPLAN. Auch Anteil ist Gebet. Wie tief emp¬
finde ich das, seit ich hier bin. Und es ist nicht dieser
Anteil allein, aus der es mir wie eine Hoffnung ent¬
gegenströmt. Die Geborgenheit dieses Hauses, der
Friede eines reinen Herzens, Frau Josefa
JOSEFA abwehrend. Daran wird es kaum liegen, Hoch¬
würden. Wer ist denn überhaupt geborgen, wer in
dieser Welt? Wein ist ein friedliches Herz geschenkt?
KAPIAN. Damit mögen Sie wohl recht haben.
Niemandem bleiben innere Kämpfe ganz erspart. Aber
ohne die wäre wohl auch der innere Friede nicht viel
ich
wert. Das ist ja erst der rechte, den manserkämpft hat.
Erst Selbstüberwindung ist Friede, ist Glück.
JOSEFA. Immer, Hochwürden? Ich frage mich
manchmal, ob nicht die Leute besser dran sind, die sich
nicht überwunden, die alles auf sich genommen haben,
was ihnen das Leben gebracht oder über sie verhängt
hat, Freude und Leid — Gutes und Böses — Schönes
und Häßliches auch.
KAPLAN siebt sie befremdet an.
JOSEFA mit einem Blick vorbei. Freilich — manch¬
mal gehört schon courage dazu.
KAPLAN. Eine courage, um die wir niemanden
beneiden wollen, Frau Josefa. Eine Art von Mut, der
dann oft der Sünde verzweifelt ähnlich sieht.
J congressA. Und ob die Sünde nicht wieder manch¬
mal dem Glück ahnlich sieht, verzweifelt ähnlich?
KAPLAN. Bestimmt, aber nicht bart. Wo hinterher die
Reue kommt, kann man wohl kaum von Glück sprechen.
JOSEFA. Sind Hochwürden denn so sicher, daß
Ihr Bruder bereut?
KAPLAN auf den Brief deutend. Absolution hat er sich
von mir geholt. Darum war er da. Da steht es. Abso¬
lution. Was er auch gefehlt haben mag — jetzt bereut
er. Nicht weil — es etwa schlimm ausgehen könnte,
nein, er bereut, weil er gesündigt hat. Er bält den Brief
in der Hand. Ich weiß es, ich fühl' es.
Fischer-Verlag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
1. Fahnenkorr. am 21. 8. 29
Bibliographisches Institut, Leipzig