A139: Casanovas Heimfahrt, Seite 38

zu ihr nicht anders verhält als das verworrensoder lügenhafte
Geschwätz der Sophisten zu den klaren und hohen Lehren des Pla-
G.H.
to und des Aristoteles." -.Immerhin', erwiderte Casanova rasch,
werden Sie mir zugeben müssen, schöne und gelehrte Marcolina,
dass auch die Sophisten keineswegs durchaus als so verächtliche
und törichte Gesellen zu gelten haben, wie man nach Ihrem allzu
strengen Urteil annehmen müsste. So wird man - um nur ein Bei-
spiel aus der Gegenwart anzuführen, Herrn Voltaire seiner ganzen
Denk- und Schreibart nach gewiss als das Muster eines Sophisten
bezeichnen dürfen, und trotzdem wird es niemandem einfallen, auch
mir nicht, der ich mich als seinen entschiedenen Gegner bekenne,
ja, wie ich nicht leugnen will, eben damit beschäftigt bin eine
Schrift gegen ihn zu verfassen, auch mir fällt es nicht ein, sei-
ner ausserordentlichen Begabung die gebührende Anerkennung zu
versagen. Und ich bemerke gleich, dass ich mich nicht etwa durch
die übertriebene zuvorkommenheit habe bestechen lassen, die mir
Herr Voltaire bei Gelegenheit meines Besuchs in Ferney vor zehn
Jahren zu erweisen die güte hatte".- Marcolina lächelte. Das
ist ja sehr hübsch von ihnen, Chevalier, dass Sie den grössten
Georgenheit.
Geist des Jahrhunderte so milde zu beurteilen die Gnade haben."-
„Ein grosser Geist - Der grösste gart“ rief Casanova aus. „Ihn
so zu nennen scheint mir schon deshalb unstatthaft, weil er bei
all seinem Genie die gottloser Mensch, ja geradezu ein gottes-
leugner ist. Und ein gotteslæugner kann niemals ein grosser