A220: Der Sekundant, Seite 4

mem Verstanonis dem Gevanten des Romans
nach: nicht sein zu dürfen, was man eigentlich ist. Es handelt
Nunseh,
wird, eine Stulle ißt und eine halb leer getrunkene Flasche
Reichow,
sich um den Konflikt des aus dem Ghetto herausgewachsenen
Kimischen Facultät ke
Röntgen u. a. Ein Teil der Universität ist noch heute in der
Bier an den Mund setzt. Während Philine unten im.Cornet
liest: „Da sind sie alle einander nah, die aus Frankreich Juden, der, um seine Kunst durchzusetzen, sich taufen lassen muss
historischen Räumen der 1582 bis 1591 erbauten alten Universität
und nach Abenteuern in ganz Europa sich in den Wurzeln seines
untergebracht, einem schönen Renaissancebau mit Kirche, deren
kommen und aus Burgund..." Da fällt ihr ein, daß sie
Volkes wiederfindet. — Man bekam den Eindruck, daß der Dichter
prächtiger Turm als Sternwarte dient.
in Berlin doch reiten lernen möchte. In einem Tattersall.
(der anwesend war) vieles zu sagen hat.
L. Z.
er Winterh,
Was das wohl kosten wird? „Das haben wir alles schon als
Veranstaltung der Berlin
Musik. Der Kursus der Klavierliteratur von Bach bis zu
im 10 Uhr aben
Die Festve
Sonnabend, „Uebertre“
Kinder gelernt", sagt Manola. „Besonders das Reiten.
Gegenwart, den Franz Osborn veranstaltet, beginnt am 5. Januar,
Krollo
auch der Herrn Regierung
x beginnt
Sigrid Onegin
„ Besprech“
sezember) wurd.
Sie nennt es nur „Reiten“, ihren Beruf, der auch kühnen abends 8 Uhr.
chen Oper
(Abendblatt
als Azucena genannt. Es sang aber Melitta Amerling.
junge Volk sich immer entgegenfreute. Bald hielten wir vor jemand erblickt, ja einfach davonzulaufen, Doktor Mülling
dem Gasthof, der sich ohne zureichenden Grund als „Grand zu holen und ihm zu erklären, daß ich unmöglich allein Frau
Der Sekundant
Agathe die grauenvolle Nachricht zu überbringen imstande
Hotel“ bezeichnete; ich stieg aus, Doktor Mülling ließ sich von
dem Kutscher weiterfahren zu der Villa, in der er ein Zimmer
Novelle von
Da trat aus dem Dunkel des Innenraums der Diener au
gemietet hatte, drückte mir die Hand und erklärte, daß er mich
die Veranda und grüßte. Offenbar hatte er meine Schritte
ARTHUR SCHNITZLES
um vier Uhr nachmittag aufsuchen wolle.
Ich vertauschte den Touristenanzug, der mir für meine von innen gehört. Es war ein junger, blonder Mensch in
einer blauweißgestreiften Leinenjacke, ging ein paar Stufen
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Mission doch wenig angemessen schien, mit einem dunkel
1. Fortsetzung
hinab mir entgegen und er sagte:
grauen und wählte mit Bedacht eine schwarzgestreifte
Mülling zuckte die Achseln. „Ich glaube nicht. Jedenfalls
„Die Herrschaften sind nicht zu Hause. Der gnädige Herr
Krawatte. Ich war am Ende nur auf meinen Geschmack, ja
hat sie von dem bevorstehenden Duell nichts gealnt und
auf meine Intuition angewiesen, denn für einen Besuch, wie ist schon gestern fortgefahren und die gnädige Frau ist noch an
weiß bis zu dieser Stunde nicht, daß ihr Mann tot ist.
er mir bevorstand, gab es begreiflicherweise keine allgemein See unten.“. — Da ich nicht Miene machte, mich zu entfernen,
Jetzt erst mit einer Art von Schrecken verspürte ich, daß
gültigen Vorschriften. Bedrückten Herzens machte ich mich fügte er hinzu: „Aber wenn Herr von Eißler sich vielleicht
uns der fahrende Zug der unglücklichen Frau immer näher
gedulden wollen — die gnädige Frau muß jeden Moment
auf den Weg.
Seitab hinter dem Gasthof führte ein abkürzender Pfad da sein."
brachte. „Wer soll es ihr sagen?“ fragte ich.
„Es wird wohl nichts übrig bleiben, als daß wir beide —
„Wir können unmöglich zu zweit antreten wie Komitec= mit gelegentlichen Ausblicken auf den See an etlichen kleineren
„Ich werde warten.“
Landhäusern vorbei zu der weißen, für meinen Geschmack
Der Diener schien einigermaßen verwundert, vielleicht fiel
mitglieder“, dachte ich, „die eine Balleinladung überbringen.
etwas zu großartigen Villa, die Loiberger, natürlich nach
ihm die Starrheit, der unverständliche Ernst meiner Züge auf
eigenen Angaben, für sich hatte erbauen lassen. Ich ging
und mit rasch erkünstelter Leichtigkeit sah ich auf die Uhr
„Wir hätten doch gleich von dort aus telegrafieren sollen“,
übertrieben langsam, damit nicht gleich ein zu rascher Atem
und bemerkte: „Ich hab' der gnädigen Frau nur etwas zu
sagte ich laut.
„Die Depesche“, sagte Mülling „hätte ja doch nur eine Art
mich verriete, doch fühlte ich mich im ganzen ziemlich ruhig
bestellen“, und wiederholte: „Ich werde warten.
oder wenigstens gefaßt. Ich sagte mir, daß ich einfach eine
von Vorankündigung sein können. Ueber die mündliche Be-
Der Diener nickte, ging voraus, rückte einen Sessel zur
Pflicht zu erfüllen hatte — das wollte ich in möglichst guter
richterstattung kommen wir doch nicht weg.
Haltung tun; von meiner innerlichen Beteiligung durfte ich Seite, der die Mitteltüre zum Salon verstellte, ließ mich
vorbei, wies mit einer unbestimmten Geste auf die ver¬
„Ich will es übernehmen“, sagte ich
nicht mehr merken lassen, als gute gesellschaftliche Form
Darüber gab es dann noch eine längere Diskussion. Sie war
schiedenen Sitzgelegenheiten ringsum, verschwand im Neben¬
noch nicht zu Ende, als unser Zug im Bahnhof Ischl einfuhr
zimmer, wo der Tisch zu sehen war, blitzblank mit zwei
forderte und erlaubte.
Das Gartentor stand offen, das kunstvoll geordnete Blumen¬
Es war ein herrlicher Sommertag, auf dem Bahnsteig ein
Gedecken, schloß die Tür hinter sich und ließ mich allein.
Gedränge von Ankommenden, Ausflüglern, Erwartenden,-
parterre leuchtete bunt, auf den weißen Bänken rechts und
Wie ein in Haft Gesetzter vor schwerer Einvernahme stand
links lag die Sonne, über die breite Veranda mit den grell¬
auch Bekannte waren darunter, es war nicht ganz leicht, aus
ich in dem sommerlichen, aber kühl durchschatteten Raum
roten Korbsesseln war die rotweißgestreifte Markise gespann
dem Stationsgebäude ungehindert auf die Straße zu gelan-
darüber im ersten Stockwerk standen die Fenster offen, der In ebenholzener Schwärze den Raum beherrschend stand das
gen; aber endlich saßen wir im Wagen, ohne daß einer an
Piano da und weckte die Erinnerung an den letzten, noch
kleine Balkon vor der Mansarde lag im schiefen Sonnen
uns herangekommen wäre und sausten auch schon davon. Der
nahen Musik-Abend, den ich hier verbracht hatte. Agathe
glanz. Kein Mensch war zu sehen. Alles ringsum war
Staub wirbelte hinter uns her, die Sonne brannte heftig
still, nur der Kies unter meinem Schritt knirschte überlaut, begleitete ihre Freundin Aline zu einem Schubert'schen
wir waren froh, als der Ort hinter uns lag und wir auf die
wie mir schien. Die Speisestunde war nah, vielleicht saß Lied. Ich sah ihre schmalen Finger über die Tasten
Landstraße und bald in den Wald bogen.
schweben, ja ich glaubte beinahe Alinens Stimme zu
Noch ehe wir von der letzten Straßenbiegung aus die ersten man schon beim Mittagmahl, vielmehr Agathe allein, denn
hören: „Dir Blumen und Kränze, Sylvia..“ Später,
Bauernhäuser des Dorfs erblickten, hatte sich Doktor Mülling Eduard befand sich ja auf einer Dolomitentour. Ja, dies
war mein erster Gedanke, noch ehe es mir schreckhaft zu während die übrige Gesellschaft noch im Salon ge¬
damit einverstanden erklärt, daß ich als der Fernerstehende
Bewußtsein kam, daß er zu dieser Stunde in der Leichen=blieben war, saß ich draußen im Garten, allein, von der
Frau Agathe Loiberger die Trauernachricht bringen sollte.
kammer einer kleinen Garnisonsstadt aufgebahrt lag. Und lauen Nachtluft, der Musik und wohl auch von dem Cham¬
Der See lag da glitzernd von tausend winzigen zerrissenen
plötzlich empfand ich, was mir für die nächsten Minuten bevor=, pagner, der bei den Gesellschaften im Hause Loiberger selten
Sonnen. Vom gegenüberliegenden Ufer her, das im Dunste
fehlte, leicht benommen, ja beglückt. Vielleicht schlummerte
stand, als so grotesk, so unerträglich, so undurchführbar, daß ich
der Ueberhelligkeit sich verschleierte, näherte sich spielzeughaft
mich ernstlich versucht fühlte, umzukehren, noch ehe mich ich sogar; und wie durch einen Traum spazierte Agathe
das putzige Dampfschiff, dessen Schaukelwellen das badende