A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 78

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G.H.F.P.
verpflichtet glauben könnte. Um seine plötzlich verdüsterte Stim-
mung zu entschuldigen, hielt er es für angezeigt, Paula mitzutei-
len, dass er seit einigen Wochen von ernstlichen Sorgen um den
Gesundheitszustand seines Bruders gequält werde, der sich in sei-
nem Beruf immer mehr zugemutet habe, als auch die angespanntesten
Kräfte dauernd zu leisten vermöchten. Er sprach von ihm mit
Liebe, ja mit Schwärmerei und fühlte dabei sein Herz von schmerz-
lich brennendem Mitleid schwellen.
Bewegt hörte Paula zu. Sie kannte Otto nur wenig;
doch aus der Entfernung hatte sie ihm seit jeher lebhafte Sympa-
this entgegengebracht,die sie bei einer zufälligen Begegnung
voriges Jahr am Krankenbett einer Freundin bestätigt und gerecht-
fertigt fand. Roberts Aeusserungen steigerten ihre Teianahme
weiter; sie bat ihn den gemeinsamen,dort längst erwarteten Be-
such nicht länger hinauszuschieben und so setzten sie ihn gleich
für den nächsten Tag fest,
13.
Dieser erste Besuch im Hause des Bruders liess sich
vortrefflich an. Die Kinder waren von der neuen Tante, die Bilder-
bücher und Näschereien mitbrachte, sofort entzückt; Mariannens
kühle Liebenswürdigkeit erwärmte sich allmählich; und Ottos Wesen
wirkte auf Paula gerade durch den freundlich-spöttischen Ton, der
ihm in oberflächlicher Unterhaltung eigen war, von ersten Augen-
blick an wie längst vertraut. In diesem Dunstkreis wechselseiti-
ger Herzlichkeit und Sympathie, darin Robert sich bewegte, verloren