A20: Flucht in die Finsternis (Der Verfolgte, Wahnsinn), Seite 112

-112-
Der Zug hielt in dem kleinen Martflecken, den Robert
in der Erinnerung einiger mit Alberta hier verbrachter Sommerta-
ge als vorläufigen Aufenthaltsort gewählt hatte. Nun,da er das
langgestreckte Dorg, das er sich auch auf der Herreise immer nur
im frischen Grün und in Sommerfarben vorzustellen vermocht hatte,
Winterlich verschneit vor sich liegen sah,war ihm, als empfange
eine
ihn eine ganz andere, fremde, nie vorher geschaute Gegend. Er über-
liess einem Lohndiener seine Tasche und folgte ihm über eine Brücke
unter der die Ache rauschte, durch eine längs des Wassers hinfüh-
rende Allee, deren er sich aus jenem Sommer wie eines hohen,schützen-
den Baumgangs erinnerte,endlich durch einen Torbogen, unter dem
aus einer schmiedeisernen Laterne ein mattes, gelblichrotes Licht
schimmerte, auf den verlassenen Hauptplatz mit dem schweigenden
Brunnen, zum Gasthof hin. Ein grosses Zimmer wurde ihm angewiesen,
dessen hohes Bogenfenster dem blossleuchtenden Gebirgensugewandt
war. Ueber der alten Kommode an der Wand hing in Oeldruck lebens-
gross ein Madonnenbildnis. Zu beiden Seiten des breiten Bettes
sanken bescheidene Kattunvorhänge nieder. Robert erklärte sich
mit dem Zimmer einverstanden und bemerkte, dass seine Gattin mit
dem nächsten Zug,Abends um zehn Uhr, eintreffen werde. Die Glüh-
lampe,die von der Decke herabhing, leuchtete so schwach, dass er
sich genötigt sah, Kerzen zu verlangen. Man stellte sie ihm in
zwei Messingleuchtern auf den riesigen, wackeligen Tisch, dann
blieb er allein. Eine Weile sah er durchs Fenster über Dächer,
beschneites Ackerland, bewaldete Hänge zu den Felsen hin,zwischen
deren verschneiten Rinnen und Rissen das graue Gestein dünnen