A236: Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 284

Major Trembly bequem in Blouse, mit verbundenem Kopf aus
Nebenzimmer.)
Trembly: Guten Morgen, Frau Klaehr.
Frau Klaehr: Guten Morgen, Herr Major. Da steht Ihr Kaffee, aber
(auf die Semmel) das ist alles, was sonst zu haben war.
Dienstmädchen: Und so kommt man zu Haus...! (ab)
Trembly (setzt sich an den Tisch): Wir wollen redlich teilen, Frau
Klaehr. (Bricht die Semmel entzwei)
Frau Klaehr: Ich danke. Vor allem will ich nach dem Herrn Rittmeister
sehn, es ist wohl Zeit den Verband zu wechseln.
Trembly: Bleiben sie lieber, Frau Klaehr. Mein armer Kamerad schlun-
mert jetzt, sozusagen. Ich kenne diese Atemzüge. Er hat keine
Stunde mehr zu leben. Lassen wir ihn ruhig hinüber schlummern.
emblye
(verwundert über T v. Gelassenheit)
(Er trinkt)
Frau Klaehr:/ Ich dachte, Sie wären sehr befreundet mit dem Herrn
Rittmeister.
Trembly: War ich auch. Man gewöhnt sich dran, seine Freunde sterben
zu sehn, in unserem Beruf.
Frau Klaehr: Wie viele Schlachten mögen Sie schon mitgemacht haben?
Trembly: Wenn ich alle mitrechne, neunundzwanzig. Freilich kann ich
mich verzählt haben. Aber so furchtbar wie diese letzte, hab
gereten
ich noch keine mitgemacht, das ist wahr. Und bin doch bei Jena
und Austerlitz dabei gewesen. Ihre Landsleute haben sich brav
geschlagen - das muss man sagen. Wenn Napolson immer solche
Gegner gefunden hätte....
Frau Klaehr: Wär er wohl nicht der grosse Feldherr geworden, für
den man ihn bis vor acht Tagen gehalten hat.
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