II, Theaterstücke 30, Der Gang zum Weiher. Dramatische Dichtung (Der weise Vater, Der Weiher), Seite 71

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30. DerGang zum Weiher
I l. loaten löricht, „ benfministen. Am Samstag kam es
naß- gegen die Versuche, die Heiligkeit des Sonn= Menschen einreden wollten, daß wir morgen Krawallszenen vor dem Direktionsgebäude,
flasse. tags zu durchbrechen und gab seiner Ueber= hier in diesem armseligen Lande, die weshalb in der Fabrik vier Gendarmen unter¬
Rupp
ein Kind gewesen, Märchen erzählt hat. Unptherr — und noch imstande wäre, sie und das
Burgtheater.
bihr
verlangt ihre Hand! Der alte Herr aber hat
Kind zu verlassen, um Leonilden zu freien —
„Der Gang zum Weiher“ von Artur
schwere Bedenken, dem Jugendfreund die
güssel
dann möge er wiederkommen.
Schnitzler.
Tochter zu geben. So stehen wir denn, vor dem
Holch
ersten, stets sich erneuerndem Problel: Paßt
Eine dramatische Dichtung heißt es auf
Nun denn: Sowohl Mutter als Kind
Alter zur Jugend?
wollt dem Theaterzettel. Schnitzler hat es sich wohl
Porte
sterben in jener schweren Stunde. Und „von
„Wir beide sind schlimmer als alt —
überlegt, sein Stück ein Drama zu nennen.
und,
kaum geschlossenen Särgen“ kommend, wirbt
meint der Freiherr — wir sind nicht mehr
Dazu fehlt ihm die stürmische Sprache des Ge¬
aum
Silvester Thorn abermals um Leonilde und
jung!“ Und er sagt weiters: „Spätsommer¬
schehnisses. Geist der Betrachtung ist es, der
siger
wird von ihr abgewiesen. Denn sie, die ihm
lich herangereift, sind wir stark genug, ein
hier herrscht. Er wandelt über den Höhen
ppe,
noch kurz zuvor mit der Schwärmerei der Un¬
junges Mädchen zu erobern, doch es zu
wäre der stillen Ereignisse, die meist in der Seele
halten? Nimmermehr!“
schuld entgegengekommen, ist mittlerweile
den der Personen sich vollziehen. Nur im letzten,
wissend geworden...
Alterslos sei (erwidert der älterliche
im fünften, Akt bringen einige Szenen Be¬
Und da beginnt der Zauber des Weihers
Freier), wen seine Sendung (zur Liebe) ruft.
über wegung auf die Bühne. Aber einen Abschluß,
Doch nach und nach wird auch der stürmische
spielen, von dem im Titel die Rede ist.
chen, wie man ihn vor dem letzten Vorhang ge¬
Silvester ein wenig nachdenklich. Und er ver¬
Dieser Weiher gilt als geheimnisvoller Ort.
rtig wohnt ist, bedeuten sie nicht. Der Vorhang
spricht den Freiherrn: Wenn die Liebe
Nixen umschweben ihn. In mondhellen
wird hier zum durchsichtigen Schleier. Unser
der Ehe merken, die Liebe Leonildens Nächten erliegt auch Leonilda seinem Zauber.
chutz Dichter deutet, wie er das so gern tut, das
schwinde, er würde sie freiwillig ziehen lassen. Nackt umtanzt sie einen alten Stein, der für sie
Tag Ende nur an. Es ist ein Blick in die Zukunft,
Ja, beim ersten Schlag der Abschiedsstunde
des Gottes Pan Antlitz trägt.
in eine bessere, in Tage, die heller sind als die
täte er selbst das Tor auf!
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unsern. Aber wenn die Handlung nach der
In einer schwülen Sommernacht sucht
Wie weise antwortete ihm da der Freund
mich gedruckten Angabe auch im achtzehnten Jahr¬
auch ein Gast des Freihern, der junge Krieger
Kanzler:
als
hundert spielt
— die Menschen, die wir
Konrad von Ursenbeck, in den kühlen Fluten
„Und du glaubst, daß du solcher Abschieds¬
bäre,
kennenlernen, und die Probleme und die
des Nixenweihers Erquickung. Er erblickt das
stunde Schlag hören wirst? Mitnichten!“
am
Leidenschaften, die sie erfüllen —,
Mädchen, das aus dem Wasser steigt, und „sie
„Taub ist das Ohr dem unerwünschten
geht
kämpfen auch heute mit ihnen. Die erotische
vermählen sich vor Gott“. Wie sie später sagen.
Klang!“
ins
Hauptfigur, diese Leonilda, sie ist geradezu, was
Konrad von Ursenbeck ist des Marschalls
Man sieht, Lebensphilosophie, die im
man ein modernes Mädchen nennt.
Sohn, eines alten Freundes unsres Frei¬
Purpurmantel glänzender Bilder einher¬
herrn. Nun, da er des Freiherrn Tochter ver¬
schreitet.
führt, hätte er doch die selbstverständliche
Es scheint, als habe der Dichter die
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Pflicht, in der nächsten Stunde beim Vater
Handlung nur geschaffen, um an ihren ent¬
uhig
Wir sind nun bereits inmitten der Hand¬
um sie anzuhalten. Doch nein! Vielleicht wäre
ader
scheidenden Wendepunkten ewige Fragen
lung, soweit sie das erotische Element des
übrigen Konrad dazu zu
haben. Aber
dichterisch zu erörtern. Dramatisch — denn es
Stückes betrifft. Der Kanzler lehnt übrigens Leonilda will nicht! Will trotz allem, was vor¬
geschieht in der Form des Dialoges.
des Freundes Werbung nicht schroff ab,
gefallen, frei bleiben. Sie hat mit ihrer Hin¬
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Auf dem Schloß Mayenau waltet der sondern gewährt sich und ihm eine Ueber¬
gebung diesen Konrad nicht zum Herrn über
ehemalige Kanzler Freiherr v. Mayenau in legungsfrist. Thorn ist nämlich durch freie Liebe
sich gesetzt, fürs ganze Leben, ruft sie aus.
bloß
aller Stille. Da besucht ihn sein Jugendfreund an eine andre Frau gebunden, die von ihm
Nein, jetzt muß Konrad sie erst erobern. Sein
daut Silvester Thorn und verliebt sich in des Frei=ein Kind unterm Herzen trägt. Wenn er nun
war nur die Nixe gewesen und nicht das
herrn Tochter Leonilda, der er, als sie noch zu dieser Frau zurückkehrt — meint der Frei= Weib!
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