II, Theaterstücke 26, (Komödie der Worte, 1), Komödie der Worte, Seite 70

26. 1. Kondedie der NorteZyklus
Aussamtt aus:
ger Neueste Nachriektar
vom: 15 10. 19|5
15. Hllobar seinen
* Die raufführunge D
aufführung von Schnitzlers „Komödie der Worte“ schreibt unser
F. I.=Korrespondent: Der neue Schnitzler ist natürlich ein Ereignis für
Wien im allgemeinen, das Burgtheater im besonderen. An der
Feierlichkeit solcher intimer Feste der Wiener Geistigkeit hat selbst der
Weltkrieg nicht viel ändern können. Artur Schnitzler ist fleißig und
doch kein Vielschreiber, keiner, der für jede Spielzeit mindestens ein
neues Stück fertig haben muß, um die Verzinsung seines Namens ein¬
zukassieren, auch wenn er nichts zu sagen hätte. Man erwartet alfo bei
ihm von einer Arbeit zur anderen Entwicklungen. Daru. hat die neue
Einakterfolge „Stunde des Erkennens“ — „Große Szene“ — das
„Bachusfest“
mit dem Gesamttitel „Komödie der Worte“ gerade die
treuesten Anhänger des Dichters ein wenig enttäuscht und wenn von dem
äußeren Erfolg des Burgtheaters abends die Wärme der herzlichen
Hochachtung abgerechnet wird, die man Schnitzler verdientermaßen hier
vorweg entgegenbringt, so bleibt nicht viel mehr als eine gute theatra¬
lische Wirksamkeit des mittleren Einaktexs und das Spüren einer
inneren, menschlichen, — besser gesagt, männlichen — Entwicklung
Schnitzlers übrig, die aber keiner Aufwärtsbewegung des Dramatikers
entspricht. Vor allem hat sich die Hoffnung wieder nicht erfüllt, daß
Schnitzler endlich den Anatol=Stoff überwunden haben werde. Das
Thema und dessen pfucho=physiolvgischer Zerfasserungsweisen mit ihm
„Komödie der Worte“ — Was soll der Gesamttitel besagen? Etwa,
daß alle Worte, die menschliche Beziehungen bezeichnen sollen, be¬
sonders aber alle, die von Erotik und Ehe handeln, zur Lüge werden,
judem sie sich von unseren Lippen lösen? de ehrlicher wir sein wollen,
desto mehr werden wir zu Naxren unserer Worte. — Dem Wunsche
des Dichters gemäß, hat die männlichen Hauptrollen der drei Stücke
ein Schauspieler gegeben: Harry Wolden. Am wirksamsten war er
als der große Schauspieler; für die ganze Serie reicht seige Persön¬
lichkeit nicht aus. Auch sonst sind mehrfache Fehlbesetzungen zu be¬
klagen.
Schnitzler hatte diesmal wenig Glück mit dem
Burgtheater dem er in der „Großen Szene“ eine so hübsche Huldigung
bereitet. Der Erfolg war mehr herzlich als
groß.
Aus Frankfurt a. M. schreibt unser o. m. Mitarbeiter. Im
„Neuen Theater“ fand die Uraufführung der Einsakter=Folge von
Arthur Schnitzlers „Komödie der Worte“ statt. Es handelt
sich in der Tat um drei recht wortreiche Komödien, bei denen der dra¬
matische Efsekt auf Kosten der feuilletonistischen Plauderei zu kurz
kommt. Meist stehen sich zwei Personen in einer lang geratenen Szen¬
philosophierend gegenüber und der endlose Dialog, mögen auch noch so
glitzernde Perlen Schnitzlerscher Geistreichelei eingestreut sein, wirkt
auf die Dauer ermüdend. Eine Ausnahme macht vielleicht das hier
als Mittelstück gegebene Spiel „Große Szeie“, dessen humoristischer
Einschlog am meisten Beifall hervorrief. Es haudelt sich bei diesem
Einakter um die Leiden der Gattin eines großen Mimen, der von dem
Künstlervorrecht, sich auszuleben, verschwenderischen Gebrauch macht.
Den Beginn des Abends machte die etwas ibsenhaft geratene Szene
„Die Stunde des Erkennens“ worin ein Ehemann=mit seiner
Frau eine vor zehn Jahren begangene Untreue abrechnet. Den Schluß
des Abends machte eine ganz lustige, nur im Diglog etwas. zu. breit
geratene Szene, in der es dem Ehegatten durch beharrliches Verweilen
auf alltäglichen Gesprächsspuren gelingt, die beabsichtigte große Szene
zwischen der Frau und dem Liebhaber einerseits und dem Ehegatten
andererseits zunichte zu machen, so daß schließlich die ganze geplante
Aussprache unterbleibt, der Liebhaber enttäuscht abreist und die Gattin
sich wieder an die Seite des überlegenen Ehegemahls flüchtet. Das
gut gefüllte Haus war sehr beifallsfreudig und zeichnete auch die Dar¬
steller mit Recht aus. Als neue Kraft begrüßten wir Willy Schrö¬
der der die Helden in den drei Szenen mit sicherer Hand konturierte.
In den Damenrollen zeichneten sich Fräulein Leiko und Fräulein
1 Sangora besonders aus, während Fräulein Fuchs in dem letzten
der drei Stückchen manches zu wünschen übrig ließ. — Aehnlich wie
in diesen beiden Städten war der Erfolg auch in Darmstadt, iu¬
die drei Einakter am gleichen Tage im Hoftheater in Szene ginigen.
Berliner Musik. Das erste Philba#n!
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Aasscimtt aus:
vom: 150K1191Ostrauer Zeitung.
B
Mähr. Getran.
Theater, Kunst
und Wissenschaft.
Der neue Schnitzler.
„Komödie der Worte.“
Aus Wien wird gemeldet: Das Burgtheater
hatte am Dienstag seinen ersten Premidren=Abend:
Die Uraufführung des Einakter=Zyklus „Komödie
[der Worte“ von Arthur Schnitzler. Der Dichter
betitelt die Einakter: „Stunde des Erkennens“,
„Große Szene“ und „Das Bacchusfest“. Er gibt ihnen
keine nähere, sie charakterisierende Bezeichnung. Sie
sind nur glose miteinander verbunden. Das sie um¬
schließende Bild bildet die Komödie der Worte, die
größe Lüge, in der Menschen oft in engster Gemein¬
schaft leben. „Stunde des Erkennens“ ist ein ern¬
stes, tiefgründiges Schauspiel. „Große Szene“ schwankt
zwischen Lustspiel und Burleske, wiewohl auch hier
eine sehr ernste „große Szene“ das eigentliche Rück¬
grat bildet. „Das Bacchusfest“ ist mit dem alten .
Cyprine=Motiv ein Lustspiel.
Aus Darmstadt wird berichtet: Arthur
[Schnitzlers drei Einakter „Komödie der Worte“
hatten, am Darmstädter Hoftheater unter Baumei¬
sters Regie aufgeführt, einen großen Erfolg, der be¬
sonders dem zweiten und dritten Stück galt. Der Vor¬
stellung wohnten der Großherzog und die Großherzo¬
gin mit vielen Gästen bei. Ferner waren zahlreiche
deutsche Theaterdirektoren anwesend.
— (Ein Modekrieg auf der Bühne.) Aus Wien
wird gemeldet: Es ist interessant zu beobachten, wie
die Aktualität immer wieder mit großer Geste „appro¬
hiert“ Schon vor längerer Zeit hat Josef Mel¬
[bourn, dessen Name im Spielplan des Deutschen
Volkstheaters keine neue Erscheinung mehr ist, ein
Stück geschrieben, das volkswirtschaftliche Probisfut
der Mode dramatisch behandelt. Nun hat diese Frage
in Wirklichkeit ernsten national=ökonomischen Charaf¬
ter angenommen, und Melbourns Werk sieht aus, als
wäre es in der unmittelbarsten Gegenwart entstan¬
den. Darum hat man jetzt mit Interesse danach ge¬
griffen und erwartet nun weit mehr als einen Büh¬
nenerfolg davon, nämlich durch ihn und mit ihm die
handelspolitisch so bedeutsame Förderung unsrer hei¬
mischen Modeerzeugnisse. Die Gewerbe gehen diesmal
eng verbündet mit der Literatur. Am 6. November
findet die Erstaufführung des Melbournschen Stückes
„Die Siegerin“ im Deutschen Volkstheater statt, und
alle mitwirkenden Schauspielerinnen haben sich bereit
erklärt, darin in Kleidern aufzutreten, die Wiener
Modelle sind, das heißt Modeschöpfungen, die von
Wiener Schneiderkünstlern geschaffen und aus hei¬
mischem Material hergestellt worden sind. Dadurch
soll nicht nur der wertvolle wirtschaftliche Patriotis¬
mus verkündet werden, sondern man will gleichzeitig
zeigen, wie reizvoll die Wiener Mode auch dann sein
kann, wenn sie sich ganz selbständig gibt. Darüber
wird das Publikum, werden vor allen Dingen die
Damen zu urteilen haben. Dieser Theaterabenh, wird
demnach in dreifacher Richtung bemerkenswert# künst¬
lerisch, volkswirtschaftlich und gesellschaftlich#
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