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24 aLand
Haues Tagblaft f. Stuttgar.
7
Die Uraufführung des neuesten Schnitzlerschen
Dramas „Das weite Land“ in Wien brachte im
starkfesselnden Schlußakte, besonders tiewirkend, Schihler
wiederholte lebhafte Hervorrufe. Auch in Berlin, Mün¬
schen, Hamburg und Hannover atte das Stück, nach
etwas zurückhaltender Anhörung der ersten Akte, eine¬
lebhaften Erfolg. Prag und Lei#ig bereiteten dem Werke
ebenfalls eine respektvolle und freundliche, in Mainz da¬
gegen fand es eine laue, fast ablehnende Aufnahme. Die
Tragikomödie ist bei S. Fischer in Berlin soeben in Buch¬
form erschienen.
eesarnischer Gorrespondent
—— —
Das weite Land von Arthur Schnitzler hat an allen Orten.
wo es gleichzeitig zur Uraufführung kam, respektvolle Aufnahme
gefunden. Im Wiener Burgtheater gab es starken äußeren Er¬
folg und der anwesende Dichter wurde wiederholt nach jedem Akt
gerufen. In der Schauburg in Hannover fand das Stück unge¬
teilten Erfolg, im Münchener Residenztheater desgleichen. Im
Berliner Lessingtheater gab es, trotzdem die Triesch die Rolle der
Genia innehatte, nur einen Achtungserfolg, und das gleiche Re¬
sultat fanden die Aufführungen in Prag, Leipzig und Breslau.
General-Anzeiger, Franktart:
*
16 10 1911
= Ein neues Drama von Arthur Schnitzler. Das mit
Spannung erwartete neue Bühnenwerk von Arthur
[Schnitzler das der Dichter mit einem nicht ganz leicht,
aber trotzdem durchaus klar zu deutenden Namen „Das
weite Land“ benennt, ist am Samstag in verschievenen
großen Bühnen zur Uraufführung gekommen. In Frank¬
furt, wo das Stück ebenfalls für Samstag angesetzt war,
mußte leider die Aufführung wegen Erkrankung des Herrn
Lengbach verschoben werden, Wir behalten uns eine Ana¬
Tlyse des Stückes, das für das Verständnis von Schnitzlers
Weltanschauung von größter Wichtigkeit ist und den
Menschen und seine Handlungen vom Standpunkt einer
resignierenden Philosovhie aus betrachtet, noch vor der Frank¬
n
furter Aufführung vor und berichten heute nur über den
Erfolg der auswärtigen Premieren, zunächst in Wien,
lim Münchener Hoftheater und im Hamburger
Schauspielhause. Ueber den Erfolg der Wiener Auf¬
führung drahtet uns unser Wiener L. Hfd.=Mitarbeiter
folgenden Bericht:
Wien, 15. Okt. Bei der heutigen Erstaufführung im
Burgtheater hatte Arthur Schnitzlers Tragi¬
komödie „Das weite Land“ einen Achtungserfolg, der
sich nach dem vierten und fünften Akt vertiefte und ver¬
stärkte. Der Dichter wurde oft gerufen.
In Hamburg erweckte das Werk ebenfalls die ernste
Aufmerksamkeit der Zuhörer und hatte anscheinend den¬
selben Erfolg wie in Wien, und nicht weniger fühlten
sich die Besucher der Münchener Aufführung von der
Dichtung gefesselt.
Auch im Leipziger Neuen Stadttheater, in der
[Schauburg zu Hannover und im neuen Deutschen
Theater in Prag wurde „Das weite Land“ am
Samstag aufgeführt und der Erfolg scheint nach den
vorliegenden Berichten überall, mit geringen Verschieden¬
heiten, ziemlich denselben Charakter getragen zu haben:
Respekt vor dem Dichter, unmittelbar starker Eindruck
einiger Szenen und besonders wohlgelungener Gestalten,
aber für die eigentliche Idee und die kunstvolle Psycho¬
logie kein rechtes Verständnis.
Der Titel des Stückes will mit dem Ausdruck „Das
weite Land“ die Unbegrenztheit 'der seelischen Welt sym¬
lbolisch ausdrücken und nachweisen, wie wenig alle unsere
moralischen Wertungen des menschlichen Handelns gelten!
können, da die physischen Vorgänge zu kompliziert und
zu vielfältig sind, um bestimmten moralischen Gesetzeng
unterstellt werden zu können. Das Stück gehört in die
Reihe der in der allerletzten Zeit mehrfach aufgetauchten
Stücke, die nach einer neuen Auffassung des Begriffes der
Tragödie auf Grund der modernen psychologischen?
Forschungen zur Theorie der Moral streben. Es wird zu
dieser Theorie noch manches zu sagen sein. Auf jeden
Fall verdient das Werk als eines der tiefsten des Dichters
und als bedeutsames document humain die ernsteste Beachtung.
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24 aLand
Haues Tagblaft f. Stuttgar.
7
Die Uraufführung des neuesten Schnitzlerschen
Dramas „Das weite Land“ in Wien brachte im
starkfesselnden Schlußakte, besonders tiewirkend, Schihler
wiederholte lebhafte Hervorrufe. Auch in Berlin, Mün¬
schen, Hamburg und Hannover atte das Stück, nach
etwas zurückhaltender Anhörung der ersten Akte, eine¬
lebhaften Erfolg. Prag und Lei#ig bereiteten dem Werke
ebenfalls eine respektvolle und freundliche, in Mainz da¬
gegen fand es eine laue, fast ablehnende Aufnahme. Die
Tragikomödie ist bei S. Fischer in Berlin soeben in Buch¬
form erschienen.
eesarnischer Gorrespondent
—— —
Das weite Land von Arthur Schnitzler hat an allen Orten.
wo es gleichzeitig zur Uraufführung kam, respektvolle Aufnahme
gefunden. Im Wiener Burgtheater gab es starken äußeren Er¬
folg und der anwesende Dichter wurde wiederholt nach jedem Akt
gerufen. In der Schauburg in Hannover fand das Stück unge¬
teilten Erfolg, im Münchener Residenztheater desgleichen. Im
Berliner Lessingtheater gab es, trotzdem die Triesch die Rolle der
Genia innehatte, nur einen Achtungserfolg, und das gleiche Re¬
sultat fanden die Aufführungen in Prag, Leipzig und Breslau.
General-Anzeiger, Franktart:
*
16 10 1911
= Ein neues Drama von Arthur Schnitzler. Das mit
Spannung erwartete neue Bühnenwerk von Arthur
[Schnitzler das der Dichter mit einem nicht ganz leicht,
aber trotzdem durchaus klar zu deutenden Namen „Das
weite Land“ benennt, ist am Samstag in verschievenen
großen Bühnen zur Uraufführung gekommen. In Frank¬
furt, wo das Stück ebenfalls für Samstag angesetzt war,
mußte leider die Aufführung wegen Erkrankung des Herrn
Lengbach verschoben werden, Wir behalten uns eine Ana¬
Tlyse des Stückes, das für das Verständnis von Schnitzlers
Weltanschauung von größter Wichtigkeit ist und den
Menschen und seine Handlungen vom Standpunkt einer
resignierenden Philosovhie aus betrachtet, noch vor der Frank¬
n
furter Aufführung vor und berichten heute nur über den
Erfolg der auswärtigen Premieren, zunächst in Wien,
lim Münchener Hoftheater und im Hamburger
Schauspielhause. Ueber den Erfolg der Wiener Auf¬
führung drahtet uns unser Wiener L. Hfd.=Mitarbeiter
folgenden Bericht:
Wien, 15. Okt. Bei der heutigen Erstaufführung im
Burgtheater hatte Arthur Schnitzlers Tragi¬
komödie „Das weite Land“ einen Achtungserfolg, der
sich nach dem vierten und fünften Akt vertiefte und ver¬
stärkte. Der Dichter wurde oft gerufen.
In Hamburg erweckte das Werk ebenfalls die ernste
Aufmerksamkeit der Zuhörer und hatte anscheinend den¬
selben Erfolg wie in Wien, und nicht weniger fühlten
sich die Besucher der Münchener Aufführung von der
Dichtung gefesselt.
Auch im Leipziger Neuen Stadttheater, in der
[Schauburg zu Hannover und im neuen Deutschen
Theater in Prag wurde „Das weite Land“ am
Samstag aufgeführt und der Erfolg scheint nach den
vorliegenden Berichten überall, mit geringen Verschieden¬
heiten, ziemlich denselben Charakter getragen zu haben:
Respekt vor dem Dichter, unmittelbar starker Eindruck
einiger Szenen und besonders wohlgelungener Gestalten,
aber für die eigentliche Idee und die kunstvolle Psycho¬
logie kein rechtes Verständnis.
Der Titel des Stückes will mit dem Ausdruck „Das
weite Land“ die Unbegrenztheit 'der seelischen Welt sym¬
lbolisch ausdrücken und nachweisen, wie wenig alle unsere
moralischen Wertungen des menschlichen Handelns gelten!
können, da die physischen Vorgänge zu kompliziert und
zu vielfältig sind, um bestimmten moralischen Gesetzeng
unterstellt werden zu können. Das Stück gehört in die
Reihe der in der allerletzten Zeit mehrfach aufgetauchten
Stücke, die nach einer neuen Auffassung des Begriffes der
Tragödie auf Grund der modernen psychologischen?
Forschungen zur Theorie der Moral streben. Es wird zu
dieser Theorie noch manches zu sagen sein. Auf jeden
Fall verdient das Werk als eines der tiefsten des Dichters
und als bedeutsames document humain die ernsteste Beachtung.