II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 278

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24. bastLand
Büro-Ausstellung Wien 8.— 19. November
siehe Rückseite.
Telephon 12.891,
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„UBSERTEN
Iaterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genk, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minncapolis, New-York.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, ôt Petersburg.
(Gnelienangabe ehne Gewüls).
Ausschnitt aus:
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3 KOV 10
vom:
1

4 Feuilleton.
Berliner Theater.
Von Rudolf Lothar.
Es gab eine Zeit, da war der Name Arno Holz
ein Programm. Mehr als das, er war eine Kampfparole,
ein Kriegsruf. Und er wurde später zum Manifest. Holz
und Schlaf sind die geistigen Väter der ganzen natura¬
listischen Bewegung, sie sind die Vorläufer Hauptmanns,
mit ihnen beginnt eine neue Epoche im deutschen Schrift¬
tum. Ihre Novellensammlung „Papa Hamlet“ ist ein
literargeschichtliches Monument, ein Denkmal, das an
einer Wegkreuzung steht. Sie haben die konsequente, rück¬
sichtslose Lebenswahrheit sozusägen neu erfunden, sie
haben die alten Tafeln zerbrochen, sie waren die Theore¬
tiker und Praktiker der literarischen Revolution.
Die Zeit, wo Holz und Schlaf an der Spitze der
Armeen marschierten, ist längst vorbei. Schlaf schreibt
Romane und Novellen, die man achtungsvoll begrüßt
und wenig liest, Holz hatte eine Zeit der blühenden
Lyrik — seine Größe als Lyriker ist viel zu wenig an¬
erkannt — und dann schrieb er mit Jerschke, einem lite¬
rarischen homo norus, sein vielgespieltes Theaterstück
„Traumulus“. Und nach Jahr und Tag ließen die
Autoren des „Traumulus“ diesem Theaterstück ein anderes
folgen, „Bürk“, das vor einigen Tagen am Neuen Schau¬
spielhause seine Uraufführung erlebt hat.
Mit den Idealen, für die Arno Holz einst litt und
stritt, mit Literatur und Revolution hat dieses handfeste
Stück nichts zu schaffen. Sollen wir uns wundern, daß
hier ein Künstler ins Handwerk stieg, daß hier ein Pro¬
phet und Feldherr im Bazar Alltagsware verkaust? Die
Verwunderung wäre zu billig. Auch Propheten müssen
leben, und „Büxl“ bekennt offen und ehrlich den Zweck,
mit guter, ehrlicher Handwerksarbeit einem Künstler das
Leben zu gestatten. Wenn also „Büxl“ die Leute amüsiert
und dem Verfasser Geld ins Haus bringt, dann wird der
Künstler Arno Holz sicher den Gewinnedavon haben.

„Büxl“ ist eine Verbrecherkomödie, die von dem
lung hinunter. D
Glorienscheine zehrt, der mit romantischem Glanze das
eignis, Korrespon
Haupt kecker Banditen seit jeher umgab. Rinaldo Rinaldini,
ein, auch der Fü
Fra Diavolo und Büxl sind nahe verwandt. Spitzbuben
nigst herbeigerufen
zwar, aber bei aller Frechkeit doch galant, menschen¬
da oben sich in d
freundlich und edel. Diese Mischung zieht immer. Mit und
die schönere Hälft
ohne Musik.
mittieren. Vor all
Der erste Akt spielt in der Armensünderzelle und
Fürsten um ihre
Büxl, der einen Unteroffizier, der ihn peinigte und auf
dere als die Frau
den er eifersüchtig war, erschlagen hat, soll am nächsten
Bürls angenomm
Morgen geköpft werden. Sein Gnadengesuch ist verworfen
oben paktiert. Er
worden. Der Staatsanwalt und der Geistliche machen ihm
hinaufkomme, um
ihren Besuch. Auch sein Mädel kommt, aufgelöst in Trä¬
stellen und ins G
neu. Büxls Lebensmut und Lebenskraft lassen aber nicht
hält er seinen Pak
locker. Im letzten Augenblicke noch greift er nach einer
des Fürsten mitter
rettenden Planke. Er behauptet, ein anderer hätte die Tai
durch: Er entkomn
vollbracht (sein Mädel hat ihm eben erzählt, dieser andere
Eisenbahnzug, in
wäre in Amerika und sein Aufenthalt sei unbekannt), und
saß, vor dem Un
sogar ein Zeuge hätte diesen anderen und ihn am Tatorte
und mit dem Krei
gejehen. Dieser Zeuge ist aber kein Geringerer als der
liefert er schließlich
Prinz Butzi. Prinz Butzi ist ein Lebemann und Frauen¬
in tausend Aengste
jäger, und sein Schlößchen auf steilem Felsen eine eroti¬
Die beiden er
sche Raritätenkammer mit reichem Archiv von Liebes¬
lecker Laune und
briefen. Büxl weiß seinen Verteidiger, der in der Zelle
in lustiger Sympa
von ihm Abschied nehmen will, herumzukriegen, so daß
allen ein Schnippc
der Verteidiger in der letzten Stunde, in der Nacht vor
geradezu genialer
der Hinrichtung das Wiederaufnahmeverfahren beantragt.
modernen Lustspiel
Zeit gewonnen, alles gewonnen! und vergnügt stoßen der
von „Büxl“ ihresg
Delinquent und Verteidiger mit dem Sekt an, den der
und gerade Temper
Staatsanwalt für die Henkersmahlzeit gestiftet hat.
schmerzlichsten vern
Büxl benützt die Verhandlung, die über seine neuen
ersten glänzenden
Angaben urteilen soll, dazu, um mit keckem Sprung durchs
Wir treffen Büxl
Fenster zu entkommen. Auf höchst abenteuerliche Weise
Kokotte, sozusagen
gelangt er ungefährdet bis zum Felsenschlößchen des
Dreistigkeit wird al
Fürsten hinauf. Das wird nur von einem alten Kastellan
Prahlsucht machen
bewacht, den ey an die frische Luft spediert; dann macht
aus dem Stoffe
er aus dem Schloß ein Fort Chabrol und lacht seine Be¬
können. Es stellt
lagerer aus. Eine ganze Armee wird aufgeboten, um das
ein Elsässer ist, gar
Nest auszuheben. Aber das gelingt nicht und Büxl feuert
werden dürfen. Er
jeden Tag eine andere Kuriosität aus des Fürsten Samm=] man ihm auch weg