II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 387

Wr
Land
box 29/1
24. Das „Ite nand
Klasse und dem Senatsptasidenten Braan in Roin und
pner Ceuriar
dem Landgerichtspräsidenten van Erkelens daselbst der
Charakter als Geheimer Oberjustizrat mit dem Range der
Räte zweiter Klasse.

briken, erobert Länder, schreibt Symphonien, wird Mil¬
kalten Handlung aus Eitelkeit, weil „man doch nicht der Hopf
peite Land.
lionär.
Aber das ist ja alles nur Nebensache. Die
sein will“.
Hauptsache seid Ihr!“ Aber selbst diese „Hauptsache ist keine
Was nun wollte Schnitzler mit dieser Szenenfolge,
Akten von Arthur Schnitzler.
Angelegenheit der Leidenschaft, des ernsthaften Ringens, kein
die scheinbar, ohne rechte innere Idee Gespräche auf Gespräche,
le in der „Schauburg“.)
Handel zwischen Persönlichkeiten, die hinter dem äußeren
dazwischen Konstellationen des „changer les dames“ häuft!
schönen Schein die Seelen suchen. Nur eine Angelegenheit
Sonnabend, 14. Oktober.
Er selbst hat's angedeutet dem Freundeskreise gegenüber.
des Genusses, wie andere Genüsse auch, der Eitelkeit, des
Als „Baumeister Solneß der Sexualität“ ist
aturell neigt wenig zu den Be¬
Männchentriebes und — wenn das Abenteuer vorüber ist —
dieser Friedrich Hofreiter gedacht. Der Abstand freilich (der
(sofern man, neben äußeren Mo¬
Gegenstand intellektuell=ästhetischer Apergus.
künstlerische wie der der Idee) ist groß. Die Parallelität ist,
erter Handlungsführung, als Ziel
Dennoch vollziehen sich Schicksale. Wenn man will, auch:
sobald das andeutende Wort gefallen, unverkennbar.
der Charaktere im Prisma einer
menschliche Tragödien. Sie wachsen von ungefähr aus einer
Gleich Solneß, dem rücksichtslos Schaffenden, bangt es Hof¬
nung betrachtet wissen will). Wo
Atmosphäre, in deren zersetzendem Fluidum Zufälligteiten,
reiter, dem rücksichtslos Genießenden, vor der Jugend. Das
irt abzuzwingen suchte (man denke
Launen, Augenblickseingebungen, Worte alles bedeuten; die
Abenteuer Genias mit dem Fähnrich hat ihm zunächst nur
entglitt er in theatralischen
Tat nichts. Die Tat, oder was man so Tat nennt, ist Zufalls¬
amüsiert. Nichts lag ihm ferner als ein Rachegedanke. Aber
lbst. Er ist zu sehr Betrachter
erscheinung. Niemand meistert sie. Sie entgleitet eine:
dann, „wie er mir gegenübergestanden ist mit seinem frechen,
deren meisternder Gestalter zu
Ohne daß man's selber so recht wollie, zerstört man blühende
jungen Blick, da hab' ich's gewußt . .. er oder ich“. Und er
iner ganzen Veranlagung nach, zu
Leben durch körperlichen oder feelischen Mord. Wo ist der
sehnt sich die neue Jugend herauf: „Mit 40 Jahren sollt man
er aller Werte, zu wenig Moralist.
Unterschied? Im Grunde genommen läuft's auf dasselbe
jung werden, da hätte man erst etwas davon ...
Mir ist
einheit, Nuancierung, ein unheim¬
hinaus.
eigentlich doch, als wäre alles Bisherige nur Vorstudium ge¬
kelativität aller feelischen Re¬
wesen.“ Wie Solneß hat er seine Hilde Wangel: Erna sie ist
Im Mittelpunkte dieser Dichtung steht eine jener egozen¬
oduktionen die Eigentümlichkeit des
jung, stark, kühn (sie besteigt den Aignerturm, auf den sich bis¬
trischen Genießernaturen, wie sie Schnitzler immer wieder
. Resultatlosen; das Drama aber
lang nur Männer wagten); sie glaubt an ihn, trotz aller, die
gerne zeichnet; ein Verwandter Anatols; nur minder harm¬
umt es, daß gerade die zartesten
vordem an ihrer Stelle waren. Einen Augenblick lang reißt
los, weil geistig bedeutender und weil er jene Altersstufe
eren dramatischen Schöpfungen
ihn ihre sichere Vitalität auch fort. E: denkt an Scheidung,
(um die Vierzig herum) hat, da Männer aus den Jugend¬
Romanen ähneln, wie seine Ein¬
neue Heirat. Der Skeptiker wird seriöser Idealist. Nach der
eseleien planlosen sexuellen Flanierens entwachsen sind. Was
dialogisierten Novellen. Sie in¬
Anatol mangelt, das steckt in diesem Friedrich Hofreiter: —
einzigen Nacht mit Erna schon flieht er. Er hat ausgespielt...
esseln nicht, sie tuen weite Gefilde
System. Nicht aus Bewußtheit, vielmehr aus Instinkt. Sein
Andeutung gab ich, die mir zum Verständnis dieser
nzen sie nicht unseren Blick durch
zwar dramatisch und hinsichtlich klarer Ideenführung nicht
Daimonion — wenn man es so nennen darf — ist die große
er Welten
Einsamkeit des Genießers, des Erotomanen. Diese Wesenheit
starken, an psychologischen Feinheiten aber reichen Dichtung
schilderungen, in denen Schnitzler
hat alles andere in ihm erstickt. Sie führt ihn über Leichen
nötig schienen. Manches wäre noch über diese und jene
siecle=Menschheit des modernen
weg. Sie läßt ihn Genia martern, seine Frau, die mit der
Einzelfigur zu sagen; dazu gebricht es mir im Augenblick an
setz er sich nun schon ein Menschen¬
Zartheit mütterlicher Naturen, all seiner Untreue zum Trotz,
Raum und Zeit. Nur so viel: sie stehen alle im Bann der
ngeren konzentrischen Kreisen be¬
Grundidee: des Fließenden, Unkontrollierbaren, Treibenden
an ihm haftete; sie läßt ihn Geliebte verraten, den Freund
uen Bühnendichtung mit derselben
alles Seelenlebens. Sie alle sind Stimmungsmenschen,
um die stillumworbene Braut betrügen, sie läßt ihn ein junges
in seinem letzten Romane, dem
Blut von einem Fähnrich über den Haufen knallen und der
Wortmenschen, Drohnen ... Nur Genia nicht. Sie bildet,
Im wohligen Genuß der Sattheit
ahnungslosen Mutter die Hand drücken, als sei nichts ge¬
ein abgebrauchtes Bild zu riskieren, den ruhenden Pol in
ischesten Exemplare sind schon ein
schehen. Nicht aus Leidenschaft liebt er, nicht aus Eifersucht
der Erscheinungen Flucht. Anders ausgedrückt: in ihr ist noch
ehm blasiert. Gerne spielt sie, bei
zwingt er der Gattin ein Geheimnis ab, das ihn ihr noch
ein unverdorbenes Instinktleben wach; sie hat Gesetze ihrer
jenem pikanten Todesgefühle, zu
mehr entfremden muß (denn nichts ist ihm unfaßbarer als
Selbst, die ihrem Handeln Richtschnur geben. Daß sie dem
. Nationen, Systeme neigen; ihm
weibliche Tugend, für die ein anderer in den Tod geht), nicht
zweiten Liebhaber, nachdem sie den einen durch ihre Tugend
stironie und die Zersetzung einer
aus Schmerz oder gekränkter Liebe tötet er den Liebhaber
in den Tod getrieben, nachgibt, empfinde ich mehr als
ks Paarung mangelt. Das Wien
seiner Frau seine Bahn, auf die er sie selbst gestoßen): — er
suggestive Handlung, beeinflußt durch Friedrichs Anschau¬
Dieses Wien mit seiner feinen
ist solcher tieferer Gefühle überhaupt nicht mächtig. Nur die
ungen. Aus Liebe zu ihm wird sie sich selber untreu, und
Entlehnung, seinem Taggenießen
Jugend ist opferfreuoig. Nur wer sich selbst noch achtet, kann
fühnt's damit, daß sie diese Liebe in sich tötet ...
cht fragen, seiner Menschheit mit
sein Leben in die Schanze schlagen. Friedrich Hofreiter aber
... Das schön Gewollte tritt freilich nicht allenthalben
fähigkeit wird wieder einmal in
ist ausgebrannt. Uebersättigt. Er kämpft schon auf ver¬
auch voll in Erscheinung. Technisch ist mancherlei Erzwun¬
er Typen von Männern und
lerenem Posten; und er weiß es. Nur auf die äußere
genes in dem Stück, einige Langatmigkeiten laufen mit unter,
n miteinander in Disput gesetzt.
Position, auf die Eitelkeit, der Unwiderstehliche zu sein, ist er
die mit dem, was hier gewollt ist, nicht mehr zu tun haben
ypen ist: sich treiben zu lassen.
bedacht. Ein Besiegter bei allen Siegen, verurteilt, heut oder
wie Verlegenheitsphrasen im Gesellschaftsleben. Besonders
eben, das Leben macht sie. Und
morgen vom Schauplatz seiner Erfolge abzutreten. Noch
auffallend sind die Parallelität toter Strecken jeweils zu
um einen Punkt: um die wech¬
nimmt er es mit der Jugend auf im Tennisspiel, in gefahr¬
Beginn der Akte, die umständliche Vorbereitung, die jeglicher
schlechter. Hier sitzt, so scheint es,
vollen Bergbesteigungen, in der Liebe. Als ihn das Spiel
einzelnen Auseinandersetzung der verschiedenen Paatungen
der Aktibität. Was sonst noch i
aus Ende treibt, Erna, die letzte Groberung, ihm den gemein¬
vorangeschoben wird. Und neben allerlei Tiefen einer nach¬
nder mit materiellen Gütern Ge¬
samen Lebensweg anbietet, lehnt er die Sehnsüchtige brüsk
sichtigen Lebensweisheit laufen Wüsteneien der Banalität
füllt hier nur die Pausen von
einher.
mit den Worten ab: „Täuschung. Alles Täuschung. Nächstens
eren. „Es gibt doch noch etwas
schnapp' ich doch zusammen. Aus, Erna; auch zwischen uns.
Daß diese Fehler in der Aufführung der „Schauburg“
uns“, meint Adele, die verab¬
Du bist zwanzig; Du gehörst nicht zu mir.“... Die zu ihm
besonders auffallend hervortraten, daran trägt die Regie
Fabrikanten Friedrich Hofreiter,
gehörte, Genia, die Gattin, die Unentwegt=Treue, ging ihm
ein gut Teil Schuld mit. Die überaus fleißige, schon darum
„Ja — die Pausen zwischen der
verloren. Vieles verstand sie; vergab sie; nicht die Sinn¬
in Anbetracht der hohen Schwierigkeiten, die diese Dichtung
ind ja auch nicht uninteressant.
losigkeit eines Mordes für eine Tat, die er selber Hunderte
jeglicher Darstellung entgegenschiebt, anerkennenswerte Auf¬
in der Laune ist, baut man Fa= Male straflos beging. Eines Mordes ohne Erregung. Einer! führung krankte vor allem an einem bisweilen grotesken
——