II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 570

24. Das weite Land
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nur etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos. Die Liebesspiele etwas Finst
Seele ist ein weites Land.
Feuilleton.
daß sein Spiel „so
Natürlich sind es Liebesspiele, die vor diesem
ist anfänglich rein, ein
Hintergrunde bitterer und tieferer Erkenntnis, dieser melancho¬
weil sie ihn nicht erhör
lischen oder verzweifelten Weltbetrachtung sich abspielen. Es ist
ihrer selbst willen, weil
Großh. Bad. Hof= und Nationaltheater in Mannheim.
Schnitzler, der sich Treue hält. Aber es sind trübe und dunkle,
will. Dann wird auchs
Das weite Land.
schwere und rätselvolle Liebesspiele. Der letzte Rest jener leicht¬
ihr Mann abwesend ist,
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sinnigen Heiterkeit, jener graziösen und ein wenig frivolen Fein¬
Eine Tragikomödie von Arthur Schnitzler.
Weiher ein Abenteuer
heit, die Schnitzler den Franzosen zu nähern schien, die Anatole
Fähnrich. Aber auch ihr
Schnitzler ist 50 Jahre alt. Auf der Höhe des Lebens ist
und Liebelei schmücken, ist hinweggetilgt. Die Liebesspiele
Man gleitet immer weit
er nicht heiterer, freier, leichter — härter, unmelancholischer
dieser überaus schmerzbewegten, klagenden und bitteren Tragi¬
Lachen ist die Lüge. S
geworden. Nur noch leiser, zarter, einsamer, trauriger, bis hin
komödie, sie graben in die dunkelsten und chaotischesten Tiefen
und sehr lustig anzusehen
zu einem ganz schweren und dunkeln Pessimismus: „Alles ist
der Menschenseele. Einer steht in der Tragikomödie auf und
Worte“ in die Luft.
Täuschung". Bis hin zu einer finsteren Traurigkeit: „Das
erkennt es in schwerer Anklage. „Eine Welt, in der die Liebe
mit dem Kopf auf den
Natürliche ... ist das Chaos“. Schnitzlers Schwermut und
nichts wäre als ein köstliches Spiel, die ließe ich gelten. Doch
wahr gegen sich.
Melancholie verdichten sich mit den Jahren. Wieviel ängstigend
dies Ineinander von Zurückhaltung und Frechheit, von feiger
dunkle und schwere Töne bringt schon der „Weg ins Freie“.
Friedrich Hofreiter
Eifersucht und erlogenem Gleichmut — von rasender Leiden¬
Das „Weite Land“ ist eine Tragikomödie, die das letzte flüch¬
Feigling ins Gesicht.
schaft und leerer Lust, wie ich es hier sehe — das finde ich trüb¬
#tige Huschen eines Lächelns dahinsterben läßt. Am Schluß
fällt. Warum dieser Aus
selig und grauenhaft. Der Freiheit, die sich hier brüstet, der
des zweiten Aktes lacht Frau Genia auf: „das kühne Hinein¬
der Duellmord? Hofreit
fehlt es am Glauben an sich selbst. Darum gelingt ihr die
sausen ins Dunkle — das ist vielleicht das Allerlustigste.“ Aber
Grund den Geliebten sein
heitere Miene nicht, die sie so gerne annehmen möchte ..
dieses Wort ist voll schneidender Bitterkeit und gellt schaurig.
Lande der Seele hat so
darum grinst sie . . . . wo sie lachen will.“
Aber dieses Auflachen ist das Weinen einer Frau, die fühlt,
Natürliche ist das Chaos
Von Treue und Untreue, von Leidenschaft und Tod handelt
daß sie ins Uferlose gleitet ...
hat nicht den Glauben am
die Tragikomödie. Sie spielt in der Welt Schnitzlers, in der
warum, warum . .. undn
Das Weite Land, in das Schnitzler uns führt, es ist die
Welt seiner, gebildeter, verwöhnter Menschen, aber hinter der
haften Bösewicht. Aber
Seele des Menschen. Sein Thema ist zu zeigen, was für
glänzenden Außenseite ist das Chaos und die Lüge und der
Hofreiter erwidert: So
komplizierte Subjekte die Menschen im Grunde sind. „Sovieles
Zwiespalt. Der Fabrikant Hofreiter ist eine glänzende, be¬
schauen in mich k
hat zugleich Raum in uns —! Liebe und Trug ... Treue
strickende Mannesgestalt, ein wunderbarer Charmeur, ein Künst¬
keiner. Es hat seinm
und Treulosigkeit ... Anbetung für die eine und Verlangen
ler des Liebesspiels, über seine eigene Frau hinweg greift er
Das ist das Ende.
nach einer andern oder mehreren. Wir versuchen wohl Ordnung zu anderen. Zuerst ist es eine verheiratete Frau, dann ein hat nur noch ein einziges
in uns zu schaffen, so gut es geht, aber diese Ordnung ist doch iunges Mädchen. Aber erfühlt sebst, daß um seine leichten aber will ihm folgen, da