II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 861

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ästhetischen Prinzip erhoben werden darf, und daß die entrückte] Fehlern noch immer dreima
Theater und Musik.
Feierlichkeit der attischen Tragödie mit den unnoblen Opern= undschnittsertrag eines langen
Pantomimen=Wirkungen der modernen Arena nichts zu,
schaffen hat. —
Reinhardts Orestie.
Der nel
Statt dessen haben wir festzustellen, daß die jüngste Reln¬
Die Gesichterfülle dieses Abends scheint die widerstrebendsten
hardt=Komposition als Ueberraschung mindestens so stark gewirkt
(„Das
Empfindungen wach zu rufen: Unmut und Freude. Skepsis und
1## hr.
hat wie die erste Auffuhrung des Oedipus. Gewiß machte unsere
Es war ein melancholi
Glauben, tragische Erschütterung und peinlichstes Ungerührt=Sein.
Nüchternheit hier und da Halt vor einem Zuviel an zirzensischen
nung mit einer alt geword
Wie die Farben im Kaleidoskop schießt alles durcheinander. Aus
Fünsten und Künsteleien. So stehe ich verdrossen und ratlos vor
rungen umwittert, in weiche
seligster Emporgerissenheit geht es in die Abgründe bitterster Er¬
einem bösen Rest an aufdringlicher Theatralik und vor# der
von dem redlichen Drange,
nüchterung. Hundertmal fühle ich die kritische Distanz und sage
Art und Weise, wie Reinhardt im Sinne der alten Oper die Chor¬
genen Glücks noch einmal i
mir mit ruhiger Sachlichkeit: „Operneffekte. Meyerbeer auf
stimmen kunstvoll abschattiert. So empfinde ich es auch hier als
kenninis von der Begrenzt
Wagner gestülpt. Ich kenne den Rummel. Drei Schritte zurück,
stilwidrig und peinlich, wenn die Distanz sich verwischt und wenn
allem. Die wehmütige Resig
wenn ich bitten darf.“ Und hundertmal reißt mich die fabelhafte
die geschminkten und gepuderten Greise und Chormädchen mir
dens, unt das Bewußtsein,
Suggestion eben dieser verfemten Effelte in den Taumel
von allen Seiten hart auf den Leib rücken. Und so muß ich auch
sehen, denen man sich für ei
hinein, jagt mir das Blut ins Gesicht und läßt mich naib und
Herbst, Herbst, Herbst.
Klage darüber führen, daß mir manches etwas sehr ins Spuk¬
gläubig werden wie ein Kind, das sein Abendgebet spricht. —
segt mit kalter Grausamlei
hafte, Krampfartige gewandt war, und daß mir insbesondere
Aus dem verwirrenden Durcheinander wechselnder Empfin¬
vorbei. Ein Duft voll Schn
einige Bilder des „Totenopfers“ zu absichtlich — mit grünen
dungen den Kern dieser Leistung herauszuschälen, ist gewiß nicht
Lichtessekten, deren Quelle man sah — in eine grelle Kinemato¬
nis hellerer Tage umkleidet
leicht. Am Anfang und Ende steht, wie mir scheint, auch diesmal
graphen= und Schreckenskammeratmosphäre hineinkomponiert
des Märchens. Der Dichte
das eine große Gefühl: Gott sei Bink, daß wir einen Mann wie
liche Welt des „Anatol“ h
schienen. Aber das worauf es ankommt, wird durch solche Aus¬
diesen Mar Reinhardt unter uns haben, der solche Dinge zu
stellungen nicht wesentlich tangiert: Die riesenhafte Urwelt¬
„Grünen Kakadu“ und die
unternehmen, den Mut und die künstlerische Schaffensfreude auf¬
Tragik des Aeschylus war in ihrem Kern begriffen und schmetterte
schenkte, — wie ein Schatt
bringt. Die Frage nich dem absoluten Wert oder Unwert seiner
denn auch ihre sinnverwirrenden Akkorde zu uns herüber. Ueber
er vorüber. Seine kultivic
Leistung muß davor zurücktreten. Die Tatsache dieser Aufführung
den schatlenhaften Umrissen des Atridenpalastes lastete der Mythus,
Ironie lädt uns noch einm
als solcher bleibt das Entscheidende. Denn aus ihr strömt so viel
brütete die Moira. Durch Generationen fortgeschleppte Flüche
Kulturmüdigkeit und versein
großzügige Kühnheit, so viel wahrhaftige Inspiration, so viel An¬
krochen wie Schlangen um gespenstische Tore und verhängte Al¬
des Lebens kreist. Im Frach
regung und so viel Gegenwarts= und Zukunftsproblematik, daß
täre. Eine zeitles große, von allem Erdenstaub gelöste Schicksals¬
einmal blasse Menschen übe
man ihr mit den üblichen kritischen Maßstäben einfach nicht zu
Leibe kann. —
welt war lebendig geworden. Wie ein schweres, dumpfes Ge¬
Zusammenhänge wird noch
witter zog sie auf und vorbei. Wie das fleischgewordene Grauen.
unausgesprochene und mit
Das muß heute trotz der vorangegangenen und zu Tode ge¬
Oder wie die im Donner einherrollende Stimme des strafenden,
wie in verborgenen Seelen
hetzten Oedipus=Sensation ausgesprochen werden. Wenn man
rächenden Judengotts.
zwischen nachlässigem Syba#
mich auf Ehre und Gewissen fragt, muß ich zugeden, daß ich mir
drang, zwischen halbeingest
Und in diese Atmosphäre traten dann die äschnleischen Men¬
von dem Orestie=Abend so gut wie gar nichts erwartete. Nach
Spätkultur stehen, fällt ein
schen, auch sie ins Kosmische. Ueberlebensgroße projiziert. Klytäm¬
dem „Oedipus“ schrieb ich, der Wert der Reinhardtschen Leistung
wird die Abnung nicht los
nestra, vor die erdrückende Wucht des Atridenpalastas#liert in
läge in ihrer überraschenden Noch=Nicht=Dagewesenheit. Und eben
der Arbeit ist. mit dem u
den riesenhaften Raum gestellt — das war, rein m## sch, wie
diese Noch=Nicht=Dagewesenheit fehlte naturgemäß der zweiten, in
Freude bedeutet.“ Aber di
die lebendig gewordene Ahnung des Unendlichen. (Wobei gleich¬
die gleiche Sphäre gerückten Veranstaltung. Die Orestie im
sagen. lassen diese Ahnung
gültig ist, daß Fau Feldhammer zum Teil mit den etwas
Zirkus Schumann. Nun ja, sagte man sich, das wird einen
# Anfang und Eude steh
keifenden Tinen eines Patbas von vorgestern overierte.) Dann
matten Ausguß der Oedipus=Abende geben. Was dort neu war
Smme alles Metall verlo
weiter die von rührender Schönheit umspielte Gestalt der Kas¬
und durch seine Neuheit verblüffte, wird in der Wiederholung
es Echo aus besseren Ve
sandra, die Mary Dietrichs wundervolle Kunst zu einem
seine Suggestionskraft verlieren. Die Dimensionen der Arenaflingenden, rauschenden, beseelten Rhythmus, gestaliete.
Wenn ich hart werden
und die enorme Drilleistung der Reinhardtregie, von der wir
Und
lomödie ist eine schöne Leiche
uns damals überraschen ließen — sie werden uns heute keine
schließlich die Silhonette des jungen Orest, in dem Moissis
en. silbernen Glanz aus
Ueberraschungen mehr sein. Wir werden unsere Skepsis, die schon
Stimme sang und jubilierte und klagte und dann im ausbrechen¬
##oft, will ich sie lieber mit ei
den Wahnsinn wic eine Glocke zersprang.
beim Oedipus sich regte, lauter und lauter sprechen lassen
das nichts Schreckhaftes an
und werden schließlich, ernsthaft und bestimmt,
die
Nehmt diese drei Höhepunkte und wägt Gut und Schlecht
Voraussicht kein Märchenpri
Erklärung abgeben, daß das, was als einmaliges
Ex¬
gegen einander ab. Und dann scheltet mich meinetegen einen
periment zu rechtfertigen war, nicht ohne eigenen Schaden zum Narren, wenn ich euch sage, daß dieser Abend mit allen seinen!
(Fortsetzung
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