II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 117

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23. Der Schleien der Pierrette
wiegt, erscheint ihr das Bild des toten als Schauplatz einer winzigen, aber gut geführten, Was dem Werke ein ganz besonderes Interesse sichert.
und winkt ihr. Pierrette wird neuerlich von humorvollen Handlung: Gräfin Susanne frönt gern ist der Umstand, daß seine Musik von niemand Ge¬
ig und Grauen gepackt — und nun ent= dem Genusse einer Zigarette, verbirgt aber diese ringerem als Anton Rubinstein herrührt, dessen
Arlechino das Fehlen ihres Brautschleiers. Leidenschaft vor ihrem Gatten, da dieser zu den Ver= bekanntem Zyklus „Bel costumé“ der böhmische
Schriftsteller Ladislaus Noväk eine Reihe von szeni¬
sie von Fest und Tanz hinweg, um ge=ächtern des Tabakkrautes gehört. Da kehrt der Graf
mit ihr den Schleier zu suchen. So ge¬
schen Bildern unterlegt und so Rubinsteins Opus,
eines Tages heim, wittert den Zigarettenduft, wird
ide in das Heim des toten Pierrot, wo
das bisher lediglich dem Klaviervirtuosentum und
mißtrauisch, ahmt Verrat und wird durch die Ver¬
den Schmuck entdeckt, den Zusammenhang
legenheit Susannens in dem argen Verdachte, der
dem Konzertsaul gehörte, auch der Bühne gewonnen
eine dämonische Rache ersinnt: er schließt
sich in sein Herz eingeschlichen, noch bestärkt. Er be¬
hat. Daß die Musik alle hiefür erforderlichen Quali¬
1 Treulose bei der Leiche des Geliebten ein.
täten in vollem Maße in sich birgt, steht außer
schließt, sich Gewißheit zu verschaffen, schützt eine Ver¬
lt Pierrette dem Wahnsinn und stürzt end¬
Zweifel; sie ist ungemein lebendig, charakteristisch
abredung im Klub vor — und Gräfin Susanne steckt
vor der Leiche Pierrots nieder. Wie man
selig eine frische Zigarette zwischen die Lippen, blickt
und reich an Schönheiten. Als leitende Idee für die
dieser gedrängten Inhaltsangabe ersieht,
mit wohligem Behagen den Rauchwölkchen nach.
Handlung hat Noväk — der sich der nicht zu leichten
Handlung eine Fülle szenischer Vorgänge
Aufgabe mit anerkennenswertem Geschmack und Ge¬
Plötzlich stürmt der argwöhnische Gatte in das Ge¬
t wie sie die Pantomime nun einmal er¬
schick entledigte — eine Revue über die Mode aller
mach, um den rauchenden Nebenbuhler zu stellen,
nd der Komponist hat es verstanden, die
Zeiten gewählt, und wenn dieser Vorwurf in der
faßt Susanne etwas unzart an — und verbrennt sich
ch nachdrücklicher zu gestalten. Was die
Durchführung auch zuweilen in den Hintergrund
die Finger an der Zigarette, die die erschreckte Gräfin
hnänyis ver allem auszeichnet, ist nicht nur
tritt, kann man ihn doch gelten lassen. Weit wesent¬
hinter dem Rücken verborgen hat. Der Schluß Ver¬
kende Originalität, sondern auch der Reich¬
licher als die Idee, die dem Werke eine gewisse Ein¬
söhnung, ein Rauchduett und ein in seiner diskreten
die Plastik der Mittel des Ausdruckes, die
Pikanterie allerliebster Abgang. Ebenso anspruchslos
heitlichkeit leiht, ist aber der Umstand, daß Noväk
natische Moment äußerst prägnant und wir¬
verstanden hat, der Musik Rubinsteins szenische Bilder
und liebenswürdig wie dieses Sujet, gibt sich die
von harmonischester Stimmung und Handlung anzu¬
Musik: Kein Machtausgebot orchestraler und stimm¬
zu unterstreichen, jede Stimmung — und
wie schon bemerkt, ungemein zarte Stim¬
passen, so daß zwischen Orchester und Bühne ein
licher Mittel, sondern durchwegs ein zarter Lyrismus,
wirkungsvoller Kontakt besteht. So bringt die Hand¬
n manchen Szenen — in entzückenden,
eine weiche, aber ausdrucksvolle Art, zu charakteri¬
lung ein farbenprächtiges, lebendiges „Kleinrussisches
hen Weisen zu malen und auszuschöpfen
sieren und zu pointieren. Alles in allem eine aller¬
liebste Miniaturoper.
Hochzeitsfest“ dann die Bilder „Daphnis und Chloé“,
Die Novität hat denn auch sowohl im
„Nero“, „Die Krönung Ferdinands I.“, „Aus der
Um die Revue über die Neuheiten unserer Opern¬
wie im böhmischen Landestheater einen sehr
bühnen zu beschließen, sei nur noch eines Balletts
Rokoko=Zeit“ „Sport“ und eine prächtige Apotheose.
rfolg errungen und dem Komponisten hier
unbestrittene Würdigung eingetragen.
gedacht, das unter dem Titel: „Pani Moda“
So ergiebig also die Opernsaison bereits in ihren
(„Frau Mode“) im böhmischen Landes¬
eite Novität, Wolf=Ferraris Inter¬
ersten Anfängen war, so wenig hat bisher das
stheater in den letzten Wochen der verflossenen
Schauspiel an bemerkenswerteren Neuheiten gebracht.
usannens Geheimnis“, hat beson¬
ihre Liebenswürdigkeit für sich eingenom¬
Spielzeit zur Uraufführung gelungt ist und sich bis Wur das deutsche Landestheater vermittelte uns die
##t mit einem Stücke das registriert wer¬
s vornehme Milien eines gräflichen Hauses! heute mit Erfolg auf dem Repertoire behauptet hat.! B.