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S
21. Kont# Mizz1oder-der-Faniientag
Emistlania, Geuf, Kopen¬
Sendch, Madrid, Matand, Minneapolis, New Vork,
29 Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Queilenangabe ohne Gewähr.)
—
Han
Nachrichte.
i Ausschnitt aus:
Hamburg
vom:
Kleines Feuilleton.
8 1
0 Hamburg, don 8. Januar.
NO
Bteines Feuilicton.
H. [Wiener Theater.] Vor mehreren Wochen hätte es in
der Wiener Öffentlichkeit fast einen kleinen Skandal gegeben, aber
0
5#
Hamburg, den 8. Januar.
nur fast. Man ist in Wien darauf bedacht, der Allgemeinheit kein
Argernis zu bereiten, mehr wie in Berlin; und darum meinte man
H. [Wiener Theater.] Vor mehreren Wochen hätte es in
auch zur Zeit Eulenburgs: „So etwas wäre bei uns nicht möglich.“
der Wiener Öffentlichkeit fast einen kleinen Skandal gegeben, aber
Eine Ronacherkokotte, Tochter eines Conte von Vatikans Gnaden,
nur fast. Man ist in Wien darauf bedacht, der Allgemeinheit kein
daher Contesse Mizzi genannt, hatte sich im Donaukanal ertränkt
Argernis zu bereiten, mehr wie in Berlin; und darum meinte man
angesichts des Polizeigebäudes, hinter dessen Mauern ihr armer
auch zur Zeit Eulenburgs: „So etwas wäre bei uns nicht möglich.“
Vater einer langen Freiheitsstrafe entgegensah, der nach beider
Eine Ronacherkokotte, Tochter eines Conte von Vatikans Gnaden,
Ansicht nur ihr Bestes im Auge gehabt hatte, als er darauf bedacht
daher Contesse Mizzi genannt, hatte sich im Donaukanal ertränkt
war, ihr die Gesellschaft vornehmer junger Herren zu gönnen. Der
angesichts des Polizeigebäudes, hinter dessen Mauern ihr armer
vatikanische Graf nannte dieses Verfahren harmlose Unterhaltung
Vater einer langen Freiheitsstrafe entgegensah, der nach beider
mit Freunden, die Polizei Kuppelei; und da die Ansicht der Polizei
Ansicht nur ihr Bestes im Auge gehabt hatte, als er darauf bedacht
endlich — es handelte sich um ein jahrelanges Treiben — durch¬
war, ihr die Gesellschaft vornehmer junger Herren zu gönnen. Der
drang, kann jetzt Erlaucht darüber nachdenken, ob diese Art, seine
vatikanische Graf nannte dieses Verfahren harmlose Unterhaltung
Tachter in die Welt einzuführen, die richtige war. — Burckhardt hat
mit Freunden, die Polizei Kuppelei; und da die Ansicht der Polizei
jüngst der Bühne ebenfalls eine Komtesse, diesmal eine wirkliche,
endlich — es handelte sich um ein jahrelanges Treiben — durch¬
verehrt, die ohne väterliche Beihilfe derselben Ansicht über die Be¬
drang, kann jetzt Erlaucht darüber nachdenken, ob diese Art, seine
deutung eines Freundeskreises huldigte; und nun kommt auch
Tochter in die Welt einzuführen, die richtige war. — Burckhardt hat
Arthur Schnitzler mit einer „Komtesse Mizzi“, einer ein¬
jüngst der Bühne ebenfalls eine Komtesse, diesmal eine wirkliche,
aktigen Komobe##die, als „Ostergeschichte“ in einer Wiener Zeitung
verehrt, die ohne väterliche Beihilfe derselben Ansicht über die Be¬
erschienen, nunmehr im Deutschen Volkstheater zur Auf¬
deutung eines Freundeskreises huldigte; und nun kommt auch
führung gelangte. Die wurmstichigen Komtessen liegen scheinbar
Arthur Schnitzler mit einer „Komtesse Mizzi“, einer ein¬
in der Luft; sie gehen, sagt der Kaufmann. Der Librettist wird
aktigen Komödie, die, als „Östergeschichte“ in einer Wiener Zeitung
sich des dankbaren Stoffes „nach einer bekannten Idee“ bald be¬
erschienen, nunmehr im Deutschen Volkstheater zur Auf¬
machtigen. Schnitzler hat seiner Komtesse den Untertitel „Der
führung gelangte. Die wurmstichigen Komtessen liegen scheinbar
Familientag“ gegeben, bei dem es sich um die Fixierung geordneter
in der Luft; sie gehen, sagt der Kaufmann. Der Librettist wird
ehelicher Zustände an Stelle einiger Illegitimitäten handelt, die die
sich des dankbaren Stoffes „nach einer bekannten Idee“ bald be¬
alles glättende Zeit sozusagen von selber heischt. Ein Graf ver¬
mächtigen. Schnitzler hat seiner Komtesse den Untertitel „Der
heiratet seine Geliebte, ein Fürst führt seinen Sohn vor, der die
Familientag“ gegeben, bei dem es sich um die Fixierung geordneter
Tochter des Grafen, jene Komtesse, zur Mutter hat; nachdem der
ehelicher Zustände an Stelle einiger Illegitimitäten handelt, die die
Bub sich bewährt hat, haben die Eltern nichts mehr gegen ihre Ver¬
alles glättende Zeit sozusagen von selber heischt. Ein Graf ver¬
heiratung, zumal da Mutter Komtesse ihren Malprofessor mit
heiratet seine Geliebte, ein Fürst führt seinen Sohn vor, der die
einem freundlichen Gruß an Frau und Kinder entlassen hat. Das
Tochter des Grafen, jene Komtesse, zur Mutter hat; nachdem der
alles wird mit einer Ruhe und in einem Ton abgehandelt, als wenn
Bub sich bewährt hat, haben die Eltern nichts mehr gegen ihre Ver¬
es sich um das Wetter oder die nächste Badereise handelte. Diese
heiratung, zumal da Mutter Komtesse ihren Malprofessor mit
völlige Ausdruckslosigkeit ist weder komödienhaft noch satirisch. Die
einem freundlichen Gruß an Frau und Kinder entlassen hat. Das¬
Schnitzlersche Erotik der Verhüllung, der psychologischen Erkundung,
alles wird mit einer Ruhe und in einem Ton abgehandelt, als wenn
die seinem Schaffen einen literarhistorischen Wert als Zeichen der
es sich um das Wetter oder die nächste Badereise handelte. Diese
Zeit gibt, ist beiseite gelassen; einen Moment stand sie auf der
völlige Ausdruckslosigkeit ist weder komödienhaft noch satirisch. Die
Kippe, dann überschlug sie sich und fiel ins Gemeine, Alltägliche.
Schnitzlersche Erotik der Verhüllung, der psychologischen Erkundung,
Von Schnitzler verlangt man mehr als die Anpassung an Vorbilder
die seinem Schaffen einen literarhistorischen Wert als Zeichen der
des Kabaretts. Seine „Liebelei“, die den Abend einleitete, blies der
Zeit gibt, ist beiseite gelassen; einen Moment stand sie auf der
„Komtesse“ so recht das Lebenslicht aus, rührend und ergreifend,
Kippe, dann überschlug sie sich und fiel ins Gemeine, Alltägliche.
die Tragikomödie der ersten Liebe und der gewohnheitsmäßigen
Von Schnitzler verlangt man mehr als die Anpassung an Vorbilder
Tändelei in ihrem Berührungspunkt, der zur Katastrophe führen
des Kabaretts. Seine „Liebelei“ die den Abend einleitete, blies der
muß. Die Darstellung war außerordentlich fein, ein künstlerischer
„Komtesse“ so recht das Lebenslicht aus, rührend und ergreifend,
Genuß. Kramer und Edthofer die jungen Leute, Fräulein Hanne¬
die Tragikomödie der ersten Liebe und der gewohnheitsmäßigen
mann und Waldow, die Mädeln, gaben Bedeutendes. Elsa
Tändelei in ihrem Berührungspunkt, der zur Katastrophe führen
Galafres als Komtesse Mizzi gab ihre Rolle mit jener gleichgültigen
muß. Die Darstellung war außerordentlich fein, ein künstlerischer
Nonchalance, der das Gefühl des eigenen Unwertes klar geworden.
Genuß. Kramer und Edthofer, die jungen Leute, Fräulein Hanne¬
So nur konnte die Figur erträglich wirken. Der Beifall nach der
mann und Waldow, die Mädeln, gaben Bedeutendes. Elsa
„Liebelei“ war sehr stark, spontan wie bei einer durchschlagenden
Galafrés als Komtesse Mizzi gab ihre Rolle mit jener gleichgültigen
Premiere. Nach der „Komtesse Mizzi“ war das Interesse für die
Nonchalance, der das Gefühl des eigenen Unwertes klar geworden.
Garderoben größer.
So nur konnte die Figur erträglich wirken. Der Beifall nach der
„Liebelei“ war sehr stark, spontan wie bei einer durchschlagenden
Premiere. Nach der „Komtesse Mizzi“ war das Interesse für die
Garderoben größer.
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21. Kont# Mizz1oder-der-Faniientag
Emistlania, Geuf, Kopen¬
Sendch, Madrid, Matand, Minneapolis, New Vork,
29 Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Queilenangabe ohne Gewähr.)
—
Han
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i Ausschnitt aus:
Hamburg
vom:
Kleines Feuilleton.
8 1
0 Hamburg, don 8. Januar.
NO
Bteines Feuilicton.
H. [Wiener Theater.] Vor mehreren Wochen hätte es in
der Wiener Öffentlichkeit fast einen kleinen Skandal gegeben, aber
0
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Hamburg, den 8. Januar.
nur fast. Man ist in Wien darauf bedacht, der Allgemeinheit kein
Argernis zu bereiten, mehr wie in Berlin; und darum meinte man
H. [Wiener Theater.] Vor mehreren Wochen hätte es in
auch zur Zeit Eulenburgs: „So etwas wäre bei uns nicht möglich.“
der Wiener Öffentlichkeit fast einen kleinen Skandal gegeben, aber
Eine Ronacherkokotte, Tochter eines Conte von Vatikans Gnaden,
nur fast. Man ist in Wien darauf bedacht, der Allgemeinheit kein
daher Contesse Mizzi genannt, hatte sich im Donaukanal ertränkt
Argernis zu bereiten, mehr wie in Berlin; und darum meinte man
angesichts des Polizeigebäudes, hinter dessen Mauern ihr armer
auch zur Zeit Eulenburgs: „So etwas wäre bei uns nicht möglich.“
Vater einer langen Freiheitsstrafe entgegensah, der nach beider
Eine Ronacherkokotte, Tochter eines Conte von Vatikans Gnaden,
Ansicht nur ihr Bestes im Auge gehabt hatte, als er darauf bedacht
daher Contesse Mizzi genannt, hatte sich im Donaukanal ertränkt
war, ihr die Gesellschaft vornehmer junger Herren zu gönnen. Der
angesichts des Polizeigebäudes, hinter dessen Mauern ihr armer
vatikanische Graf nannte dieses Verfahren harmlose Unterhaltung
Vater einer langen Freiheitsstrafe entgegensah, der nach beider
mit Freunden, die Polizei Kuppelei; und da die Ansicht der Polizei
Ansicht nur ihr Bestes im Auge gehabt hatte, als er darauf bedacht
endlich — es handelte sich um ein jahrelanges Treiben — durch¬
war, ihr die Gesellschaft vornehmer junger Herren zu gönnen. Der
drang, kann jetzt Erlaucht darüber nachdenken, ob diese Art, seine
vatikanische Graf nannte dieses Verfahren harmlose Unterhaltung
Tachter in die Welt einzuführen, die richtige war. — Burckhardt hat
mit Freunden, die Polizei Kuppelei; und da die Ansicht der Polizei
jüngst der Bühne ebenfalls eine Komtesse, diesmal eine wirkliche,
endlich — es handelte sich um ein jahrelanges Treiben — durch¬
verehrt, die ohne väterliche Beihilfe derselben Ansicht über die Be¬
drang, kann jetzt Erlaucht darüber nachdenken, ob diese Art, seine
deutung eines Freundeskreises huldigte; und nun kommt auch
Tochter in die Welt einzuführen, die richtige war. — Burckhardt hat
Arthur Schnitzler mit einer „Komtesse Mizzi“, einer ein¬
jüngst der Bühne ebenfalls eine Komtesse, diesmal eine wirkliche,
aktigen Komobe##die, als „Ostergeschichte“ in einer Wiener Zeitung
verehrt, die ohne väterliche Beihilfe derselben Ansicht über die Be¬
erschienen, nunmehr im Deutschen Volkstheater zur Auf¬
deutung eines Freundeskreises huldigte; und nun kommt auch
führung gelangte. Die wurmstichigen Komtessen liegen scheinbar
Arthur Schnitzler mit einer „Komtesse Mizzi“, einer ein¬
in der Luft; sie gehen, sagt der Kaufmann. Der Librettist wird
aktigen Komödie, die, als „Östergeschichte“ in einer Wiener Zeitung
sich des dankbaren Stoffes „nach einer bekannten Idee“ bald be¬
erschienen, nunmehr im Deutschen Volkstheater zur Auf¬
machtigen. Schnitzler hat seiner Komtesse den Untertitel „Der
führung gelangte. Die wurmstichigen Komtessen liegen scheinbar
Familientag“ gegeben, bei dem es sich um die Fixierung geordneter
in der Luft; sie gehen, sagt der Kaufmann. Der Librettist wird
ehelicher Zustände an Stelle einiger Illegitimitäten handelt, die die
sich des dankbaren Stoffes „nach einer bekannten Idee“ bald be¬
alles glättende Zeit sozusagen von selber heischt. Ein Graf ver¬
mächtigen. Schnitzler hat seiner Komtesse den Untertitel „Der
heiratet seine Geliebte, ein Fürst führt seinen Sohn vor, der die
Familientag“ gegeben, bei dem es sich um die Fixierung geordneter
Tochter des Grafen, jene Komtesse, zur Mutter hat; nachdem der
ehelicher Zustände an Stelle einiger Illegitimitäten handelt, die die
Bub sich bewährt hat, haben die Eltern nichts mehr gegen ihre Ver¬
alles glättende Zeit sozusagen von selber heischt. Ein Graf ver¬
heiratung, zumal da Mutter Komtesse ihren Malprofessor mit
heiratet seine Geliebte, ein Fürst führt seinen Sohn vor, der die
einem freundlichen Gruß an Frau und Kinder entlassen hat. Das
Tochter des Grafen, jene Komtesse, zur Mutter hat; nachdem der
alles wird mit einer Ruhe und in einem Ton abgehandelt, als wenn
Bub sich bewährt hat, haben die Eltern nichts mehr gegen ihre Ver¬
es sich um das Wetter oder die nächste Badereise handelte. Diese
heiratung, zumal da Mutter Komtesse ihren Malprofessor mit
völlige Ausdruckslosigkeit ist weder komödienhaft noch satirisch. Die
einem freundlichen Gruß an Frau und Kinder entlassen hat. Das¬
Schnitzlersche Erotik der Verhüllung, der psychologischen Erkundung,
alles wird mit einer Ruhe und in einem Ton abgehandelt, als wenn
die seinem Schaffen einen literarhistorischen Wert als Zeichen der
es sich um das Wetter oder die nächste Badereise handelte. Diese
Zeit gibt, ist beiseite gelassen; einen Moment stand sie auf der
völlige Ausdruckslosigkeit ist weder komödienhaft noch satirisch. Die
Kippe, dann überschlug sie sich und fiel ins Gemeine, Alltägliche.
Schnitzlersche Erotik der Verhüllung, der psychologischen Erkundung,
Von Schnitzler verlangt man mehr als die Anpassung an Vorbilder
die seinem Schaffen einen literarhistorischen Wert als Zeichen der
des Kabaretts. Seine „Liebelei“, die den Abend einleitete, blies der
Zeit gibt, ist beiseite gelassen; einen Moment stand sie auf der
„Komtesse“ so recht das Lebenslicht aus, rührend und ergreifend,
Kippe, dann überschlug sie sich und fiel ins Gemeine, Alltägliche.
die Tragikomödie der ersten Liebe und der gewohnheitsmäßigen
Von Schnitzler verlangt man mehr als die Anpassung an Vorbilder
Tändelei in ihrem Berührungspunkt, der zur Katastrophe führen
des Kabaretts. Seine „Liebelei“ die den Abend einleitete, blies der
muß. Die Darstellung war außerordentlich fein, ein künstlerischer
„Komtesse“ so recht das Lebenslicht aus, rührend und ergreifend,
Genuß. Kramer und Edthofer die jungen Leute, Fräulein Hanne¬
die Tragikomödie der ersten Liebe und der gewohnheitsmäßigen
mann und Waldow, die Mädeln, gaben Bedeutendes. Elsa
Tändelei in ihrem Berührungspunkt, der zur Katastrophe führen
Galafres als Komtesse Mizzi gab ihre Rolle mit jener gleichgültigen
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Nonchalance, der das Gefühl des eigenen Unwertes klar geworden.
Genuß. Kramer und Edthofer, die jungen Leute, Fräulein Hanne¬
So nur konnte die Figur erträglich wirken. Der Beifall nach der
mann und Waldow, die Mädeln, gaben Bedeutendes. Elsa
„Liebelei“ war sehr stark, spontan wie bei einer durchschlagenden
Galafrés als Komtesse Mizzi gab ihre Rolle mit jener gleichgültigen
Premiere. Nach der „Komtesse Mizzi“ war das Interesse für die
Nonchalance, der das Gefühl des eigenen Unwertes klar geworden.
Garderoben größer.
So nur konnte die Figur erträglich wirken. Der Beifall nach der
„Liebelei“ war sehr stark, spontan wie bei einer durchschlagenden
Premiere. Nach der „Komtesse Mizzi“ war das Interesse für die
Garderoben größer.