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20. Zuischensniel
in einer Reihe wichtiger Industrien aumählich ause“, geweien, sie hatte außer ihm noch die Kirche, der
Liberalismus hatte nur den Staat. Die Kirche aber reate
Dann fügte er hinzu: Wenn es je
geschaltet, die Wohlfahrtseinrichtungen gemehrt hatte.
Infallen sollte, sich in das väterliche Ver¬
man manchmal seine eigenen Einfälle anfangs mi߬
wohl gewesen sein — denn „Klein Dorrit“ soll an
versteht.“ Die „verborgene Traurigkeit des Themas“
gtheaterpreinieren.
einem und demselben Tage seine vierzig Premieren
war ihm zunächst völlig entgangen. Nun hat
Von
gehabt haben. Es gibt gewisse Rechenexempel von
er sie erkannt und wird daher den Satz „Capriccio
solch durchschlagender Wirkung, daß keine Asthetik
Franz Servacs.
doloroso“ nennen.
ihnen standhalten kann.
Solch ein „Capriccio doloroso“ ist auch Artur
Immerhin bin ich nicht ganz ohne ästhetische Be¬
it“. Lustspiel in drei Akten nach Dickens
Schnitzlers Drama „Zwischenspiel“. Jedoch verhält
lehrung aus „Klein Dorrit“ nach Hause gegangen.
n Franz von Schönthan.
es sich hier vielleicht umgekehrt wie mit dem
Ein genialer Mann, dessen Name auf dem Theater¬
Symphoniesatz des Kapellmeisters Adams. Was als
kleines Wesen, das als Beglückerin
zettel leider verschwiegen wird, hat mich von einem
sentimentalisches Ehe= und Liebesspiel konzipiert
fängnisräume huscht — verheißt uns
quälenden Vorurteil befreit. Ich hatte bis jetzt ge¬
war, enthüllte plötzlich seine verborgene Possenhaftig¬
n Strahl wie von Poesie? O ja, man
wähnt, daß unsere Urgroßeltern, die wir so von oben
keit. Und so geht eine Untermelodie von
orrit“ von Charles Dickens, und man
herab als „Biedermeier“ belächeln, blutwenig Eleganz
kichernder Selbstverspottung durch diese dramatische
on dieser Poesie. Gewiß, sie ist alt¬
besessen hätten. Und nun erscheinen plötzlich im
Aufrollung eines recht unerquicklichen und nicht
lisch und rührsam und ahnt die Marlitt
Burgtheater lange Biedermeierschoßröcke und hoch¬
zum guten Ende geleiteten Ehekonfliktes.
in allerhand Absichtlichem steckt doch
kragige Biedermeierfräcke, beide bunt natürlich und
Es gibt nichts „Moderneres“ als solch ein Stück
Körnchen Echtheit. Dieses Körnchen
mit goldenen Knöpfen, und die waren so vorzüglich
mit doppeltem Stimmungsboden. Bei Shaw, bei
wohlvergraben, daß auch Herr von
im Schnitt, daß ich mich den ganzen Abend daran
Frank Wedekind, auch schon bei Oskar Wilde sind
ser deutsche Lustspielbearbeiter, es mit
ergötzte, diese Schneiderheldentaten durch den Opern¬
mir Komplexionen dieser Art begegnet, und man
ben können. Es schimmert hin und
gucker zu bewundern. So etwas Tadelloses habe
braucht eigentlich bloß an die wieder so beliebt ge¬
die Lumpen, die er darum gewickelt hat.
ich lange nicht mehr gesehen. Und den Namen des
wordene Figur des lachhaft-jammervollen Pierrot
in den zwei ersten Akten. Als er sich
Mannes, der dieses geleistet hat, unterschlägt man
zu erinnern, um diese Hinneigung der modernen
von Dickens emanzipiert, schimmern
unserer forschenden Wißbegier? Es gibt keine Ge¬
Psyche an einem frappanten Beispiel zu erkennen.
Lumpen bloß noch Strohwische. Natür¬
rechtigkeit mehr auf Erden!
Wir haben so lange unsere Gefühlszustände zer¬
letzte Akt ganz besonders gefallen.
gliedert, bis wir aufgehört haben, daran zu glauben.
errn v. Schönthan nicht damit ärgern,
II.
Zumindest haben wir unserer Seele damit eine solche
mit gelehrter Miene auseinandersetze,
„Zwischenspiel“. Komödie in drei Akten von
Schnellkraft gegeben, daß es ihr keine Schwierigkeit
n, aus einem Roman ein Drama zurecht¬
Artur Schnitzler.
macht, von einem Extrem ins andere zu eilen. Der
Er würde mich einfach auslachen, und
Der Kapellmeister Amadeus Adams hat in seine
bekannte kleine Schritt vom Erhabenen zum Lächer¬
Natürlich ist es verboten! Und ebenso
neue Symphonie ein Zwischenspiel eingerückt, dem
lichen wird von ihr als Tanzschritt eingeübt und
daß man sich nicht daran kehrt, wenn
er anfangs gesonnen war, den Titel „Capticcio“ zu
mit allerhand schmerzlichen Koketterien verziert. Jetzt
n Roman eine glückliche Lustspielidee zu
Glücklich muß diese Idee aber doch geben. Dazu bemerkt er nun: „Es ist seltsam, wie
20. Zuischensniel
in einer Reihe wichtiger Industrien aumählich ause“, geweien, sie hatte außer ihm noch die Kirche, der
Liberalismus hatte nur den Staat. Die Kirche aber reate
Dann fügte er hinzu: Wenn es je
geschaltet, die Wohlfahrtseinrichtungen gemehrt hatte.
Infallen sollte, sich in das väterliche Ver¬
man manchmal seine eigenen Einfälle anfangs mi߬
wohl gewesen sein — denn „Klein Dorrit“ soll an
versteht.“ Die „verborgene Traurigkeit des Themas“
gtheaterpreinieren.
einem und demselben Tage seine vierzig Premieren
war ihm zunächst völlig entgangen. Nun hat
Von
gehabt haben. Es gibt gewisse Rechenexempel von
er sie erkannt und wird daher den Satz „Capriccio
solch durchschlagender Wirkung, daß keine Asthetik
Franz Servacs.
doloroso“ nennen.
ihnen standhalten kann.
Solch ein „Capriccio doloroso“ ist auch Artur
Immerhin bin ich nicht ganz ohne ästhetische Be¬
it“. Lustspiel in drei Akten nach Dickens
Schnitzlers Drama „Zwischenspiel“. Jedoch verhält
lehrung aus „Klein Dorrit“ nach Hause gegangen.
n Franz von Schönthan.
es sich hier vielleicht umgekehrt wie mit dem
Ein genialer Mann, dessen Name auf dem Theater¬
Symphoniesatz des Kapellmeisters Adams. Was als
kleines Wesen, das als Beglückerin
zettel leider verschwiegen wird, hat mich von einem
sentimentalisches Ehe= und Liebesspiel konzipiert
fängnisräume huscht — verheißt uns
quälenden Vorurteil befreit. Ich hatte bis jetzt ge¬
war, enthüllte plötzlich seine verborgene Possenhaftig¬
n Strahl wie von Poesie? O ja, man
wähnt, daß unsere Urgroßeltern, die wir so von oben
keit. Und so geht eine Untermelodie von
orrit“ von Charles Dickens, und man
herab als „Biedermeier“ belächeln, blutwenig Eleganz
kichernder Selbstverspottung durch diese dramatische
on dieser Poesie. Gewiß, sie ist alt¬
besessen hätten. Und nun erscheinen plötzlich im
Aufrollung eines recht unerquicklichen und nicht
lisch und rührsam und ahnt die Marlitt
Burgtheater lange Biedermeierschoßröcke und hoch¬
zum guten Ende geleiteten Ehekonfliktes.
in allerhand Absichtlichem steckt doch
kragige Biedermeierfräcke, beide bunt natürlich und
Es gibt nichts „Moderneres“ als solch ein Stück
Körnchen Echtheit. Dieses Körnchen
mit goldenen Knöpfen, und die waren so vorzüglich
mit doppeltem Stimmungsboden. Bei Shaw, bei
wohlvergraben, daß auch Herr von
im Schnitt, daß ich mich den ganzen Abend daran
Frank Wedekind, auch schon bei Oskar Wilde sind
ser deutsche Lustspielbearbeiter, es mit
ergötzte, diese Schneiderheldentaten durch den Opern¬
mir Komplexionen dieser Art begegnet, und man
ben können. Es schimmert hin und
gucker zu bewundern. So etwas Tadelloses habe
braucht eigentlich bloß an die wieder so beliebt ge¬
die Lumpen, die er darum gewickelt hat.
ich lange nicht mehr gesehen. Und den Namen des
wordene Figur des lachhaft-jammervollen Pierrot
in den zwei ersten Akten. Als er sich
Mannes, der dieses geleistet hat, unterschlägt man
zu erinnern, um diese Hinneigung der modernen
von Dickens emanzipiert, schimmern
unserer forschenden Wißbegier? Es gibt keine Ge¬
Psyche an einem frappanten Beispiel zu erkennen.
Lumpen bloß noch Strohwische. Natür¬
rechtigkeit mehr auf Erden!
Wir haben so lange unsere Gefühlszustände zer¬
letzte Akt ganz besonders gefallen.
gliedert, bis wir aufgehört haben, daran zu glauben.
errn v. Schönthan nicht damit ärgern,
II.
Zumindest haben wir unserer Seele damit eine solche
mit gelehrter Miene auseinandersetze,
„Zwischenspiel“. Komödie in drei Akten von
Schnellkraft gegeben, daß es ihr keine Schwierigkeit
n, aus einem Roman ein Drama zurecht¬
Artur Schnitzler.
macht, von einem Extrem ins andere zu eilen. Der
Er würde mich einfach auslachen, und
Der Kapellmeister Amadeus Adams hat in seine
bekannte kleine Schritt vom Erhabenen zum Lächer¬
Natürlich ist es verboten! Und ebenso
neue Symphonie ein Zwischenspiel eingerückt, dem
lichen wird von ihr als Tanzschritt eingeübt und
daß man sich nicht daran kehrt, wenn
er anfangs gesonnen war, den Titel „Capticcio“ zu
mit allerhand schmerzlichen Koketterien verziert. Jetzt
n Roman eine glückliche Lustspielidee zu
Glücklich muß diese Idee aber doch geben. Dazu bemerkt er nun: „Es ist seltsam, wie