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17.3. Zun grossen Bürstel
die Fahne ihres Regiments, das ihr den Namen] Etablissements; die unangenehme Konkurrenz
des Vollblutdramatikers Sudermann verflüchtigt
„Mamzell Courasche“ gegeben hat. Ihr Erwähl¬
sich zum Räsoneur eines Wurstlspiels, der aller¬
##ter. ein italienischer Fechtmeister, läßt sich, ver¬
dings die bekannten Züge des Vernichters der
lockt durch Geldgier, in eine Wette ein, die
Kritik trägt. Aber plötzlich streiken die Mario¬
sonderbar genug ist: er muß „Mamzell
tcian.
netten. Die Gestalten des Dichters beginnen
Courasche“ durchprügeln. Das Siegfried=Brun¬
u.
ein selbstherrliches Leben. „Wer schützt mich vor
bilde=Motiv in neuester Variation. Nur daß es
dreißig¬
den eigenen Spukgestalten?“ ruft der Dichter
Oskar
diesmal mit dem Tode des schon vor der Hoch¬
verzweifelt aus.
leske in
zeit tausendfach gehörnten Siegfried endet. Doch
Die Menschen als Marionetten zu betrachten,
führung
nicht im Inhalt liegt der große Reiz dieses Ein¬
ist eine der Lieblingsideen Schnitzlers, der er ja
akters. Er ist witzig, lebendig, packend, male¬
wiederholt (zum Beispiel im „Puppenspieler")
risch gesehen und beweist, daß Erich Korn ein
hätte
Ausdruck gegeben hat. Das ganze Theater mit
Dichter ist, der uns noch mancherlei zu sagen
hmecker
allem, was drum und dran hängt, ist es mehr als
haben wird. Gespielt wird das Lagerbild ganz
einem
eine Wurstkomödie, wie sie im Prater den jauch¬
ausgezeichnet. Horst Bulß, der schlaue, hei߬
re von
zenden Kindern vorgeführt wird? Eine Auflösung
blütige Italiener, Nerz und Kneidinger
umung
„
als Offiziere, Dumont als General sind ganz der Rätsel der Burleske ergibt sich aus der ge¬
ist eine
druckten Ausgabe, die in unserer „Öster=Zeit“
vorzüglich. Angela Helm in der Titelrolle fügt
aß vor
(23. April 1905) zuerst veröffentlicht wurde.
sich harmonisch in das treffliche Zusammenspiel.
nfangs
Dort erscheinen auch der Graf von Charolais
Viel glücklicher als Lucian war schon Herr
in im
(Beer=Hofmann) und der Meister (Hermann
Erich Korn, dessen Ein= und Zweidentig¬
ent zu
Bahr) unter den Besuchern des Wurstlspieles.
keiten verständnisvoll belacht wurden. Allerdings
r, und
Und der Meister, der Freund des Dichters, zupft
regte sich dann das bessere moralische Gewissen
e Dar¬
ihn am Ohr und spricht nur ein Wort:
und strafte den Autor, der schon fünfmal ohne
lte auch
„Wurstl.“ Diese Szene ist bei der Aufführung
Widerspruch gerufen wurde, mit Zeichen der
ehe tun
entfallen. Würde auch von den wenigsten ver¬
Mißgunst, so daß der blasse, verschüchterte Dichter
fy, die
standen werden. Alles Theater, alles dramatische
nicht mehr erscheinen wollte.
singer
Gestalten ist doch nur ein Wurstlspiel.
Weitaus die größte Sensation dieser Fest¬
lin mit
Die Burleske ist von großer Bühnenwirksam¬
tafel für künstlerische Gourmands war jedoch
retten.
keit und übertrifft noch die köstliche Satire
Artur Schnitzlers Burleske „Zum großen
slenweise
„Literatur“ aus den „Lebendigen Stunden“
„Ich werde jetzt nachdenken müssen“
Wurstl“.
Unter¬
an komischer Wirkung. Die Regie war vor¬
sagte eine Dame, als sie das Theater verließ.
tenbahn
züglich und hat die schwierige Aufgabe ziemlich
Das ist fatal — aber leider die Wahrheit. Wer
findung
glücklich gelöst. Die Darstellung wurde dem
den „Großen Wurstl“ genießen will, wird nach¬
parodistischen Ton bis auf. einige kleine Aus¬
denken müssen. „Zum großen Wurstl“ gehört zu
dem
n.
nahmen so ziemlich gerecht. Besonders Sekler
den tollsten, übermütigsten, originellsten Werken
als Dichter, Hofer als Direktor, Straßni
der jüngsten Zeit. Aber auch zu den geistreichsten,
chtmahl“
als „düsterer Kanzelist“, Hauser als der Bissige
sprühendsten, überraschendsten. Was hat da
ermittelt
waren von drastischer Wirkung. Prachtvoll in
Schnitzler nicht im „Abreagieren“ geleistet! Alle
korn hat
Erscheinung, Sprache und Spiel war Jarno,
Widerwärtigkeiten des Theaters lösen sich in
das
s,
das kritische Gewissen der Komödie, das mit
Humor auf. Der Direktor, der den armen Autor
uhalten.
einem Schwertstreich die Fäden durchschneidet, so
peinigt, ihm die besten Szenen streicht, die
jährigen
daß die Marionetten leblos zu Boden fallen.
schlechten zu viel hervorhebt, wird zum Ausrufer
Die eben
Aber auch die Schnitzlersche Burleske fand
einer Praterbude; der Kritiker und das kriti¬
tändigen
gen wie sierende Publikum zu Besuchern eines solchen nicht immer die erwartete Resonanz, die man,
gerade bei diesem Publikum erwartet hatte.
ehrlicher, unbe¬
Immerhin war es ein großer,
strittener Erfolg. Jarno dankte für den Autor,
der „beim besten Willen im ganzen Hause nicht
zu finden war“. Auch Lucian war nicht zu
finden. Selbst sein Geist war dem Publikum
nicht erschienen. Dafür aber erschien auf der
Galerie ein Wachmann, der die Zisch= und
Klopfgeister, denen „Mamzell Courasche“ nicht
gefallen hatte, aus dem Theater an die Luft
setzte. Allerdings nachdem ihnen das Geld für
die Karten rückerstattet worden. Es geschah dies
im Auftrag Jarnos, der nur Zeichen des
Beifalls huldvollst gestattet hatte. Der Direktor
des Schnitzlerschen Wurstlspieles war früher,
nach dem Ausspruch des „Bissigen“, Hutschen¬
schleuderer gewesen. Für künftige Satiriker
bleiben noch Variationen möglich.
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17.3. Zun grossen Bürstel
die Fahne ihres Regiments, das ihr den Namen] Etablissements; die unangenehme Konkurrenz
des Vollblutdramatikers Sudermann verflüchtigt
„Mamzell Courasche“ gegeben hat. Ihr Erwähl¬
sich zum Räsoneur eines Wurstlspiels, der aller¬
##ter. ein italienischer Fechtmeister, läßt sich, ver¬
dings die bekannten Züge des Vernichters der
lockt durch Geldgier, in eine Wette ein, die
Kritik trägt. Aber plötzlich streiken die Mario¬
sonderbar genug ist: er muß „Mamzell
tcian.
netten. Die Gestalten des Dichters beginnen
Courasche“ durchprügeln. Das Siegfried=Brun¬
u.
ein selbstherrliches Leben. „Wer schützt mich vor
bilde=Motiv in neuester Variation. Nur daß es
dreißig¬
den eigenen Spukgestalten?“ ruft der Dichter
Oskar
diesmal mit dem Tode des schon vor der Hoch¬
verzweifelt aus.
leske in
zeit tausendfach gehörnten Siegfried endet. Doch
Die Menschen als Marionetten zu betrachten,
führung
nicht im Inhalt liegt der große Reiz dieses Ein¬
ist eine der Lieblingsideen Schnitzlers, der er ja
akters. Er ist witzig, lebendig, packend, male¬
wiederholt (zum Beispiel im „Puppenspieler")
risch gesehen und beweist, daß Erich Korn ein
hätte
Ausdruck gegeben hat. Das ganze Theater mit
Dichter ist, der uns noch mancherlei zu sagen
hmecker
allem, was drum und dran hängt, ist es mehr als
haben wird. Gespielt wird das Lagerbild ganz
einem
eine Wurstkomödie, wie sie im Prater den jauch¬
ausgezeichnet. Horst Bulß, der schlaue, hei߬
re von
zenden Kindern vorgeführt wird? Eine Auflösung
blütige Italiener, Nerz und Kneidinger
umung
„
als Offiziere, Dumont als General sind ganz der Rätsel der Burleske ergibt sich aus der ge¬
ist eine
druckten Ausgabe, die in unserer „Öster=Zeit“
vorzüglich. Angela Helm in der Titelrolle fügt
aß vor
(23. April 1905) zuerst veröffentlicht wurde.
sich harmonisch in das treffliche Zusammenspiel.
nfangs
Dort erscheinen auch der Graf von Charolais
Viel glücklicher als Lucian war schon Herr
in im
(Beer=Hofmann) und der Meister (Hermann
Erich Korn, dessen Ein= und Zweidentig¬
ent zu
Bahr) unter den Besuchern des Wurstlspieles.
keiten verständnisvoll belacht wurden. Allerdings
r, und
Und der Meister, der Freund des Dichters, zupft
regte sich dann das bessere moralische Gewissen
e Dar¬
ihn am Ohr und spricht nur ein Wort:
und strafte den Autor, der schon fünfmal ohne
lte auch
„Wurstl.“ Diese Szene ist bei der Aufführung
Widerspruch gerufen wurde, mit Zeichen der
ehe tun
entfallen. Würde auch von den wenigsten ver¬
Mißgunst, so daß der blasse, verschüchterte Dichter
fy, die
standen werden. Alles Theater, alles dramatische
nicht mehr erscheinen wollte.
singer
Gestalten ist doch nur ein Wurstlspiel.
Weitaus die größte Sensation dieser Fest¬
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Die Burleske ist von großer Bühnenwirksam¬
tafel für künstlerische Gourmands war jedoch
retten.
keit und übertrifft noch die köstliche Satire
Artur Schnitzlers Burleske „Zum großen
slenweise
„Literatur“ aus den „Lebendigen Stunden“
„Ich werde jetzt nachdenken müssen“
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an komischer Wirkung. Die Regie war vor¬
sagte eine Dame, als sie das Theater verließ.
tenbahn
züglich und hat die schwierige Aufgabe ziemlich
Das ist fatal — aber leider die Wahrheit. Wer
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glücklich gelöst. Die Darstellung wurde dem
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parodistischen Ton bis auf. einige kleine Aus¬
denken müssen. „Zum großen Wurstl“ gehört zu
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nahmen so ziemlich gerecht. Besonders Sekler
den tollsten, übermütigsten, originellsten Werken
als Dichter, Hofer als Direktor, Straßni
der jüngsten Zeit. Aber auch zu den geistreichsten,
chtmahl“
als „düsterer Kanzelist“, Hauser als der Bissige
sprühendsten, überraschendsten. Was hat da
ermittelt
waren von drastischer Wirkung. Prachtvoll in
Schnitzler nicht im „Abreagieren“ geleistet! Alle
korn hat
Erscheinung, Sprache und Spiel war Jarno,
Widerwärtigkeiten des Theaters lösen sich in
das
s,
das kritische Gewissen der Komödie, das mit
Humor auf. Der Direktor, der den armen Autor
uhalten.
einem Schwertstreich die Fäden durchschneidet, so
peinigt, ihm die besten Szenen streicht, die
jährigen
daß die Marionetten leblos zu Boden fallen.
schlechten zu viel hervorhebt, wird zum Ausrufer
Die eben
Aber auch die Schnitzlersche Burleske fand
einer Praterbude; der Kritiker und das kriti¬
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gen wie sierende Publikum zu Besuchern eines solchen nicht immer die erwartete Resonanz, die man,
gerade bei diesem Publikum erwartet hatte.
ehrlicher, unbe¬
Immerhin war es ein großer,
strittener Erfolg. Jarno dankte für den Autor,
der „beim besten Willen im ganzen Hause nicht
zu finden war“. Auch Lucian war nicht zu
finden. Selbst sein Geist war dem Publikum
nicht erschienen. Dafür aber erschien auf der
Galerie ein Wachmann, der die Zisch= und
Klopfgeister, denen „Mamzell Courasche“ nicht
gefallen hatte, aus dem Theater an die Luft
setzte. Allerdings nachdem ihnen das Geld für
die Karten rückerstattet worden. Es geschah dies
im Auftrag Jarnos, der nur Zeichen des
Beifalls huldvollst gestattet hatte. Der Direktor
des Schnitzlerschen Wurstlspieles war früher,
nach dem Ausspruch des „Bissigen“, Hutschen¬
schleuderer gewesen. Für künftige Satiriker
bleiben noch Variationen möglich.