17.3. Zun grossen Würstel
Telephon 12801.
955
„UDSEHVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus
ontags-Blatt (publ. Blätt.), alen
19 3. 1906
vom:
Lustspieltheater.
Drei Einakter von verschiedener Abstammung, aber jeder eigen¬
artiger Prägung bildeten ein Dreigespann. Der erste „Die Fahrt
über den Styx“ fordert schon Ehrfurcht vor seinem Alter. Paul
Lindau hat ein sehr verdienstvolles Werk geleistej, als er die
Satyren des Lucian aus dem Schutt des Vergessens hervorholte und
sie mit der modernen Pathetik durchglühte. Leider sind dem auf das
Sittenstück eingedrillten Schauspielerkorps des Lustspieltheaters die stili¬
sierten Geberden fremd und so kam die lustige Großmutter alter Satyre
um den verdienten Erfolg.
Das zweite Stück „Mamselle
Courasche“ schlug schon kräftiger ein. Der Autor, Erich Korn,
verfügt über bedeutendes dramatisches Geschick, kann auch# Dialog“
durch nur allzu gepfefferte Apergus beleben, vergißt aber, bei seiner
Detailmalerei an das Wesentliche, an die psychologische Vertiefung.
Das Dramolet besteht eigentlich aus zwei den einander gelöteten
Hälften, doch sind die Luftlöcher nicht so geschickt verstopft, daß sie
jeden fremden Luftzutritt versperren. Trotz dieser Schwäche gefiel das
Werkchen wegen seiner dramatischen Schlagkraft. Es fand auch eine
gute Darstellung; Fräulein Helm zeigte besonders in den leiden¬
schaftlichen Momenten großes Können und auch Herr Bulß charakte¬
risierte den heißblütigen. geidgierigen Italiener vortrefflich. Die Herren
Dumont, Nerz, Kneidinger und Valberg waren gleich¬
falls recht tüchtig. Ein herrliches Ueberbrettlied von Oskar Straus
wurde von Herrn Strauß überraschend gut vorgetragen. — Den
Abend beschloß eine geistreiche, mutige Selbstpersiflage Schnitzlers
„Zum großen Wurstl“ in der der Dichter allen dies
Geistes Gnaden leben, das ominöse „Besen, Besen, seids gewesen“ zu¬
ruft. Die Herren Jarno, Hofer und Straßni stachen aus der
übergroßen Reihe der Mitwirkenden durch ihren versönlichen ###
hervor.
box 22/9
Telephon 12801.
„OBSERVER‘
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concerdiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quallenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: REICHSPOST, WIEN
20 MlERz 1906
vom:
Greg
Haf
Lustspieltheater. Am letzten Sastag
wurden drei Einakter gegeben. Der erste, „Die
Fahrt über den Styx“, eine Satyre des
Griechen Lucian aus dem 2. Jahrhundert, von Paul
Lindau für die deutsche Bühne bearbeitet, zeigt, wie
Arm und Reich, Hoch und Nieder im Anblicke des
nahenden Todes ihre Rollen wechseln und wie das
im Leben genossene Glück dem einen den Tod so
furchtbar, die erlittene Entbehrung dem andern so
wünschenswert macht. Die Gegensätze verkörpern
ein Tyrann, der von seinen nächsten Angehörigen
durch Gift in den Hades befördert wurde, und ein
armer Schuster, der auf Erden Zeuge der Macht und
des Reichtums des Tyrannen, nun in der Unterwelt
auch Zeuge seiner Demütigung wird. Während die
Armen und Gerechten in die Gefilde der Seligen
eingehen, wird der Tyrann wegen seines lasterhaften
Lebens in den Tartarus gestoßen und ihm als
furchtbarste Strafe der Lethetrunk verweigert. Von
den Darstellern seien lobend hervorgehoben:
Joseffy (Parze Klotho), Ro¬
Josefine
bert Nalberg (Tyrann Megapenthes) und Emil
Guttmann (Schuster Myzillus). — Das zweite Stück
„Mamzel Courasche“ von Erich Korn ist eine
derbe Szene aus dem Lagerleben des dreißigjährigen
Krieges. Mamzel Courasche, die fast mit allen
Offizieren des Regimentes schon ihre Liebschafien
gehabt, heiratet schließlich einen italienischen Fecht¬
meister, um durch ihn die Ehre des Weibes wieder
zu gewinnen. Sie hat den ernstlichen Willen, ihm
ein treues, folgsames Weib zu werden. Der Fecht¬
meister wird jedoch noch am Hochzeitsabende von
den abgewiesenen Offizieren aus Rache gegen sein
Weib aufgehetzt, mit solchem Erfolge, daß er schlie߬
lich mit ihnen wettet, er werde vor ihren Augen
noch in derselben Nacht sein Weib schlagen. Aber
wie er die Peitsche zum Schlage erhebt, wird er von
der Mamzel mit seinem eigenen Degen nieder¬
gestochen. Das Stück hat zweifellos packende
Momente, deren Wirkung durch die ausgezeichnete
Darstellung der Titelheldin (Angela Helm) noch
erhöht wurde. Auch Buls (Fechtmeister Spertini) und
Eugen Dumont (General) boten Vorzügliches. —
Im dritten Stück „Zum großen Wurstel“ ver¬
sucht Artur Schnitzler Dichter, Schauspieler und
Publikum zu persiftieren Er bringt ein Marionetten¬
theater im Prater samt Publikum auf die Bühne.
Zum Schlusse erscheint eine schwarze Figur, welche
die Fäden, mit denen die Marionetten regiert werden,
durchschneidet; die Figur bezeichnet sich als jene
Macht, durch welche es offenbar wird, wer wirklich
Mensch und wer nur Marionette war. Ob unter
dieser Macht die Kritik, die Wahrheit oder der Tod
gemeint ist oder irgend etwas anderes, darüber kann
wohl nur der Verfasser Aufschluß geben. Vielleicht!
Von den Darstellern ragte hervor Herr Anton Hofer
als Direktor des Marionettentheaters.
+U—
Telephon 12801.
955
„UDSEHVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus
ontags-Blatt (publ. Blätt.), alen
19 3. 1906
vom:
Lustspieltheater.
Drei Einakter von verschiedener Abstammung, aber jeder eigen¬
artiger Prägung bildeten ein Dreigespann. Der erste „Die Fahrt
über den Styx“ fordert schon Ehrfurcht vor seinem Alter. Paul
Lindau hat ein sehr verdienstvolles Werk geleistej, als er die
Satyren des Lucian aus dem Schutt des Vergessens hervorholte und
sie mit der modernen Pathetik durchglühte. Leider sind dem auf das
Sittenstück eingedrillten Schauspielerkorps des Lustspieltheaters die stili¬
sierten Geberden fremd und so kam die lustige Großmutter alter Satyre
um den verdienten Erfolg.
Das zweite Stück „Mamselle
Courasche“ schlug schon kräftiger ein. Der Autor, Erich Korn,
verfügt über bedeutendes dramatisches Geschick, kann auch# Dialog“
durch nur allzu gepfefferte Apergus beleben, vergißt aber, bei seiner
Detailmalerei an das Wesentliche, an die psychologische Vertiefung.
Das Dramolet besteht eigentlich aus zwei den einander gelöteten
Hälften, doch sind die Luftlöcher nicht so geschickt verstopft, daß sie
jeden fremden Luftzutritt versperren. Trotz dieser Schwäche gefiel das
Werkchen wegen seiner dramatischen Schlagkraft. Es fand auch eine
gute Darstellung; Fräulein Helm zeigte besonders in den leiden¬
schaftlichen Momenten großes Können und auch Herr Bulß charakte¬
risierte den heißblütigen. geidgierigen Italiener vortrefflich. Die Herren
Dumont, Nerz, Kneidinger und Valberg waren gleich¬
falls recht tüchtig. Ein herrliches Ueberbrettlied von Oskar Straus
wurde von Herrn Strauß überraschend gut vorgetragen. — Den
Abend beschloß eine geistreiche, mutige Selbstpersiflage Schnitzlers
„Zum großen Wurstl“ in der der Dichter allen dies
Geistes Gnaden leben, das ominöse „Besen, Besen, seids gewesen“ zu¬
ruft. Die Herren Jarno, Hofer und Straßni stachen aus der
übergroßen Reihe der Mitwirkenden durch ihren versönlichen ###
hervor.
box 22/9
Telephon 12801.
„OBSERVER‘
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concerdiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quallenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: REICHSPOST, WIEN
20 MlERz 1906
vom:
Greg
Haf
Lustspieltheater. Am letzten Sastag
wurden drei Einakter gegeben. Der erste, „Die
Fahrt über den Styx“, eine Satyre des
Griechen Lucian aus dem 2. Jahrhundert, von Paul
Lindau für die deutsche Bühne bearbeitet, zeigt, wie
Arm und Reich, Hoch und Nieder im Anblicke des
nahenden Todes ihre Rollen wechseln und wie das
im Leben genossene Glück dem einen den Tod so
furchtbar, die erlittene Entbehrung dem andern so
wünschenswert macht. Die Gegensätze verkörpern
ein Tyrann, der von seinen nächsten Angehörigen
durch Gift in den Hades befördert wurde, und ein
armer Schuster, der auf Erden Zeuge der Macht und
des Reichtums des Tyrannen, nun in der Unterwelt
auch Zeuge seiner Demütigung wird. Während die
Armen und Gerechten in die Gefilde der Seligen
eingehen, wird der Tyrann wegen seines lasterhaften
Lebens in den Tartarus gestoßen und ihm als
furchtbarste Strafe der Lethetrunk verweigert. Von
den Darstellern seien lobend hervorgehoben:
Joseffy (Parze Klotho), Ro¬
Josefine
bert Nalberg (Tyrann Megapenthes) und Emil
Guttmann (Schuster Myzillus). — Das zweite Stück
„Mamzel Courasche“ von Erich Korn ist eine
derbe Szene aus dem Lagerleben des dreißigjährigen
Krieges. Mamzel Courasche, die fast mit allen
Offizieren des Regimentes schon ihre Liebschafien
gehabt, heiratet schließlich einen italienischen Fecht¬
meister, um durch ihn die Ehre des Weibes wieder
zu gewinnen. Sie hat den ernstlichen Willen, ihm
ein treues, folgsames Weib zu werden. Der Fecht¬
meister wird jedoch noch am Hochzeitsabende von
den abgewiesenen Offizieren aus Rache gegen sein
Weib aufgehetzt, mit solchem Erfolge, daß er schlie߬
lich mit ihnen wettet, er werde vor ihren Augen
noch in derselben Nacht sein Weib schlagen. Aber
wie er die Peitsche zum Schlage erhebt, wird er von
der Mamzel mit seinem eigenen Degen nieder¬
gestochen. Das Stück hat zweifellos packende
Momente, deren Wirkung durch die ausgezeichnete
Darstellung der Titelheldin (Angela Helm) noch
erhöht wurde. Auch Buls (Fechtmeister Spertini) und
Eugen Dumont (General) boten Vorzügliches. —
Im dritten Stück „Zum großen Wurstel“ ver¬
sucht Artur Schnitzler Dichter, Schauspieler und
Publikum zu persiftieren Er bringt ein Marionetten¬
theater im Prater samt Publikum auf die Bühne.
Zum Schlusse erscheint eine schwarze Figur, welche
die Fäden, mit denen die Marionetten regiert werden,
durchschneidet; die Figur bezeichnet sich als jene
Macht, durch welche es offenbar wird, wer wirklich
Mensch und wer nur Marionette war. Ob unter
dieser Macht die Kritik, die Wahrheit oder der Tod
gemeint ist oder irgend etwas anderes, darüber kann
wohl nur der Verfasser Aufschluß geben. Vielleicht!
Von den Darstellern ragte hervor Herr Anton Hofer
als Direktor des Marionettentheaters.
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