17.3. Zun grossen. Nurs te—
Telephon 12801.
NWEIN
595
„UDSEAVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis. New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewühr)
Ausschnitt aus:
# eseisen für Duseldort
vom:
21. MAERZ 1906
Eine größeree#istanz von dem üblichen Theaterstück
wie dieses neue Werk Bernard Shaws läßt sich nicht
gut denken. Aber die Umwertung aller Werte hat auch
seine Reize. Man muß die alten Maßstäbe anlegen,
will man von den übrigen Novitäten der letzten Tage
sprechen. Zwei sind davon ausgenommen. Im „Lust¬
spieltheater“ wurde von den berühmten Satiren
[Lukians, des griechischen Voltaire, eine auf die
Bühne gebracht: „Die Fahrt über den Styx",
das phantastische Totengespräch. Dieser seit sechzehn
Jahrhunderten tote Schritsteller erscheint wie ein mo¬
derner Sozialkritiker, und Shaw ist wie ein Epigone
von ihm anzusehen. Auch hier ein Verspotten ange¬
Hohn,
schminkter Kulturen, ein Bilderstürmen, ein
der nicht Halt macht vor Göttern und Menschen. Dem
antiken Satiriker wurde am selben Abend Arthur
„Zum
Marionettenspiel
rstl“ benachbart. Es ist eine amüsante
Kasperliade, Schnitzler macht sich über sein eigenes
Handwerk lustig. Auf der Bühne einer Jahrmarkts¬
bude, vor der der Direktor als Ausrufer steht, hängen
die ewig alten Figuren der Komödie an Schnüren. Man
sieht, wie der Dichter sie hin und her zieht, daß es
bloß Puppen sind, die man nach Belieben bewegen
kann. Der ironische Spaß hat allerlei Pointen gegen
Autoren, Darsteller, Publikum und Kritik; er will die
Hohlheit des ganzen Metiers und seiner Zuschauer dar¬
legen. Wer über den Dingen steht, wie Schnitzler, darf
#nuben.
box 22/9
Telephon 12801.
„OBSERVER‘
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt auBERLINER TAGBLATT
vom:
21
Neue Einakter. Eine Depeschetnsseres Wiener Korrespon¬
—benten gedachte bereits rühmend des letzten Literarischen Abends im
dortigen Lustspieltheater. Wir erhalten nun den folgenden ausführ¬
licheren Bericht: Die drei Einakter des Abends waren wertvolle
Gaben. Des alten Lukian Satiren, die Paul Lindau unter dem Titel
„Die Fahrt über den Styx“ der Szene gewonnen, leiteten den
Abend stilvoll ein. Das kleine Drama Mamsell Kurasche“
von Erich Kor'n ist eine kraftvolle dramatische Gestaltung. Das
Stück spielt im dreißigjährigen Kriege, inmitten seiner zuchtlosen
Soldateska. Ein tapferes Soldatenmädchen, dem man den Spitznamen
„Mamsell Kurasche“ gegeben, das niemals spröde tut, weder in der
Liebe noch im Waffenkampfe, hat in einer zärtlichen Laune einen
italienischen Fechtmeister geheiratet. Das ganze Regiment feiert die
Hochzeit, aber man neidet dem welschen Soldaten sein Weibchen und
hetzt ihn gegen die Schöne. Seine Eigenliebe wird gereizt, seine Hab¬
sucht und der Wein tun ein übriges: er wettet um fünfzig Dukaten,
daß er das tapfere Mädchen noch in der Hochzeitsnacht die Peitsche
fühlen lassen werde. Aber das wilde Temperament der verliebten
Katze erwacht bei der Mißhandlung, und sie sticht den rohen Seladon¬
nieder. Scharfe Charakteristik des Soldatenlebens einer wüsten
Kriegsperiode und eines eigenartigen Franencharakters, das
darin fußt, zeichnet die dramatische Studie aus, die lebhaften
Anklang fand. Den großen Erfolg des Abends brachte jedoch ein fesseln¬
des Puppenspiel von Artur Schnitzler: „Zum großen
Wurstl“, das ein groterreronmor beredt. Ei Mavionetiontheater vor
Wirtstischen im Prater, vor allerlei Publikum, das mitspielt, ebeuso
wie der Direktor, der gleichzeitig den Ausrufer seiner Bude macht
und den Dichter zurechtweist. Die große Theaterwelt spiegelt sich!
satirisch in der kleinen. Die Darsteller hängen an Drähten und
spielen eine recht lehrsame, gleichfalls satirisch durchsetzte Liebes= und
Eisersuchtshistorie ab, die viele Lacher fand und doch auch nach¬
denklich stimmen kann. Ein ganz meisterliches: Fastnachtspiel des
Lebens und der Bühne mit weiteren Ausblicken. Das kleine Stück;
griff mächtig durch.
— —
Telephon 12801.
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Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis. New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewühr)
Ausschnitt aus:
# eseisen für Duseldort
vom:
21. MAERZ 1906
Eine größeree#istanz von dem üblichen Theaterstück
wie dieses neue Werk Bernard Shaws läßt sich nicht
gut denken. Aber die Umwertung aller Werte hat auch
seine Reize. Man muß die alten Maßstäbe anlegen,
will man von den übrigen Novitäten der letzten Tage
sprechen. Zwei sind davon ausgenommen. Im „Lust¬
spieltheater“ wurde von den berühmten Satiren
[Lukians, des griechischen Voltaire, eine auf die
Bühne gebracht: „Die Fahrt über den Styx",
das phantastische Totengespräch. Dieser seit sechzehn
Jahrhunderten tote Schritsteller erscheint wie ein mo¬
derner Sozialkritiker, und Shaw ist wie ein Epigone
von ihm anzusehen. Auch hier ein Verspotten ange¬
Hohn,
schminkter Kulturen, ein Bilderstürmen, ein
der nicht Halt macht vor Göttern und Menschen. Dem
antiken Satiriker wurde am selben Abend Arthur
„Zum
Marionettenspiel
rstl“ benachbart. Es ist eine amüsante
Kasperliade, Schnitzler macht sich über sein eigenes
Handwerk lustig. Auf der Bühne einer Jahrmarkts¬
bude, vor der der Direktor als Ausrufer steht, hängen
die ewig alten Figuren der Komödie an Schnüren. Man
sieht, wie der Dichter sie hin und her zieht, daß es
bloß Puppen sind, die man nach Belieben bewegen
kann. Der ironische Spaß hat allerlei Pointen gegen
Autoren, Darsteller, Publikum und Kritik; er will die
Hohlheit des ganzen Metiers und seiner Zuschauer dar¬
legen. Wer über den Dingen steht, wie Schnitzler, darf
#nuben.
box 22/9
Telephon 12801.
„OBSERVER‘
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopenhagen,
London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-York, Paris, Rom,
San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt auBERLINER TAGBLATT
vom:
21
Neue Einakter. Eine Depeschetnsseres Wiener Korrespon¬
—benten gedachte bereits rühmend des letzten Literarischen Abends im
dortigen Lustspieltheater. Wir erhalten nun den folgenden ausführ¬
licheren Bericht: Die drei Einakter des Abends waren wertvolle
Gaben. Des alten Lukian Satiren, die Paul Lindau unter dem Titel
„Die Fahrt über den Styx“ der Szene gewonnen, leiteten den
Abend stilvoll ein. Das kleine Drama Mamsell Kurasche“
von Erich Kor'n ist eine kraftvolle dramatische Gestaltung. Das
Stück spielt im dreißigjährigen Kriege, inmitten seiner zuchtlosen
Soldateska. Ein tapferes Soldatenmädchen, dem man den Spitznamen
„Mamsell Kurasche“ gegeben, das niemals spröde tut, weder in der
Liebe noch im Waffenkampfe, hat in einer zärtlichen Laune einen
italienischen Fechtmeister geheiratet. Das ganze Regiment feiert die
Hochzeit, aber man neidet dem welschen Soldaten sein Weibchen und
hetzt ihn gegen die Schöne. Seine Eigenliebe wird gereizt, seine Hab¬
sucht und der Wein tun ein übriges: er wettet um fünfzig Dukaten,
daß er das tapfere Mädchen noch in der Hochzeitsnacht die Peitsche
fühlen lassen werde. Aber das wilde Temperament der verliebten
Katze erwacht bei der Mißhandlung, und sie sticht den rohen Seladon¬
nieder. Scharfe Charakteristik des Soldatenlebens einer wüsten
Kriegsperiode und eines eigenartigen Franencharakters, das
darin fußt, zeichnet die dramatische Studie aus, die lebhaften
Anklang fand. Den großen Erfolg des Abends brachte jedoch ein fesseln¬
des Puppenspiel von Artur Schnitzler: „Zum großen
Wurstl“, das ein groterreronmor beredt. Ei Mavionetiontheater vor
Wirtstischen im Prater, vor allerlei Publikum, das mitspielt, ebeuso
wie der Direktor, der gleichzeitig den Ausrufer seiner Bude macht
und den Dichter zurechtweist. Die große Theaterwelt spiegelt sich!
satirisch in der kleinen. Die Darsteller hängen an Drähten und
spielen eine recht lehrsame, gleichfalls satirisch durchsetzte Liebes= und
Eisersuchtshistorie ab, die viele Lacher fand und doch auch nach¬
denklich stimmen kann. Ein ganz meisterliches: Fastnachtspiel des
Lebens und der Bühne mit weiteren Ausblicken. Das kleine Stück;
griff mächtig durch.
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