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S S
box 22/9
17.3. Zum grossenrstel
als diese Figur wohl zerbrechen würde. Der lange Akt,
geladen, sich in die besseren Perspektiven zu begeben. Es
welcher sich wie im Behagen über die eigene Existenz
erscheint ein Mann im blauen Mantel mit blankem
streckt und dehnt, ist mit größter Nettigleit, bunt und
Schwert. Solche „Unbekannte", „fremde Herren“
stimmungsvoll inszeniert. Sehr fein spielt Herr Du¬
„Männer im Mantel“ sind immer eine feine Er¬
mont den komischen General, Herr Nerz läßt seine
findung. Sie wirken auf den Sinn der Komödie
Radamontaden und kapuzinerischen Wortspiele mit großem
wie der bei mystischen Angelegenheiten theaterübliche
Elan knattern, und Herr Bulß mimt den süßlich¬
Wasserdampf auf die Dekorationen. Konturen verwischend,
brutalen Italiener meisterhaft. Ein rechtes „Theaterstück“.
das Zuhörerauge störend, aber die Zuhörerphantasie zu
Hier ist nicht Theatralisches erdacht, um ein Stück Leben
großen Ahnungen aufreizend. Der fremde Mann wickelt
darzustellen, hier sind Lebendigkeiten erfunden, um ein
um das Ganze einen nebulosen Flor, hinter dem Dürftig¬
Stück Theater abzugeben. Was das Mittel zum Zweck
keiten wie große Dinge aussehen. Und schließlich findet
machen heißt.
irgend einer doch eine plausible Erklärung für den Un¬
bekannten, die der Dichter taute de mienx akzeptieren
„Zum großen Wurstel“, eine Burleske von
kann. Ich glaube, im „großen Wurstel“ ist der Mann
Arthur Schnitzler. Die satirische Geste dieser feinen
mit dem Mantel die höchste Gattung Kritik, der Blick aus
Komödie ist von erheblicher Spannweite. Sie umschließt
der Vogelperspektive auf sich selbst, die Erkenntnis der
das Theater, den Dichter, das Publikum, das Publikum
eigenen Grenzen und Bedingtheiten. Wohl dem, in dessen
des Publikums und die angrenzende Welt. Seid ironisch
Welt dieser Mann nicht erscheint, Fäden mit dem Schwert
umschlungen, Millionen! Humor in vier, fünf kon¬
durchschneidend, den aufrechten Stolz über die eigene freie
zentrischen Kreisen. Oder algebraisch, in vier, fünf
Menschlichkeit zur Erkenninis der eigenen zwangvollen
Klammern: geschwungene Klammer, große eckige
Puppenhaftigkeit umknickend.
Klammer, große runde Klammer, kleine eckige Klammer,
Die Schnitzlersche Burleske ist eine riesig sympathische
kleine runde Klammer. Keine geringe Kunst, auf den ersten
Arbeit. Der beste Geschmack, Erfindung, Witz, freier Blick,
Blick herauszukriegen, welches Vorzeichen, Plus oder
zeichnen sie aus. Ihre Bitterkeit hat Aroma. Die Publi¬
Minus, dem ganzen algebraischen Begriff jetzt zukommt.
kumsleute sind vortrefflich: der Mann mit den wiene¬
Hier wird satirisch abgehandelt: der Dichter, seine
rischen Ideenassoziation, der Mann, welcher sich nicht
Methode, seine Leiden, seine Kurzsichtigkeit und seine
dupieren läßt, der Mann, der immer seinen guten Kon¬
Ekstasen, seine verlogene Großartigkeit und seine gro߬
takt mit den Geheimnissen des Spiels betont. Sehr nett
artige Verlogenheit. Ferner wird gezeigt: Der arrangierte
ist das wienerische Arrangement, und von angenehmer
Theaterskandal; sodann der Direktor, diese gräßliche
Lustigkeit die Zimmerung des ganzen Scherzspieles. Am
Sorte „praktischer Theatermann“ mit gesundem Publi¬
sichersten glückten die reinen Atelierspässe. Die kleinen Bos¬
kums=Instinkt. Und noch nicht genug! Es ist auch zu
heiten gegen die Methodik der Schnitzlerschen, Bahrschen
sehen: der Zuschauer und seine gebräuchlichsten
und anderer Theaterdichtung sind mit Grazie aus dem
Entartungen ins Idiotische. Und noch nicht genug!
Handgelenk geschleudert. Der Herzog von Larwin gefällt
Es wird die Kleinheit dieser ganzen Welt, ihre Enge
mir am besten: Wie man Charakterezeichnet, wie man uns
und Unfreiheit und Nichtigkeit notiert. Und noch nicht
einen auf der Bühne als bedeutendenMenschen einredet!
genug, wird auch der angenagelt, der sich über diese
Man sagt es einfach und wenn's der Zuhörer nicht glaubt,
kleine, enge, unfreie, nichtige Welt spöttisch hinweglächelt,
ruft man Zeugen. Ich denke an den Kapellmeister
wo er doch nur zufällig, nicht auch aktiv als Narr dient.
Amandus aus dem „Zwischenspiel“, der sich nicht so gut
Und noch nicht genug, wird über das Ganze die gewisse
legitimiert wie der Herzog von Larwin, und dem wir
segnende Handbewegung gemacht, der Ulk mit einem
aufs Wort glauben müssen, daß er ein genialer Musiker
Tropfen mistischen Oeles gesalbt und der Zuhörer ein= und genialer Mensch sei. Der „Held des Stückes“ ist vor¬
trefflich: die Null, welche aus
immer in den Mittelpunkt der
Näsonneur könnte witziger sein.
Einfall: der Wurstel als Tod. Ja,
terie mit dem Wurstel, wodurch
einer Komödie ins „Leichte“ um
dieses Ausbiegen mit einem wehm
der Sentimentalität ins Ueberlege
ganze zärtliche Tod= Wurstel¬
nicht mir allein längst ein Greuel
Das „Lustspiel=Theater“ spiell
lebendig, flink, wienerisch, lustig.
rufer ist prächtig; selbst seine Knie
ringer Dialekt heraus. Der „Un
Jarno wirkt sehr; Herr Guttm
Straßni, den man so gern #
Rolle sehen möchte, ein feiner und
hier. Fräulein Rona besitzt neh
einungemein zart klingendes Orga
Ich glaube, solche Burlesken
Blicke auf den eigenen Scheitel ze
duktion des hellsichtigen Ironikers
gelangt ist. Schöpfer sind verbohrt
Ideen wie von Gefängnismauern
sich wohl aus dem Leben vieler
Menschen nachweisen, daß sie ironi#
schauend wurden, wenn das Gesc
Herz bedrückte. Woraus sich Schlü
Kraft jener ziehen lassen, durch der
ein Orgelpunkt die ironische Notel
Künstler ins Erkennen gerät, ist
daß es mit der Intuition hapert. B##
hört, setzt die Philosophie ein, wor
ginnt die Betrachtung. Und es ist
ironische Betrachtung, weil sich d
entwerten läßt, was man moment
keinen besseren Trost dafür, daß ei
gegangen ist, als den, sich an alle
Lächerlichkeiten zu erinnern. Ironie
Trübsinn.
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als diese Figur wohl zerbrechen würde. Der lange Akt,
geladen, sich in die besseren Perspektiven zu begeben. Es
welcher sich wie im Behagen über die eigene Existenz
erscheint ein Mann im blauen Mantel mit blankem
streckt und dehnt, ist mit größter Nettigleit, bunt und
Schwert. Solche „Unbekannte", „fremde Herren“
stimmungsvoll inszeniert. Sehr fein spielt Herr Du¬
„Männer im Mantel“ sind immer eine feine Er¬
mont den komischen General, Herr Nerz läßt seine
findung. Sie wirken auf den Sinn der Komödie
Radamontaden und kapuzinerischen Wortspiele mit großem
wie der bei mystischen Angelegenheiten theaterübliche
Elan knattern, und Herr Bulß mimt den süßlich¬
Wasserdampf auf die Dekorationen. Konturen verwischend,
brutalen Italiener meisterhaft. Ein rechtes „Theaterstück“.
das Zuhörerauge störend, aber die Zuhörerphantasie zu
Hier ist nicht Theatralisches erdacht, um ein Stück Leben
großen Ahnungen aufreizend. Der fremde Mann wickelt
darzustellen, hier sind Lebendigkeiten erfunden, um ein
um das Ganze einen nebulosen Flor, hinter dem Dürftig¬
Stück Theater abzugeben. Was das Mittel zum Zweck
keiten wie große Dinge aussehen. Und schließlich findet
machen heißt.
irgend einer doch eine plausible Erklärung für den Un¬
bekannten, die der Dichter taute de mienx akzeptieren
„Zum großen Wurstel“, eine Burleske von
kann. Ich glaube, im „großen Wurstel“ ist der Mann
Arthur Schnitzler. Die satirische Geste dieser feinen
mit dem Mantel die höchste Gattung Kritik, der Blick aus
Komödie ist von erheblicher Spannweite. Sie umschließt
der Vogelperspektive auf sich selbst, die Erkenntnis der
das Theater, den Dichter, das Publikum, das Publikum
eigenen Grenzen und Bedingtheiten. Wohl dem, in dessen
des Publikums und die angrenzende Welt. Seid ironisch
Welt dieser Mann nicht erscheint, Fäden mit dem Schwert
umschlungen, Millionen! Humor in vier, fünf kon¬
durchschneidend, den aufrechten Stolz über die eigene freie
zentrischen Kreisen. Oder algebraisch, in vier, fünf
Menschlichkeit zur Erkenninis der eigenen zwangvollen
Klammern: geschwungene Klammer, große eckige
Puppenhaftigkeit umknickend.
Klammer, große runde Klammer, kleine eckige Klammer,
Die Schnitzlersche Burleske ist eine riesig sympathische
kleine runde Klammer. Keine geringe Kunst, auf den ersten
Arbeit. Der beste Geschmack, Erfindung, Witz, freier Blick,
Blick herauszukriegen, welches Vorzeichen, Plus oder
zeichnen sie aus. Ihre Bitterkeit hat Aroma. Die Publi¬
Minus, dem ganzen algebraischen Begriff jetzt zukommt.
kumsleute sind vortrefflich: der Mann mit den wiene¬
Hier wird satirisch abgehandelt: der Dichter, seine
rischen Ideenassoziation, der Mann, welcher sich nicht
Methode, seine Leiden, seine Kurzsichtigkeit und seine
dupieren läßt, der Mann, der immer seinen guten Kon¬
Ekstasen, seine verlogene Großartigkeit und seine gro߬
takt mit den Geheimnissen des Spiels betont. Sehr nett
artige Verlogenheit. Ferner wird gezeigt: Der arrangierte
ist das wienerische Arrangement, und von angenehmer
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Lustigkeit die Zimmerung des ganzen Scherzspieles. Am
Sorte „praktischer Theatermann“ mit gesundem Publi¬
sichersten glückten die reinen Atelierspässe. Die kleinen Bos¬
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heiten gegen die Methodik der Schnitzlerschen, Bahrschen
sehen: der Zuschauer und seine gebräuchlichsten
und anderer Theaterdichtung sind mit Grazie aus dem
Entartungen ins Idiotische. Und noch nicht genug!
Handgelenk geschleudert. Der Herzog von Larwin gefällt
Es wird die Kleinheit dieser ganzen Welt, ihre Enge
mir am besten: Wie man Charakterezeichnet, wie man uns
und Unfreiheit und Nichtigkeit notiert. Und noch nicht
einen auf der Bühne als bedeutendenMenschen einredet!
genug, wird auch der angenagelt, der sich über diese
Man sagt es einfach und wenn's der Zuhörer nicht glaubt,
kleine, enge, unfreie, nichtige Welt spöttisch hinweglächelt,
ruft man Zeugen. Ich denke an den Kapellmeister
wo er doch nur zufällig, nicht auch aktiv als Narr dient.
Amandus aus dem „Zwischenspiel“, der sich nicht so gut
Und noch nicht genug, wird über das Ganze die gewisse
legitimiert wie der Herzog von Larwin, und dem wir
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Tropfen mistischen Oeles gesalbt und der Zuhörer ein= und genialer Mensch sei. Der „Held des Stückes“ ist vor¬
trefflich: die Null, welche aus
immer in den Mittelpunkt der
Näsonneur könnte witziger sein.
Einfall: der Wurstel als Tod. Ja,
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nicht mir allein längst ein Greuel
Das „Lustspiel=Theater“ spiell
lebendig, flink, wienerisch, lustig.
rufer ist prächtig; selbst seine Knie
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Rolle sehen möchte, ein feiner und
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Herz bedrückte. Woraus sich Schlü
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ein Orgelpunkt die ironische Notel
Künstler ins Erkennen gerät, ist
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ginnt die Betrachtung. Und es ist
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keinen besseren Trost dafür, daß ei
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Lächerlichkeiten zu erinnern. Ironie
Trübsinn.