II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Zum großen Wurstel. Burleske in einem Akt (Marionetten), Seite 59

17.3. Zum grössen Wurstel box 22/9
Paderisone Mar
Gernn.
3- 6. 1918
m. Dresden, 2. Juni. (Eigene Drahtmeldung.)
Arthur Schnitzlers einaktige Burleske „Zum großen
Wurstel erntele in der heutigen Vormittagsaufführung im König¬
lichen Schauspielbause lauten Beifall, der hauptsächlich der vortreff.
lichen Inszenierung und der ausgezeichneten Darstellung galt. Der
Sinn der auf Theaterzustände gemünzten Satire des Stückes erschloß
sich dem vollen Hause nicht restles.
Lekte Plel##
kum und Dichter aus, mag sich zum Beschluß im Reigen Sehr schwierig und verantwor
ehrlich auch der Tod erzeigen.“ Ehrlich, wie der Dichter mal, da die neue Verpflichtu
selbst, dem in Stunden müder Erkenntnis, wo die Schleier Rollen der Bösewichter, Intri
von den Dingen fallen, in ironischer Melancholie das eigenes zen“ Charaktere in einer Dau
Schaffen und das anderer, das gewohnheitsmäßige Hantieren den Weise besetzt werden n
mit Menschenschicksalen zur Belustigung des Publikums als in die Personalverhältnisse
die parodistische Puppenbühne „Zum großen Wurstel“ er= dürfte diesen Ansprüchen nich
ein begabter, bewegli
schienen ist. Wie Leben Literatur wird, Schicksal zur ge¬
reimten Farce, das ist hintergründig mit Schnitzlerscher gestatteter Darsteller
Feinheit aufgezeigt. Im Vordergrunde aber ist's ein hüb= persönliche, schöpferi
Selbst w#
scher Spaß, ein Abend im Wiener Wurstelprater, wo Mario= Eigenar
alischer
netten mitsamt Direktor und Dichter, Publikum oben und wärts the
nseinem
so bleibt
Publikum unten ineinanderspielen und sich auslachen.
gegebenen Seiten der
Gresdner Nachunte“
Spotten ihrer selbst und wissen nicht wie. Auch der Dichter
Theaterei zu stark, die au
spottet über sein „süßes Mädel“, seine Duellgeschichten, über
lich, als daß man zu einem
die tragischen Gebärden der Theaterhelden und den kuarren¬
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den Mechanismus der Tragödien. Manchmal sieht's so aus dürfte. Wir brauchen tie
festeren Stil. Vielleicht wür
zwie eine literarische Satire auf Schnitzler, Sudermann,
Tiefe und maßvollere Beher
Bahr und andere dichtende Puppenspieler des Lebens, und
können. Mit Freude begy
Leisung.)
doch ist's, nehmt alles nur in allem, ein Dichtereinfall von
Königliches Schauspielhaus. Als letzte der litera¬
Müller als Gast in sein
sanfter Lustigkeit und gezähmter parodistischer Laune. Ohne
stellung des alten Moor. D
rischen Mittagsvorstellungen kam die Burleske „Zum
die Grellheit der Plakatkunst Wedekinds. Mit der um¬
werden, welche Art von Kun
großen Wurstel“ von Artur Smar
lung. Im Buche bildet sie mit der seinen Charakter=sschatteten Witzigkeit Schnitzlers. Nur wer auf den Hinter¬
zu mangeln beginnt. Siehe di
kadie „Der Puppenspieler“, in deren Aufführung vor elfsgrund hindurch schaut, sieht die Tiefe des Dichters. Andere
# Cantrel-T#eter Der
mögen sich am ungewohnten heiteren Anblick ergötzen, den
Hahren Lothar Mehnert und Hanns Fischer erlesene Dialogs
die an Drähten als Marionetten baumelnden Schauspieler
kunst zeigten, und mit dem Puppenspiel vom „tapferen
bieten. Das ist immer, wenn es mal gemacht wird, ein
Cassian“ eine Dreiheit von geistreichen Einaktern, worin
samoser Spaß, der die Darsteller wie die Zuschauer gleicher¬
der Wiener Dichter menschliches Tun als Spiel von Mario¬
maßen zu unterhalten pflegt. Sie sind alle zu Puppen er¬
netten an den Fäden unsichtbarer Lenkerhand dahergankeln
starrt, die uns sonst durch die Freiheit der Bewegung
läßt. Leicht und launig sind die Sächelchen gemacht, ohne
Grellheit und Verzerrung, mit umwickelten satirischen bannen, Ilt, Wierth, Wahlberg, Fischer, die
[Bleibtreu, die Schaffer und viele andere, sie zuckens!
Spitzen, in die weiche Lauheit Schnitzlerscher Lebensart ge¬
und zappeln an Fäden und schweben durch die Luft und
taucht. Im letzten Stück erscheint ihm das eigene Dichter¬
reden im Puppentheaterstil. Eine sehr amüsante Sache.
treiben und zumal das figurenreiche Gaukelspiel des
Theaters wie die tolle Laune eines großen Unbekannten,[Meyer ist als Wiener Strizzi der Theaterdirektor, Meh¬
nert der Tichter, und Lindner und Becker wirken
der selbst nicht weiß, was er bedeuten mag, und der mit
höchst bedeutungsvoll am Schlusse mit. Durch Fischers
des Schwertes Schneide die unsichtbaren wie die sichtbaren
Spielleitung und die Dekorationskünste Linnebachs und
Prühte trennen kann, an denen die Marionetten des Da¬
[Altenkirchs ist der Wurstelprater hingestellt. So dient
seins zappeln. Ist's nur der Rächer des Dichters an der
der große Apparat des ganzen Schauspiels einem kleinen
„Bin ich ein
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verständnislosen Welt, ist's ein Höherer?
Zweck. Doch braucht man das nicht griesgrämig zu mi߬

Gott? ein Narr? bin euresgleichen? Bin ich ich selber
billigen, denn es geschieht für eine dichterisch wertvolle
oder nur ein Zeichen?“ Sich selbst ein Rätsel bleibt der
Seltenheit, die auch in Abendvorstellungen vielen Freude
tiefere Sinn des Spiels, eine Dichterlaune, die für einen
Augenblick den frohen Glanz der Oberfläche verdüstert und machen wird, mögen sie sich am lebensvollen Außenbild oder
unterbricht. Doch gleich tobt es weiter im Sinn und Un= an der nachdentlichen Tiefe der Burleske ergötzen. — Am
sinn durcheinander, der süßze Wahnsinn des Theatertreibens! Sonnabend spielte in den „Ränbern“ ein Gast den Franz
vor und hinter der Rampe Selbst der Tod erscheint darin Moor. Ewald Schindler kommt vom Stadttheater in
als Wurstel, denn: glacht sich beut' im eignen Haus Pubki= Bremen und bewirpt sich um Anstellung im Charaktersach.