II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 3), Zum großen Wurstel. Burleske in einem Akt (Marionetten), Seite 61

17.3 Zum grössen Wurstel
direktor und der Dichter, kommentiert die Menge das
Stuck der Mutionetten Das ist, In parodistisches
sentimentales Liebesstück mit den kypischen Figuren:
Junger Herr, jüßes Mädel, abenteuernde Herzogin uff.
Fast klingt es wie eine Selbstpersiflage des „Liebelei“¬
Dichters. Als das Schweit des symbolischen „Un¬
bekannten“ die Fäden durchschneidet, die sichtdaren
der Puppen, die unsichtbaren der Menschen vor der Bühne,
tut sich wie für einen Augenblick die Doppelbödigkeit des
Daseins auf. Dann läuft das Spiel in einem lauten
Akkord des Jahrmarktslärms aus. — Hanns Fischers
Regie fand den rechten burlesken Ton für das kleine
reizvolle und poetische Stück. Sehr lustig wurde die
eckige Gestik der Marionetten nachgeahmt. Meyers
Theaterdirektor, Mehnerts Dichter, Pontos Bissiger,
und die Bleibtreu, Iltz, Wierth und Fischer als Mario=
netten, sicherten einen shönen Erfeig.
AnL
+ 6. 1918
e Satespern hitag entg
„Zum großen Wurstel.“
Aus Dresden wird uns berichtet: Die
kleinen Marionettenspiele gehören zum Besten,
was Artur Schnitzler geschaffen hat. Das
Agl.
Schauspielgälg“ schloß
seinen
literarischen Sonntagszyklus, Dr. Kail Wollfs
rühmlichste Tat,
der Burleske „Zum
großen Wurstel“ ab. Das Parodistische an
ihr bereitete sehr viel Spaß. Selten sind
Theater und Publikum lustiger verulkt worden.
Selten hat ein Dichter sich selbst lustiger
travestiert. Schnitzler gibt hier die Karikaturen
seines berufslosen Liebeshelden, seiner Räsonneure
und seiner süßen Mädel, erfindet eine seiner be¬
liebten Duellgeschichten, und da bei ihm Liebelei
und Sterbelei nebeneinander gehen, demaskiert
er mit kühnem Griff sogar den Tob als großen
P#urstel. Die heiterste Szene schreibt er um die
Gestalt eines Herzogs, um den ich die Weiblein
umbringen und der ein gelessener Tausendsassa
ift; bei seinem Lachen fallen die Bilder von den
Wänden, einen Ningkümpfer schmettert er sofort
vom Podium ins Publikum Ein Ausbund von
Unwiderstehlichkeit. Der Auftritt des Ring¬
kämpfers (Kußhändchen nach rechts und links!)
ist das Entzücken der Zuschauer. Denn vor der
Mari nettenbühne sitzen die Zuschauer, führen
ihre teitischen Zwiegespräche mitten ins Spiel
hinein, und beiseite an einem Tiich sitzt der Ver¬
fasser der hochpathetischen Duelltragödie und der
Theaterdirektor, beide selbstverständlich mit Vor¬
würfen sich überschüttend, beide aufgereat, wie
es bei Premicren zu sein pflegt. Der Dichter ist
„Bestien“, die den Ring¬
empört über
kämpfer beklatschen, aber seine ernsten Verse
auspfeifen. Beim Erscheinen des Todes fällt eine
Bürgersfrau in Ohnmacht und bald bricht ein
regelrechter Skandal los. Die Puppen reden
aus dem Stegreif, und chließlich schreit auch im
wirklichen Parkett (sozusagen Theater Nr. 3) ein
Zuschauer Protest gegen den Wirtwarr. Diesen
reizende Ohaos, das in unster Welt durch den
Tod erhalten wird, ist ober wohl der Sinn der
Burleske, in der Schnitzler zum Uebeifluß noch
ein höheres dekoratives Wesen auftreten läßt, das
mit einem Schwerthicb die Zichdrähte der
Marionetten durchschneidet. Im Dresdner Hof¬
theater gewann das witzioe Spiel durch die
Herren Wierth, Meyer, Fischer, Mchnert und
Ponto, die sehr launige Typen schufen, ein bunt¬
e. h.)
farbiges Leben.
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. 197 B·
Naus Preussische Zostung, Dariste
#en die Kriegs¬
Dresdner Theater. Den Reigen der literarischen Mittags¬
yrstellungen, die bunt wechselnde Bilder vorüberziehen ließen.
heschleß Arthur „Sch####l# einaltige Burleske „Zum
großen Wurstel". Ein glucklicher Griff in das Leben hin¬
ein, Praterluft und Praterkultur umwehen die bescheidenen
Bürger, die ihr Behagen, an dem Spiel der Marionettenbühne
finden, bald tief ergriffen ihr eigenes Schicksal auf der Bühne er¬
kennen, bald glossierend dem Geschauten kritisch gegenüberstehen
1
Diese Burleske verriet nicht den Schnitzler, so wie wir ihn ge¬
wohnt sind, zu sehen. Es fehlt an tieferer psychologischer Kunst.
um so mehr springt aber eine andere Seite sees Schaffens her¬
vor, die bisher zu wenig beachtet wurde: die romantische. Wir
kennen sie zwar aus dem „Grünen Kakadu“; während aber dort
das sarbige Spiel zum bitteren Ernst wird bleibt es hier nur ein
heiteres Abbild der Bühnentäuschung. Gautelnd und tänzelud
gleitet das Spiel dahin, schwebt über dem irdischen Dasein, das
die Gestalten gerade noch mit den Fußspitzen zu berühren scheinen,
um die Lebenswahrheit nicht zu verlieren, aber vermeidet jedes
sittliche Welturteil. Wie einst die Romantiker sich an dem Duft
einer Blume berauschten, wie ein Einfall bei ihnen zum farbigen
Spiel sich umsetzte, so ist es auch bei Schnitzler. Dies Werkchen
paßte bei seinem Erscheinen vor etwa 10 Jahren in die neuroman¬
tische Strömung, die damals die deutschen Lande durchzog. Und
so kann es auch heute gleich einem bunten exotischen Schmetterling
gefallen. Gespielt wurde ganz unübertrefflich mit der Beteuenung
des wirklich und wieder unwirklichen Charakters; am mei#ton fiel
Lothar Mehnert als Dichter in der Maske Schnitzlers auf Vr#.
1# # 19:5 Der Tag, Berlin
Triur Schnitzlers. Burleske „Zum großen
Wursn, die im Wiener Prater spielt, fand im
Dresdener Königlichen Schauspielhause bei
vorzüglicher Darstellung großen Beifall. Es ist
ein satyrisch=parodistisches Stück, das Wiener Le¬
hen und Schaffen in heiteren Bildern behandelt.
#Wten, I., Concorgianlatz hr. 4.
BERLINER 1 A01
4—
O0 Theater im Reich. Aus Dresden telegraphiert unser
Korrespondent: Artur Schnitzlers einaktige Burleske „Zum
großen Wurstel" einhe###tes Spiel, gewürzt mit Ironie
und Satire, und von Hanns Fischer lebendig inszeniert, hatte im
königlichen Schauspielhaus großen Heiterkeitserfolg.
Aus
[Braunschweig wird uns berichtet: Zur Erinnerung an die
Gründung des Braunschweiger Nationaltheaters vor hundert
Jahren, aus dem später das Hoftheater hervorgegangen ist.
wurde am 1. Juni Goethes „Faust“ (1. Teil), der bekanntlich seine
Uraufführung im Jahre 1829 in Braunschweig erlebt hat, in einer
Neueinstudierung des Oberregisseurs Cserwinka aufgeführt.
Tags zuvor hielt der Dramaturg des Hoftheaters, Dr. H. Grußen¬
dorf, einen Vortrag über „Faust“=Probleme in Goethes
Tragödie und in der Bühnendarstellung, unter besonderem
Hinweis auf die erste „Faust“=Aufführung in Braunschweig. —
Der Herzog von Braunschweig verlieh dem Hofschauspieler
Heinrich Heinemann das Ritterkreuz zweiter Klasse vom
Orden Heinrichs des Löwen. — Für das Hoftheater in Mann¬
heim wurde Marie Petri verpflichtet.
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