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17.1. Der Punnenspieler
#Dr. Max Goldschmie
##### Burcau für & # #
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Berlin N. 24.
Telephon: III, 3051.
Ausschnitt aus
Weser-Zeitung, Bremen
4.
061. 1803
nAst
Mehr Glück hatte das „Deutsche Theater“ mit einem
Einakter von Arthur Schnitzler. Wie in seinen!
„Lebendigen Stunden“, so läßt uns der Wiener Dichter
auch in seiner Studie „Der Puppenspieler“ mit Hilfe
eines psychologischen Röntgenstrahlenapparates, möchte
man sagen, in die innersten Geheimnisse eines Menschen¬
herzens blicken. Georg Merklin, der einst so viel zu
versprechen schien, ist im Leben tatsächlich völlig ge¬
scheitert, weil es ihm nicht nur an aller Genialität,
sondern auch an aller Tüchtigkeit fehlte. Um
sich aufrecht zu
erhalten,
er
erfindet
sich
eine „Lebenslüge",
spielt er Komödie von sich
selbst. Er redet sich ein, trotz aller Misère immer
noch der wahre König zu sein, der „Puppenspieler“, der
alle anderen an den Drähten seines Willens tanzen lasse.
Nun muß er aber in einem Gespräch plötzlich erfahren,
daß er selber an einem entscheidenden Wendepunkt seines
Lebens nichts anderes war, als die Puppe eines kleinen
Mädchens, das ihn durchschaute und ihn rechtzeitig
fallen ließ. In diesem kurzen Moment — und das ist
das Reizvolle und Künstlerische an dem Einakter —
sehen wir, wie auf Zauberschlag sein wahres Inneres
ehne Maske und Schleier sich enthüllen. Aber eine
Sekunde nur — dann nimmt der „Puppenspieler“ seine
Rolle wieder auf, spielt den Überlegenen, den Alleskönner,
und Allesbeherrscher und verbirgt seine schmerzliche Tragik
hinter der lächelnden Miene des Weisen. Bassermann
als „Puppenspieler“ machte aus diesem Virtuosenstückleih
durch die mitdichtende Kraft seiner glänzenden Dau¬
stellung fast ein ergreifendes menschliches Charakterbild
Etwas von dem weltmännisch feinen Geiste
Schnitzlexs—lebt auch in dem Einakter Sphinx“ seiner
Wiener Landsmännin Marie Eugenie delle Grazie, den
das „Residenztheater“ als lever de rideau seinem
neuesten Pariser Schwank vorausschickt. Zu spät, als
schon die Hochzeitskarosse der heimlich Geliebten vorge¬
fahren ist, wird sich ein gefühlserstarrter Stubengelehrter
darüber klar, wohin ihn eigentlich die Stimme seines
Taub und dumpf geworden in seiner
Herzens zog.
Einsamkeit, hat er ihren Ruf nicht einmal
recht gehört, geschweige denn verstanden. Die Nichte
war es, die er liebte, um die Tante hat er angehalten!
Ihm graut vor der Zukunft, er entflieht nach Agypten,
dem Paradies seiner gelehrten Forschungen: dort allein
gehört hin, wer so sein Herz verkennen und sein Glück
verscherzen konnte. Ein Hauch weicher Tragik geht
von der Szene aus, wo der alternde Gelehrte sich über
sich und über sein Schicksal selbst klar wird — das
allein schon hebt die Studie der österreichischen Dichterin
über den Durchschnitt unserer dramatischen Unter¬
haltungsliteratur empor.
17.1. Der Punnenspieler
#Dr. Max Goldschmie
##### Burcau für & # #
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Berlin N. 24.
Telephon: III, 3051.
Ausschnitt aus
Weser-Zeitung, Bremen
4.
061. 1803
nAst
Mehr Glück hatte das „Deutsche Theater“ mit einem
Einakter von Arthur Schnitzler. Wie in seinen!
„Lebendigen Stunden“, so läßt uns der Wiener Dichter
auch in seiner Studie „Der Puppenspieler“ mit Hilfe
eines psychologischen Röntgenstrahlenapparates, möchte
man sagen, in die innersten Geheimnisse eines Menschen¬
herzens blicken. Georg Merklin, der einst so viel zu
versprechen schien, ist im Leben tatsächlich völlig ge¬
scheitert, weil es ihm nicht nur an aller Genialität,
sondern auch an aller Tüchtigkeit fehlte. Um
sich aufrecht zu
erhalten,
er
erfindet
sich
eine „Lebenslüge",
spielt er Komödie von sich
selbst. Er redet sich ein, trotz aller Misère immer
noch der wahre König zu sein, der „Puppenspieler“, der
alle anderen an den Drähten seines Willens tanzen lasse.
Nun muß er aber in einem Gespräch plötzlich erfahren,
daß er selber an einem entscheidenden Wendepunkt seines
Lebens nichts anderes war, als die Puppe eines kleinen
Mädchens, das ihn durchschaute und ihn rechtzeitig
fallen ließ. In diesem kurzen Moment — und das ist
das Reizvolle und Künstlerische an dem Einakter —
sehen wir, wie auf Zauberschlag sein wahres Inneres
ehne Maske und Schleier sich enthüllen. Aber eine
Sekunde nur — dann nimmt der „Puppenspieler“ seine
Rolle wieder auf, spielt den Überlegenen, den Alleskönner,
und Allesbeherrscher und verbirgt seine schmerzliche Tragik
hinter der lächelnden Miene des Weisen. Bassermann
als „Puppenspieler“ machte aus diesem Virtuosenstückleih
durch die mitdichtende Kraft seiner glänzenden Dau¬
stellung fast ein ergreifendes menschliches Charakterbild
Etwas von dem weltmännisch feinen Geiste
Schnitzlexs—lebt auch in dem Einakter Sphinx“ seiner
Wiener Landsmännin Marie Eugenie delle Grazie, den
das „Residenztheater“ als lever de rideau seinem
neuesten Pariser Schwank vorausschickt. Zu spät, als
schon die Hochzeitskarosse der heimlich Geliebten vorge¬
fahren ist, wird sich ein gefühlserstarrter Stubengelehrter
darüber klar, wohin ihn eigentlich die Stimme seines
Taub und dumpf geworden in seiner
Herzens zog.
Einsamkeit, hat er ihren Ruf nicht einmal
recht gehört, geschweige denn verstanden. Die Nichte
war es, die er liebte, um die Tante hat er angehalten!
Ihm graut vor der Zukunft, er entflieht nach Agypten,
dem Paradies seiner gelehrten Forschungen: dort allein
gehört hin, wer so sein Herz verkennen und sein Glück
verscherzen konnte. Ein Hauch weicher Tragik geht
von der Szene aus, wo der alternde Gelehrte sich über
sich und über sein Schicksal selbst klar wird — das
allein schon hebt die Studie der österreichischen Dichterin
über den Durchschnitt unserer dramatischen Unter¬
haltungsliteratur empor.