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17. 1. Der Puppenspieler
—
sein Bestes. Das elementare Wesen seiner starken sich seiner Brust entrang. Und dies alles ohne
nützt; er erzählt die Geschehnisse, die wohl Er¬
greifendes, Packendes bieten, aber wenig oder Natur findet schwellende Töne für das Glück und jede Theatralik, ohne Verwendung jener allseits
nichts Dramatisches enthalten. Hauptmann bringts erschütternde Verzweiflung für die Tragik des Ge¬ gebräuchlichen Mätzchen mit einer Einfachheit
gegeben, die nur ein wahrer Künstler schaffen
theatermäßig bearbeitet — gewürzt mit schickes. Irene Triesch brachte die Rolle der
sie
kann. Man wird die Gestalt, die er da schuf, nie
„Elga“ mit großer Kunst und noch mehr Vir¬
vielem Eigenen, gutem Eigenen, auf die Bühne.
vergessen können.
Ob es gut war, diesen Stoff auf die Bühne zu tuosität. Ihr leidenschaftlicher Gesang, die schwel¬
Der zweite Tag des Gastspieles galt der Auf¬
lende Sinnlichkeit, mit der sie ich zu umgeben
stellen, die Geschehnisse zu zeigen, statt sie zu
führung von Ibsens „Rosmersholm“ und
weiß, wirkt dämonisch. Glänzend war Reicher
erzählen, möchte ich bezweifeln. Hauptmann be¬
hat einen tiefen Eindruck hinterlassen. Vielleicht
weist in diesem Werke von neuem, daß er ein als Hausverwalter. Er schuf eine Figur aus
weil die Norddeutschen der nordischen Dichtung
diesem treuen und ergebenen Diener seines Herrn,
Denker ist, ein Dichter. Er ist einer der großen,
ihrem Gemüte nach näher stehen, als unsere süd¬
wie sie wohl besser nicht dargestellt werden kann.
die für das Theater schreiben aber ein Dra¬
lichen Temperamente und sich in den Geist Ibsens
Kein Wunder also, daß die Gäste mit stürmischem
matiker ist er nicht. Ein Drama also ist „Elga“
besser einleben. Mit der Gestalt Ulrik Brendels
Beifall umjubelt wurden.
nicht, aber eine schöne Dichtung. Packend und
Vor Gerhard Hauptmanns Dichtung kam bot Bassermann eine erlesene Kunst. Er
ergreifend, auch von der Bühne herab, sofern sie
Arthur Schnitzler mit seiner einaktigen Studiel rückte diese Gestalt unserem Empfinden näher
so hervorragend dargestellt wird, wie vom En¬
durch die feine Charakteristik mit der er diese
„Der Puppenspieler“. Es ist eine feine,
semble des Lessingtheaters. Voll schöner Gedan¬
Natur zu zeichnen wußte. Man könnte aus dieser
sinnvolle, von einer wehmütigen Philosophie
ken, voll Stimmung, voll poetischer Worte, dich¬
feinen Zeichnung gleichsam eine Verwandtschaft
durchzogene Arbeit. Die Gestalt Georg Merklins,
terischem Zauber und Schönheit. Es würde zu
mit Georg Merklin aus dem Puppenspieler heraus¬
weit führen, einzugehen auf die vielen Schön= des Schriftstellers, der das Schicksal besiegen will,
empfinden. Mit großer Künstlerschaft hat Karl
heiten des Werkes, aber auch auf die Schwächen aber unterliegt, eines Menschen, der glaubt, mit
[Forest den Mortensgord gegeben. Mit einer
desselben. Der Dichter hat das Werk selbst als! Puppen zu spielen und selbst bloß zur Puppe
Einfachheit, jede überflüssige Geste meidend, stellte
„Entwurf“ bezeichnet, wir nehmen es dafür und wird, mit der das Schicksal spielt, ist eine fein
er einen Charakter auf die Bühne, die wohl des
als solcher betrachtet, ist es hervorragend. Wielersonnene. Diese Natur, die vielleicht mit dem
Dichters Vorstellung am nächsten kam. Reicher
Hauptmann die Grillparzersche Erzählung in Lächeln der Verzweiflung, aber immer noch mit
als Pastor Rosmer und Irene Triesch als Re¬
diese Traumdichtung umformt, wie er den Schluß einem Lächeln, sein Schicksal, sein Leben verachtet,
betka boten eine in allen Teilen durchgeistigte
ist eine tief empfundene.
und manch anderes Grillparzerische umdichtet, das
Wassermann hat in der Darstellung die= Leistung. Besonders am Schlusse des letzten Aktes
beweist ein so herrliches poetisches Können, eine
so reiche Gestaltungskraft, daß es sicher lohnenser schwierigen Rolle großartiges geleistet. Man gaben sie ein Bild voll dichterischer Stimmung.
Noch sei Herr Marr lobend erwähnt, der den
würde, diesen „Entwurf“ auszuarbeiten. Wäre
durchblickte seine Vereinsamung, er ließ in seine
Kroll mit starker Empfindung gab. Es war ein
das geträumte Drama an sic; vollkommener,
wunde Seele sehen und er riß alles mit sich durch
auserlesener Genuß, den die Vorstellung brachte
„Elga“ wäre als ein vollendetes Kunstwerk zu
den Ausdruck seines Schmerzes über sein totes
Kind, über sein verräterisches Weib. Es war der und die Deutschen können stolz sein auf den großen.
bezeichnen. Die Aufführung des Werkes war eine
Erfolg den sie durch ihre Kunst errangen.
in allen Teilen meisterhaftes.
Aufschrei einer todwunden Seele, des unsäglichen
Rudolf Rittner als Graf Starschenski gab Schmerzes eines schicksalbesiegten Menschen, der
17. 1. Der Puppenspieler
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sein Bestes. Das elementare Wesen seiner starken sich seiner Brust entrang. Und dies alles ohne
nützt; er erzählt die Geschehnisse, die wohl Er¬
greifendes, Packendes bieten, aber wenig oder Natur findet schwellende Töne für das Glück und jede Theatralik, ohne Verwendung jener allseits
nichts Dramatisches enthalten. Hauptmann bringts erschütternde Verzweiflung für die Tragik des Ge¬ gebräuchlichen Mätzchen mit einer Einfachheit
gegeben, die nur ein wahrer Künstler schaffen
theatermäßig bearbeitet — gewürzt mit schickes. Irene Triesch brachte die Rolle der
sie
kann. Man wird die Gestalt, die er da schuf, nie
„Elga“ mit großer Kunst und noch mehr Vir¬
vielem Eigenen, gutem Eigenen, auf die Bühne.
vergessen können.
Ob es gut war, diesen Stoff auf die Bühne zu tuosität. Ihr leidenschaftlicher Gesang, die schwel¬
Der zweite Tag des Gastspieles galt der Auf¬
lende Sinnlichkeit, mit der sie ich zu umgeben
stellen, die Geschehnisse zu zeigen, statt sie zu
führung von Ibsens „Rosmersholm“ und
weiß, wirkt dämonisch. Glänzend war Reicher
erzählen, möchte ich bezweifeln. Hauptmann be¬
hat einen tiefen Eindruck hinterlassen. Vielleicht
weist in diesem Werke von neuem, daß er ein als Hausverwalter. Er schuf eine Figur aus
weil die Norddeutschen der nordischen Dichtung
diesem treuen und ergebenen Diener seines Herrn,
Denker ist, ein Dichter. Er ist einer der großen,
ihrem Gemüte nach näher stehen, als unsere süd¬
wie sie wohl besser nicht dargestellt werden kann.
die für das Theater schreiben aber ein Dra¬
lichen Temperamente und sich in den Geist Ibsens
Kein Wunder also, daß die Gäste mit stürmischem
matiker ist er nicht. Ein Drama also ist „Elga“
besser einleben. Mit der Gestalt Ulrik Brendels
Beifall umjubelt wurden.
nicht, aber eine schöne Dichtung. Packend und
Vor Gerhard Hauptmanns Dichtung kam bot Bassermann eine erlesene Kunst. Er
ergreifend, auch von der Bühne herab, sofern sie
Arthur Schnitzler mit seiner einaktigen Studiel rückte diese Gestalt unserem Empfinden näher
so hervorragend dargestellt wird, wie vom En¬
durch die feine Charakteristik mit der er diese
„Der Puppenspieler“. Es ist eine feine,
semble des Lessingtheaters. Voll schöner Gedan¬
Natur zu zeichnen wußte. Man könnte aus dieser
sinnvolle, von einer wehmütigen Philosophie
ken, voll Stimmung, voll poetischer Worte, dich¬
feinen Zeichnung gleichsam eine Verwandtschaft
durchzogene Arbeit. Die Gestalt Georg Merklins,
terischem Zauber und Schönheit. Es würde zu
mit Georg Merklin aus dem Puppenspieler heraus¬
weit führen, einzugehen auf die vielen Schön= des Schriftstellers, der das Schicksal besiegen will,
empfinden. Mit großer Künstlerschaft hat Karl
heiten des Werkes, aber auch auf die Schwächen aber unterliegt, eines Menschen, der glaubt, mit
[Forest den Mortensgord gegeben. Mit einer
desselben. Der Dichter hat das Werk selbst als! Puppen zu spielen und selbst bloß zur Puppe
Einfachheit, jede überflüssige Geste meidend, stellte
„Entwurf“ bezeichnet, wir nehmen es dafür und wird, mit der das Schicksal spielt, ist eine fein
er einen Charakter auf die Bühne, die wohl des
als solcher betrachtet, ist es hervorragend. Wielersonnene. Diese Natur, die vielleicht mit dem
Dichters Vorstellung am nächsten kam. Reicher
Hauptmann die Grillparzersche Erzählung in Lächeln der Verzweiflung, aber immer noch mit
als Pastor Rosmer und Irene Triesch als Re¬
diese Traumdichtung umformt, wie er den Schluß einem Lächeln, sein Schicksal, sein Leben verachtet,
betka boten eine in allen Teilen durchgeistigte
ist eine tief empfundene.
und manch anderes Grillparzerische umdichtet, das
Wassermann hat in der Darstellung die= Leistung. Besonders am Schlusse des letzten Aktes
beweist ein so herrliches poetisches Können, eine
so reiche Gestaltungskraft, daß es sicher lohnenser schwierigen Rolle großartiges geleistet. Man gaben sie ein Bild voll dichterischer Stimmung.
Noch sei Herr Marr lobend erwähnt, der den
würde, diesen „Entwurf“ auszuarbeiten. Wäre
durchblickte seine Vereinsamung, er ließ in seine
Kroll mit starker Empfindung gab. Es war ein
das geträumte Drama an sic; vollkommener,
wunde Seele sehen und er riß alles mit sich durch
auserlesener Genuß, den die Vorstellung brachte
„Elga“ wäre als ein vollendetes Kunstwerk zu
den Ausdruck seines Schmerzes über sein totes
Kind, über sein verräterisches Weib. Es war der und die Deutschen können stolz sein auf den großen.
bezeichnen. Die Aufführung des Werkes war eine
Erfolg den sie durch ihre Kunst errangen.
in allen Teilen meisterhaftes.
Aufschrei einer todwunden Seele, des unsäglichen
Rudolf Rittner als Graf Starschenski gab Schmerzes eines schicksalbesiegten Menschen, der