II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 360

16.1. Lebendige Stunden—z#klus
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peinliche Gewißheit: das ist ein Herz, dem volles Mit¬
In dem ersten Stück, von
Feuilleton.
leiden, ganzes Mitkeben versagt geblieben; das ist ein
Namen trägt, erfährt ein jung
Mann, der das Thun der Menschen als ein Schauspiel
sich getödtet, weil sie eingeseher
ansieht, aufgeführt zu seiner eigenen Auregung, damit er
thum dem Sohne die Schaffe
„Lebendige Stunden.“
den wirksamen Scenen nach seinem immer wachen Geschmack
nachträglich die Opferthat und
(Vier Einacter: „Lebendige Stunden.“
das Bravo sage. Und das ist dann die Frage, ob es nicht
„Die Frau mit dem
er davon empfangen hat, viell
Dolche.“
besser sei, in herzlicher Besinnungslosigkeit dem Leben zu er¬
„Die letzten Masken.“ — Literatur.“ Von Arthur
Des Zuhörers Sympathie ist
Schnitzler. — Gastspiel des Deutschen Theaters aus
liegen, das Gute zu genießen, das Leid zu tragen, ohne nach Neben¬
todten Matter, der alle Dicht
Berlin.)
profit zu spähen. Diese Frage aber kommt an den Künstler,
er die Verstorbene nur einmal
der den ersten Frühlingssturm hinter sich hat. Da sieht er
haben könnte. Nur eine Stund
Remigio vernimmt, aus Florenz wieder heimgekehrt,
die eigene Jugend und die Jugend geliebter Frauen aus¬
leben und im nächsten Frühja
daß seine Frau in dieser Nacht dem jungen Lionardo an¬
gemünzt, „verwerthet“ wie das harte Atelierwort sagt. Er
Beele gießen. Aber ihm zu
gehört hat. Paola selbst gesteht ihm das in Gegenwart des
gewahrt, wie er mit allen Meuschen, die ihm jertheuer
Frau ja nicht in's Grab g
Lionardo, der bereit und gefaßt ist, Glück wie Schuld mit
waren, nunmehr ein merkwürdiges Doppelleben führt, eines
Heinrich, den Dichter,
dem Leben zu bezahlen. Remigio weist ihm nur die Thür.
in der Wirklichkeit und eines in den eigenen Büchern.
Er thut ja ganz dasselbe,
Da sordert der Jüngling seinen Tod. Er bittet endlich
Wahrheit und Dichtung. Und da kommt mit der Erkenntniß,
darum. Es ist ihm unerträglich, daß er der Rache nicht
Stück nur eine Wiederholung
daß nun die schöne Unmittelbarkeit des Daseinsgefühls für
werth erachtet wird. Sein Ehrgeiz hängt daran, ernst, wenn
vergaß aber zu sagen, daß R
immer dahin ist, die Sehnsucht nach der heißen, bewußt¬
auch blutig ernst genommen zu werden. Remigio bleibt be¬
seht nur in der Phantasie der
losen Lebensfülle. Die Gewißheit, daß man sich an nichts
schämend ruhig. Zuletzt droht Lionardo, das Abenteuer dieser
die eines sehr erfolgreichen St
mehr verlieren kann, daß man es nimme:mehr vermag, sich
Nacht auszuschreien. Da sticht ihn die Paola nieder. Remigio
ist und mit einem hübschen
aufnopfern, weckt die Ahnung eines ungeheuren Frevels.
blickt nur als Zuschauer auf die Gruppe. Aber mit was
#gallerie Rendezvous hat. Si
Nach Rechtfertigungen sinnt man dafür, daß man grausam
für Augen. Wie seine Frau, den Dolch in der erhobenen
Mann nicht. Allein: sein H
sich an lebendigem Fühlen vergangen. In solcher Zeit wird
an der Stirne“.
Hand über die hingestreckte Leiche sich neigt, greift
Blaue Aug
der Griff in's volle Menschenleben, sonst so beutegierig, so
Sein Hals ist weiß, wie der e
Remigio nach der Palette, tritt an die Staffelei und
unbedenklich, so habsüchtig und rücksichtslos ausgeführz,
beginnt Paola
gleich geschmeidig seine Glieder
malen. Jetzt erst geräth er in
plötzlich gehemmt. Man zandert, stockt und — wenn Remigio
Feuer. Die prachtvolle Geberde dieser leidenschaftlich erregten
Manne iann eine Frau doch
am Ende talentlos ist?.
Frau entzückt und inspirirt ihn. Diese vom vollsten Leben
Dinge für einmal zu gen
Auf dieser Entwicklungsstation sind die vier kleinen
Wunsch. Er weiß, daß
geschwellte Bewegung sucht er der Kunst zu bewahren. Ihn
Dichtungen von Schnitzler entstanden. Es sind Producte des
entflammt der Reiz, der vom Unbewußten, vom Spontanen
auf Liebe. Er glaubt, Paulin
Innehaltens. Künstlerprobleme, Beiträge zur Psychologie des
ausgeht, da er der stets Bewußte ist. Er holt den Gewinn
werden, der ihr verschwiegen
Schaffens. Ein Thema für Wenige. Abrechnungen mit sich
aus diesem siedenden Augenblick, trachtet darnach, einer sehr
alle Welt auf dass Theater brin
selbst stecken darin. Versuche, eine Revolte der Empfindung
lebendigen Stunde „Dauer zu verleihen". Eine sonderbare
Denn Pauline und ihr Mann
niederzuwersen. Entschuldigungen, auch für Andere; und
Situation. Remigio ist nämlich ein Maler, und er muß ein
miteinander verknüpft, wie Fral
doch wieder eine fast ängstl.che Exclusivität. Abneigung
großer Künstler sein, denn nicht blos Paola hält ihn dafür,
verknüpft sein können. Von di
gegen die Metiermenschen. Friedensverhandlungen mit
sondern auch Lionardo, der ihn ja haßt. Trotzdem wird er
scher Beziehungen ist der arme
dem naiven Leben. Zugeständnise an die bürger¬
manchen Leuten ein widerwärtiger Mensch sein, ekelhaft und
versteht es nicht und wird es
lichen Naturen. Nicht etwa:

habt Recht
unheimlich zugleich, der es fertig bringt
ihrem Gatten das Höchste gen
zu malen
dem und dem Punkt, sondern: Ich begreise,
daß
in derselben Stunde, in der er die furchtbarste Ent¬
hoher Thaten Mutter sein. Da
wir Anderen Euch manchmal abscheulich erscheinen. Die
täuschung und den bittersten Schimpf erlitten, der da an Bilder
Inhalt, und in jeuer Bildergal
Kluft wird ausgemessen, die den Künstlermenschen vom
denst, wenn Menschen erstochen werden, und Farben mischt,
mit dem Dölche“ die Begebenh
Menschen scheidet. Eine verwegene Aufrichtigkeit reißt alle
wenn frischvergossenes Blat den Estrich röthet. Man kann
und von Remigio, der sich an
Brücken ein, die da hinüber führen. Und trotzdem sucht eine
hundertmal sagen: Die anderen, die gewöhnlichen Männer
Gattin künstlerisch begeistert.
verliebte Sehnsucht den Uebergang zum harmlos Wirklichen.
alle hätten getobt, gestraft, ihrer Ehre genug gethan,
sie ein, sich dem hübschen Leon
Dann ist eine artistische Bewunderung des Lebens da. Wie
gemordet: Remigio jedoch habe diesen Augenblick zur
Sinne zu flüchtiger Freude beg
man ein Genie bewundert, dem Alles in ungeahnter Ein¬
Unsterblichkeit erhoben, er habe den häßlichen Auftrikt in's
de. Stirne kraust“ Es wird ih
sachheit und in höchster Vollendung mühelos gelingt. Wer
daran denkt, daß sie ihrem Ma
Ewige gerückt, ihn für der Zeiten Dauer geweiht, und also
später über den Künsilerorganismus schreiben will, wird die daß ihm dies Geständniß vielle
rage er weit über die Anderen hinaus. Dennoch bleibt die „Lebendigen Stunden“ in Betracht ziehen müssen.
1 unsterblichen Meisterwerk bieten