II, Theaterstücke 16, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Lebendige Stunden. Vier Einakter, Seite 659

16.1. Lebendige Stunden Zyklus box 21/5
nichts
on mir und gibt das Wenige, was es hat, vom Herzen.
II.
Das Volkstheater gab kürzlich Schnitzlers „Lebendige
#tunden“; drei dieser Stunden sind einmal, vor Jahren
#wirklich lebendig gewesen. Da erschien Otto Brahms „Frei
Bühne“, da galt als Wichtigstes, das „wirkliche“ Leber
getreu zu konterfeien, da rang eine gewisse Aufrichtigkei
unter vier Augen nach Ausdruck. Es ist merkwürdig, wie
spurlos diese ganze Richtung seither verschwand, wie sich
just das, was Dauer anstrebte und Richtung geben wollte,
meß als, freilich nicht völlig wertlose, Episode erwies.
Die lebendigen Stunden jener Generation sind heute eine
t#te Sache. Ich habe die Empfindung, daß es mit der
Kunst Wedekinds, Karl Sternheims und Georg Kaisers
in nicht allzu ferner Zeit ähnlich ergehen wird, daß sie
um deutschen Musenhimmel als Schafwöllchen eines Tages
zerfließt, ohne daß man zuletzt mehr die Stelle wüßte,
zur Anzüg
BEr Stolle Lüster,
wo sie gestanden. Der Einakter „Letzte Masken“ ragt
gleichwohl auch noch zu uns herüber, er ist durch innere,
menschliche Werte gegen frühe Vergänglichkeit geschützt,
Deutsches Volkstheater..
#er birgt eine ergreifende Absage an die Wichtigkeiten dieser
Neu herausgekommen ist jetzt in einer Einstudierung,
Welt. Herr Onno spielt hier die letzte Erkenntnis des
an der Artur Schnitzler mitgearbeitet haben soll, seine
Sterbenden mit großer Schlichtheit und starker Wirkung;
Einakterreihe „Lebendige Stunden“ Als glücklichen Ein¬
ende
Herr Forest gibt eine salsche Größe, einen gefeierten Mann,
fall kann man den Entschluß bezeichnen, die heutigen Theater¬
den
der innen ganz hohl ist, so fein und mezza voce lustig,
geher, die immer noch irgendwie Neuen, die im vergangenen
dilet¬
daß es sich fast um dieser einen Figur willen lohnte, die
Jahr allzu eifrige Begehrer kunstfremder Bühnenerotik waren,
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welken Reize der übrigen Stücke auf sich wirken zu lasser....
Statt ult
reekei ettige O. ub
nun erst einmal zu erziehen durch Wiederaufnahme der Wiener

kann.

Erfolge von ehevorgestern. Ueber den pfiffig aufgebauten, auf
STERE
Wien
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1
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das allgemeine Urteil
„köstlich“ sorgsam her¬
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gerichteten Selbstzerfaserer=Schwank „Literatur“ lachen ge¬
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lernt haben sie schon. Gelangweilte Huster sind sie noch bei
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Zeitung: AMULUO
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dem ersten Akt, der den Begriff „Lebendige Stunden“
ernste

sei
Ort:
szenisch entwickelt. Leise abgetönte Gedankenschwingung ver¬
uten¬
J. onu. 1822
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fliegt in diesen Tagen. Es verpufft leider auch die Darbietung
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Datum:SRRsusReenee
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des Herrn Forest, der eine vorzüglich ausgearbeitete Studie
der
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aus dem alten Beamtenstand gibt. Andere Wirkung hat
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heute noch der Akt „Die Frau mit dem Dolche“, in
die
GEUTSCHES VOLKSTHEATER.
Ard
dem Erika Wagner durch sehr schätzbare, zarteste Arbeit
„Lebendige Stunden.“
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erfreut, und das Schauspiel „Die letzten Masken“
der

Von Artur Schnitzler.
die
Herr Forest, ausgezeichnet in der Darstellung der Angst
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Schnitziers vier Einakter „Lebendige
ernt
und Heucheler, hat denn doch die Maske des Erfolgreichen
auch
Stunden“ sind heute wie ehedem skeptische,
richt
und damit den Charakter verfehlt. Sein Gehaben ist das
boshafte, liebenswürdige, unruhvolle, weh¬
berts
eines „angelangten“ Wissenschafters oder Politikers. Der
be¬
mütige Entschleierungen von Künstlers Sein
und
Schriftsteller hätte Eleganz haben, Weltmann sein müssen.
ißen
und Sinn. Sie kommen aus dem Metier einer
und
Ferdinand Onno, voll Zucht als Sprecher, eröffnet We¬
in
sich selbst bespiegelnden Literatur. Und
geschi
fentliches als Rademacher und beweist als Gilbert die Fähig¬
tlos
werden zuerst („Lebendige Stunden“) eine
keit, sich zu wandeln und den erfolglosen Literaten auch von
mitte
eder
Auseinandersetzung über den Gegensatz des
der anderen, der erheiternden Seite zu sehen. Als Clemens
der
Klei
Gelebten zum Geformten, des Lebenden zum
hat Herr Lackner seine in Ton und Miene aufscheinende
Formenden. Werden dann („Die Frau mit
richtige Auffassung des liebenswürdig=dummen Barons in der
eeise
7 Uhr
dem Dolch“) ein Einfall oder vielmehr zwei:
Wirkung geschädigt durch eine mit der rechten Hand immer
uen
und n
a) was heute gelebt wird, wurde schon ein¬
wiederholte Bewegung, die sicherlich nicht adelig ist, Anne¬
zahl
kannte
mal gelebt; b) auch der Mord wird dem
marie Steinsieck war als Margarete unter Verzicht auf
fach
erlesen
Künstler nur Vorwand zur Schöpfung. Wer¬
billige Heiterkeiten Darstellerin jener Weiberart, die hindurch¬
die
den welter (in den „Letzten Masken“) Ge¬
schreiten kann durch Erlebnisse, während das Geschehnis
nzu¬
stalt: wieder spielen Schein und Sein gegen¬
satzung
vorübergleitet, ohne irgendeinen Makel zu lassen, natürlich!
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Wiede
einander und fließen ineinander, wie es
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Ver¬
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gleich meisterhaft Schnitzler nur noch im
Konzerte.
der L
„Grünen Kakadu“ glückte, und vor dem
Das satzungsmäßige Orchesterkonzert des Mariahilfer
Mitw
Sterben hat nichts mehr Sinn, wandert alles
glied
Männergesangvereines „Arminius“ ist durch die erlesene
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zum Maskenverleiher zurück. Und werden
schließlich (in „Literatur“) Witz, Laune,
Verhöhnung alles Literaturbetriebes. Leben¬
Sa

dige Stunden blieben nur „Die letzten Mas¬
7
ken“ und „Literatur“. Die beiden anderen
2
72
sind Schnitzlereien, heute wie ehedem. Im
2
Deutschen Volkstheater werden sie etwas
7
zäh und trocken gespielt. Am rundesten ge¬
rieten „Die letzten Masken“, in denen Forest
als Weihgast die ironische Mitte zwischen
äußerer Wichtigkeit und innerer Unwesent¬
lichkeit gut ausbalancierte und Onno als
Sterbender das Leben eines wanmen, guten,
enttäuschten Menschen, der am Wege liegen
geblieben war, ahnen ließ.
0. M. F.
n . amn mug
un Pele