box 20/4
14. Der Schleier der Beatrice
—.—
ihrer Jugend, daß er Ehre, Ruhm und Vaterland=Daß Du Dich schwerer'n Grimm's von mir versiehst, spruch Enttäuschter zischte sie nieder. Daß Schnitz¬
ler, unverändert von Zeit und Mode die bis zum
für nichts achtet und nur nach Schäferstunden in Als wenn Du weigerst, was ich Dir befehle?
Ka u)
.Das Schleier=Motiv! In Wien klang es
blonden Spitzenbart ganz in Schwarz gehüllte
ihren weichen Armen bangt. Aber sie hat ihn
8. März.
schlanke Erscheinung mit der Anatollocke über der
zuerst an. Das feine Wiener Stückchen, ganz aus
verraten — im Traum. Nur im Traum. In
Wiener
n.
Stien, mehrfach erschien, ändert daran nichts.
dem Geist der „Heimat"= und „Milien=Kunst“ ge¬
kindlicher, ahnungsloser Einfalt gesteht sie's. Und
Piener Wal¬
boren, in seiner Mischung von Humor, Sentimen¬
Aber aus den oben zitierten Versen mag man
dieses wunderlichen Dichters ganzes Leben ist doch
unger Lebe¬
ersehen, daß der „Schleier der Beatrice“
talität und laxer Moral so echt wienerisch und so
nur ein Träumen gewesen; ihm ist der Verrat
hne rechten
wunderlichen, im Muster allzu unruhigen
modern, verdankte seine Verwickelung, seine Spann¬
der Geliebten, die sich an die Seite des Herzogs
Ernst. Vor
fusen Gewebe, sehr schöne Einzelpartier
ung, sein tragisches Ende und seinen Erfolg einem
sträumt, so gut, wie der wirkliche Verrat —
h, mühsem
Der Leer wird sie finden dürfen. Für de
Schleier, den eine aus Langeweile dem Abenteuer
er sagt sich von ihr los mit harten Worten. Und
ranken der
den Horer im Theater wirken diese in
geneigte Wienerin bei einem flotten, frischen Jun¬
sie wird, ihre Träume erfüllend, — Herzogin. Aber
pen beißt.
des Cinquecento gesteckten Kinder modernsten
gen vergessen. Die wuchtig gedachte Tragödie, die
da der Garten des Schlosses voll ist von Hochzeits¬
vosität und Unschlüssigkeit, diese ewig wandel
—“, sagt gästen, schleicht sie sich heimlich, in ihren Schleier
ihren Gehalt und ihre Menschen drapiert mit den
in ihren Entwürfen und Gelüsten schwan
schweren golddurchwirkten Gewändern der Re¬
gehüllt, durch die Straßen.“ Die Leidenschaft, die
tarren Blick
naissance, die ihre Helden in Waffen klirren läßt Helden von Bologna mit der unv
ihr Kinderherz wach geküßt, läßt sie nicht ruhen;
und sagt:
und die an Greueln und Größe reiche Zeit der
ner Note allzu befremdlich. Und
sie huscht zu dem Dichter Philippo. Er aber ver¬
, was mir
Borgias heraufbeschwört, dankt ihre Verwickelung,
keiten, die jene Zeit, die den Hi
schmäht das Geschenk ihrer heimlichen Liebe.
und ge
ihr tragisches Ende und einen Teil ihres Mißerfolges
sollte, erschütterten und noch
in
Sterben will er mit ihr; und da sie schaudernd
rinnerung
lich ihren
dem vergessenen Schleier der Beatrice Nardi, der
vom Blute triefen lassen, sind der Handlung selber
sich an's Leben klammert, trinkt er hohnlachend
angetan.
wunderlichen Braut, die an einem Tage aus den
allein das Gift. Von seiner Leiche flieht sie, wie
Moment,
Armen eines Dichters in die Arme eines Herzogs
So trug man eine schöne Leiche hinaus, der
von Furien gehetzt, in den Glanz, in den Hoch¬
ist Schnitz¬
und in die Arme des Todes gleitet.
zeitstrubel, in's Leben. Aber eines hat sie zu¬
eine trotzige Laune einen Schleier aus der Zeit
leichten An¬
Der Bruder erdolcht sie. Der Bruder ist ein
rückgelassen am stillen Ort ihrer Gedankensünden,
Cäsar Borgias über die klaffenden Wunden geworfen.
ein, Wiener
naher Verwandter jenes Valentin, der nur zu früh
bei der erkaltenden Leiche ihres Geliebten — den
batte.
R. P.
em Klavier
Schleser.
unter der Zauberklinge des Doktor Faust sein Leben!
ern der be¬
mit einem letzten Fluche verhauchte. Wie er, ver¬
Und nun sie zurückkommt zu dem fürstlichen
Rebenzimmer
dammt der junge Nardi die verbuhlte Schwester;
Gatten, den schon der Argwohn fiebernd durch
r ein Sym¬
aber ihm bleibt noch die Kraft, zuzustoßen. Dann
die Säle trieb, entspinnt sich im fackelhellen Saal
hat mehr
wird er, ein paar Stunden früher, wie sein Her¬
vor den Edlen Bolognas und dem zum Feste ge¬
liebe junge
zog, zu Gott eingehen „als Soldat und brav“. Der
ladenen Volk dieser Dialog zwischen dem Herzog
Cäsar Borgia wird gründliche Arbeit tun; das ahnen
und seiner jungen Gattin:
wir wenn der Herzog, ehe der letzte Vorhäng sich
nitzler nicht
Herzog.
senkt, die stolzen schönen Manneswokte spricht:
er Komödic,
Wo warst Du? Rede! Und wo blieb der Schleier?
ernen Jung¬
Beatrice.
Und in den gleichen Glanz geh'n wir hinaus,
such mit der
Ich weiß nicht, wo er ist. Nun ist er fort.
Der uns vor einem Jahr ersehnte Fernen
Herzog.
Mit lichtem Schein umrandet hat, als baute
ahrhunderts.
Schaff' mir ihn her!
Der junge Morgen selbst das stolze Tor
n Bologna,
Beatrice.
Zum Eingang in die Welt, die uns empfing,
euchlers und
Ich soll —
So festlich, wie der eig'nen Fülle jauchzend.
Herzog.
Heut' weist kein unermessiner Weg in's Weite,
der Lüstern¬
Du sollst mit mir
Und vor den Mauern endet uns’re Fahr“
die sechzehn¬
Den Schleier holen, wo Tu ihn verlorst!
Und dennoch — mir erglüht die Sonne „eut'
Beatrice.
Verheißungsvoll wie damals, denn wir geh'n
Herzogsthron
Ich kann nicht:
Von allen Abenteuern, die im Dunkel warten,
Herzog.
Dem neu'sten und gewaltigsten entgegen!
as Mädchen
Wie? Ist, was mich dort erwartet,
Es war kein Erfolg im Deutschen Theater
ut verlassen.
gestern. Kleine Gruppen klatschten. Der Wider¬
heißen Duft! So über alle Maßen schauervoll,
14. Der Schleier der Beatrice
—.—
ihrer Jugend, daß er Ehre, Ruhm und Vaterland=Daß Du Dich schwerer'n Grimm's von mir versiehst, spruch Enttäuschter zischte sie nieder. Daß Schnitz¬
ler, unverändert von Zeit und Mode die bis zum
für nichts achtet und nur nach Schäferstunden in Als wenn Du weigerst, was ich Dir befehle?
Ka u)
.Das Schleier=Motiv! In Wien klang es
blonden Spitzenbart ganz in Schwarz gehüllte
ihren weichen Armen bangt. Aber sie hat ihn
8. März.
schlanke Erscheinung mit der Anatollocke über der
zuerst an. Das feine Wiener Stückchen, ganz aus
verraten — im Traum. Nur im Traum. In
Wiener
n.
Stien, mehrfach erschien, ändert daran nichts.
dem Geist der „Heimat"= und „Milien=Kunst“ ge¬
kindlicher, ahnungsloser Einfalt gesteht sie's. Und
Piener Wal¬
boren, in seiner Mischung von Humor, Sentimen¬
Aber aus den oben zitierten Versen mag man
dieses wunderlichen Dichters ganzes Leben ist doch
unger Lebe¬
ersehen, daß der „Schleier der Beatrice“
talität und laxer Moral so echt wienerisch und so
nur ein Träumen gewesen; ihm ist der Verrat
hne rechten
wunderlichen, im Muster allzu unruhigen
modern, verdankte seine Verwickelung, seine Spann¬
der Geliebten, die sich an die Seite des Herzogs
Ernst. Vor
fusen Gewebe, sehr schöne Einzelpartier
ung, sein tragisches Ende und seinen Erfolg einem
sträumt, so gut, wie der wirkliche Verrat —
h, mühsem
Der Leer wird sie finden dürfen. Für de
Schleier, den eine aus Langeweile dem Abenteuer
er sagt sich von ihr los mit harten Worten. Und
ranken der
den Horer im Theater wirken diese in
geneigte Wienerin bei einem flotten, frischen Jun¬
sie wird, ihre Träume erfüllend, — Herzogin. Aber
pen beißt.
des Cinquecento gesteckten Kinder modernsten
gen vergessen. Die wuchtig gedachte Tragödie, die
da der Garten des Schlosses voll ist von Hochzeits¬
vosität und Unschlüssigkeit, diese ewig wandel
—“, sagt gästen, schleicht sie sich heimlich, in ihren Schleier
ihren Gehalt und ihre Menschen drapiert mit den
in ihren Entwürfen und Gelüsten schwan
schweren golddurchwirkten Gewändern der Re¬
gehüllt, durch die Straßen.“ Die Leidenschaft, die
tarren Blick
naissance, die ihre Helden in Waffen klirren läßt Helden von Bologna mit der unv
ihr Kinderherz wach geküßt, läßt sie nicht ruhen;
und sagt:
und die an Greueln und Größe reiche Zeit der
ner Note allzu befremdlich. Und
sie huscht zu dem Dichter Philippo. Er aber ver¬
, was mir
Borgias heraufbeschwört, dankt ihre Verwickelung,
keiten, die jene Zeit, die den Hi
schmäht das Geschenk ihrer heimlichen Liebe.
und ge
ihr tragisches Ende und einen Teil ihres Mißerfolges
sollte, erschütterten und noch
in
Sterben will er mit ihr; und da sie schaudernd
rinnerung
lich ihren
dem vergessenen Schleier der Beatrice Nardi, der
vom Blute triefen lassen, sind der Handlung selber
sich an's Leben klammert, trinkt er hohnlachend
angetan.
wunderlichen Braut, die an einem Tage aus den
allein das Gift. Von seiner Leiche flieht sie, wie
Moment,
Armen eines Dichters in die Arme eines Herzogs
So trug man eine schöne Leiche hinaus, der
von Furien gehetzt, in den Glanz, in den Hoch¬
ist Schnitz¬
und in die Arme des Todes gleitet.
zeitstrubel, in's Leben. Aber eines hat sie zu¬
eine trotzige Laune einen Schleier aus der Zeit
leichten An¬
Der Bruder erdolcht sie. Der Bruder ist ein
rückgelassen am stillen Ort ihrer Gedankensünden,
Cäsar Borgias über die klaffenden Wunden geworfen.
ein, Wiener
naher Verwandter jenes Valentin, der nur zu früh
bei der erkaltenden Leiche ihres Geliebten — den
batte.
R. P.
em Klavier
Schleser.
unter der Zauberklinge des Doktor Faust sein Leben!
ern der be¬
mit einem letzten Fluche verhauchte. Wie er, ver¬
Und nun sie zurückkommt zu dem fürstlichen
Rebenzimmer
dammt der junge Nardi die verbuhlte Schwester;
Gatten, den schon der Argwohn fiebernd durch
r ein Sym¬
aber ihm bleibt noch die Kraft, zuzustoßen. Dann
die Säle trieb, entspinnt sich im fackelhellen Saal
hat mehr
wird er, ein paar Stunden früher, wie sein Her¬
vor den Edlen Bolognas und dem zum Feste ge¬
liebe junge
zog, zu Gott eingehen „als Soldat und brav“. Der
ladenen Volk dieser Dialog zwischen dem Herzog
Cäsar Borgia wird gründliche Arbeit tun; das ahnen
und seiner jungen Gattin:
wir wenn der Herzog, ehe der letzte Vorhäng sich
nitzler nicht
Herzog.
senkt, die stolzen schönen Manneswokte spricht:
er Komödic,
Wo warst Du? Rede! Und wo blieb der Schleier?
ernen Jung¬
Beatrice.
Und in den gleichen Glanz geh'n wir hinaus,
such mit der
Ich weiß nicht, wo er ist. Nun ist er fort.
Der uns vor einem Jahr ersehnte Fernen
Herzog.
Mit lichtem Schein umrandet hat, als baute
ahrhunderts.
Schaff' mir ihn her!
Der junge Morgen selbst das stolze Tor
n Bologna,
Beatrice.
Zum Eingang in die Welt, die uns empfing,
euchlers und
Ich soll —
So festlich, wie der eig'nen Fülle jauchzend.
Herzog.
Heut' weist kein unermessiner Weg in's Weite,
der Lüstern¬
Du sollst mit mir
Und vor den Mauern endet uns’re Fahr“
die sechzehn¬
Den Schleier holen, wo Tu ihn verlorst!
Und dennoch — mir erglüht die Sonne „eut'
Beatrice.
Verheißungsvoll wie damals, denn wir geh'n
Herzogsthron
Ich kann nicht:
Von allen Abenteuern, die im Dunkel warten,
Herzog.
Dem neu'sten und gewaltigsten entgegen!
as Mädchen
Wie? Ist, was mich dort erwartet,
Es war kein Erfolg im Deutschen Theater
ut verlassen.
gestern. Kleine Gruppen klatschten. Der Wider¬
heißen Duft! So über alle Maßen schauervoll,