14: Der Schleier der Beatrice
Nachdruck verboten.)
besinnt sie sich auf einen Traum, der sie in die
uilleton.
Arme des Herzogs Bentivoglio geführt hat, nachdem
er sie gestern an der Tür des Ladens ihres Vaters,
des alten Wappenschneiders Nardi, gesehen hatte, mit
Blicken sie betrachtend, die sein Verlangen deutlich
Theaterbrief.
kündeten. Und sie? Voll koketter Anmut und heim¬
Berlin, den 8. März.
licher Sinnlichkeit erzählt sie's dem angstvoll lauschenden
ers „Beatrice“ ist eine Art
Pilippo: sie träumte, daß sie dem Herzog sich vermählt.
Das Urweib, in Sünde geboren,
Da aber jagt der empörte Dichter sie davon:
dSünde gebärend, wo es sich
„Doch Träume sind Begierden ohne Mut,
ewußt jede Manneswürde, jeden
Sind freche Wünsche, die das Licht des Tages
jedes edle, reine, hohe Gefühl
Zurückjagt in die Winkel uns’rer Seele,
auslöschend, wenn sie in ihrer
Daraus sie erst bei Nacht zu kriechen wagen, —
ihrem Liebreiz, in ihrem kind¬
Und solch ein Traum, mit ausgestreckten Armen,
ihrer heißen Sinnenlust einem
Sehnsüchtig läßt er durstig Dich zurück....
fnaht. So ist der geniale Dichter
Und wie sie auch fleht und bittet und ihn ihrer Liebe
mOpfer gefallen, so der brave
versichert und voll heiterer Unbefangenheit schwört
macht der Herzog von Bologna,
„ein Traum wars doch“ . . .: er läßt sie ziehen. Mit
sie zu seiner Gemahlin, um Tod
zwei florentinischen Courtisanen, die in Begleitung von
ben zuzuwenden, nachdem Beatrice
jungen Edelleuten noch zu ihm kommen, sucht er seinen
ncesco erdolcht, zusammensinkt;
Schmerz zu betäuben. Im zweiten Akt finden wir
e junge, schöne Schwester mit
das
die
Beatrice wieder inmitten des Volkes,
Zärtlichkeit geliebt hat. Verderben
Ankunft des Herzogs erwartet und über das
eint, und dies nur durch ihren
ungewisse Schicksal der Stadt sich allen möglichen
#rch die Lieblichkeit und die holde
Beunruhigungen hingibt. Nur das schöne Kind ist
f die Seelen wirkt. Beatrice tut¬
heiter und unbekümmert, und willig läßt sie sich von
und weint, sie lügt und betet, sie
ihrem Bruder Francesco überreden, Vittorino, den
einem innern Zwange gehorchend,
Gesellen ihres Vaters, zu heiraten, damit sie geborgen
In kindlicher Unschuld ist sie
it.
sei an der Seite eines treuen Mannes, während der
So kommt sie im ersten Akte
Bruder sich als Freiwilliger den Schaaren anschließen
rsie vor drei Tagen auf einem
will, die dem Borgia entgegenziehen. Drum muß noch
ale gesehen. In seinem Garten
heute, gleich die Hochzeit sein. Beatricefindet das sehr lieb
unter Rosen und Lorbeerbüschen
und schön und geht ins Haus, um sich zur Kirche zu
hen Lieder nicht wieder, die Ago¬
schmücken. Zärtlich, in vollster Hingebung hat sie dem
aute vorsingt: Lieder, die er zum
Bräutigam sich anverlobt, und in reinstem Seelenfrieden
Teresina Fantuzzi gedichtet hat,
geht sie zur Ehe. Es ist das beste für sie, und offen¬
. Freundes, Schwester. Vergessen
bar, es macht ihr Spaß. Doch im Moment, da sie das
frice gesehen, Treue, Freunoschaft,
Haus verläßt, steht sie dem Herzog gegenüber, und als
des jungen Weibes Lächeln. Seine
dieser sie wieder sieht, ist's um ihn geschehen. Der
Kusiker Dossi, der Bildhauer Ma¬
Zauber Beatrieens wirkt. Zwar erklärt er hochherzig,
t ihm. Vergebens haben sie ihm
als er erfährt, daß sie einem andern angetraut werden
Vorgia vor den Toren Bolognas
soll, daß er auf sie verzichte....
ht die letzte sei der dem Unter¬
„Nie war's mein Sinn, in fremdes Recht mit
dt.. was kümmert das ihn?
leichter Hand zu greifen“... sagt er schmerzlich bewegt
ht nur ihm und seiner Liebe ge¬
und gibt ihr den Weg frei. Aber sie bleibt stehen wie
ce nur umfangen kann. Und diese
gebannt, und, den Herzog unverwandt anblickend,
hstem Liebesrausch geleitet er sie
lockend, träumerisch, verheißungsvoll, wühlt sie in
an den Stufen des Hauses,
box 20/4
seinem Herzen heißes Begehren auf, und nur mit Blick
und Geberde unterjocht sie ihn völlig.
Er erklärt nun, da es ihr Wille scheine, ihm ihre
Gunst zu schenken, so kümmerts niemand mehr, und er
wirbt um sie, nachdem er erst an ihre Eltern, an ihren
Bruder und ihren Bräutigam Gnadenbeweise ausgeteilt,
mit den glühendsten Worten:
„Was aber Beatrice schenk ich Dir?
Ich bracht' auch Schutze mit von meiner Fahrt,
Wie sie dem Sinn von Frau'n gefallen mögen.
Sie sollen alle Dir gehören: Steine,
Und Kleider aus Damast, und Perlenschnüre
Sind alle Dein, und zu dem allen noch
Ein Schleier von so wunderbarer Schönheit
Wie keiner, den ein Mädchen dieses Lands
Und niemals eine Herzogin getragen. ...“
Aber sie lehnt alles ab. Nur als sein Weib, als
dies
Herzogin wir sie sein Schlafgemach betreten ...
Unerhörte sag sie ihm mit tändelndem Gleichmut, mit
lächelndem Munde, als wäre sie sich in ihrem naiven
Selbstgesühl der Tragweite ihrer Worte nicht bewußt.
Und — der Herzog willigt ein. Hier die Herzogskrone,
dort die Krone höchster Weiblichkeit ... Der Entschluß
wird seinen verliebten Sinnen nicht schwer.
„Denn zu nichts anderem als zu einem Sieg
Kann ich aus Deinen Armen mich erheben“...
hatte er schon vorher ausgerufen. Und da sie auf ihrer
Bedingung beharrt, so befiehlt er die Hochzeitsfeier zu
rüsten, den Kardinal zur Trauung zu berufen und ein
Fest der Schönheit zu feiern, würdig dieser Hochzeits¬
nacht. Beatrice wird Herzogin von Bologna. Der
kostbare, geheimnisvolle Schleier umhüllt sie, Vittorino,
ihr Bräutigam, aber geht hin und stößt sich das Messer
in das Herz.
Im dritten Akt kehrt sie zu Filippo Loschi wieder.
Eine unendliche Sehnsucht hat sie ergriffen und sie hat
vom Feste, von der Seite des herzoglichen Gatten sich
fortgeschlichen zu dem Geliebten, der sie eigentlich von
Stunde zu Stunde erwartet hatte, bis ihm die Gewi߬
heit wurde, daß der Herzog sie zur Gattin erwählt.
Und da, in seinem verzweifelten Schmerz, sieht er sie
plötzlich vor sich. Er fragt sie, warum sie zurückgekehrt,
nachdem sie ihn verlassen, und jubelnd bricht sie aus:
Weil ich mich nach Dir sehnte!
Mit solcher Sehnsucht, daß sie mächtiger war
Als alles... Mir war's, als gäb ich alle Größe hin
Und alles Glück der Erde, Licht und Leben¬
Nur einmal noch in Deinem Arm zu sein!
Nachdruck verboten.)
besinnt sie sich auf einen Traum, der sie in die
uilleton.
Arme des Herzogs Bentivoglio geführt hat, nachdem
er sie gestern an der Tür des Ladens ihres Vaters,
des alten Wappenschneiders Nardi, gesehen hatte, mit
Blicken sie betrachtend, die sein Verlangen deutlich
Theaterbrief.
kündeten. Und sie? Voll koketter Anmut und heim¬
Berlin, den 8. März.
licher Sinnlichkeit erzählt sie's dem angstvoll lauschenden
ers „Beatrice“ ist eine Art
Pilippo: sie träumte, daß sie dem Herzog sich vermählt.
Das Urweib, in Sünde geboren,
Da aber jagt der empörte Dichter sie davon:
dSünde gebärend, wo es sich
„Doch Träume sind Begierden ohne Mut,
ewußt jede Manneswürde, jeden
Sind freche Wünsche, die das Licht des Tages
jedes edle, reine, hohe Gefühl
Zurückjagt in die Winkel uns’rer Seele,
auslöschend, wenn sie in ihrer
Daraus sie erst bei Nacht zu kriechen wagen, —
ihrem Liebreiz, in ihrem kind¬
Und solch ein Traum, mit ausgestreckten Armen,
ihrer heißen Sinnenlust einem
Sehnsüchtig läßt er durstig Dich zurück....
fnaht. So ist der geniale Dichter
Und wie sie auch fleht und bittet und ihn ihrer Liebe
mOpfer gefallen, so der brave
versichert und voll heiterer Unbefangenheit schwört
macht der Herzog von Bologna,
„ein Traum wars doch“ . . .: er läßt sie ziehen. Mit
sie zu seiner Gemahlin, um Tod
zwei florentinischen Courtisanen, die in Begleitung von
ben zuzuwenden, nachdem Beatrice
jungen Edelleuten noch zu ihm kommen, sucht er seinen
ncesco erdolcht, zusammensinkt;
Schmerz zu betäuben. Im zweiten Akt finden wir
e junge, schöne Schwester mit
das
die
Beatrice wieder inmitten des Volkes,
Zärtlichkeit geliebt hat. Verderben
Ankunft des Herzogs erwartet und über das
eint, und dies nur durch ihren
ungewisse Schicksal der Stadt sich allen möglichen
#rch die Lieblichkeit und die holde
Beunruhigungen hingibt. Nur das schöne Kind ist
f die Seelen wirkt. Beatrice tut¬
heiter und unbekümmert, und willig läßt sie sich von
und weint, sie lügt und betet, sie
ihrem Bruder Francesco überreden, Vittorino, den
einem innern Zwange gehorchend,
Gesellen ihres Vaters, zu heiraten, damit sie geborgen
In kindlicher Unschuld ist sie
it.
sei an der Seite eines treuen Mannes, während der
So kommt sie im ersten Akte
Bruder sich als Freiwilliger den Schaaren anschließen
rsie vor drei Tagen auf einem
will, die dem Borgia entgegenziehen. Drum muß noch
ale gesehen. In seinem Garten
heute, gleich die Hochzeit sein. Beatricefindet das sehr lieb
unter Rosen und Lorbeerbüschen
und schön und geht ins Haus, um sich zur Kirche zu
hen Lieder nicht wieder, die Ago¬
schmücken. Zärtlich, in vollster Hingebung hat sie dem
aute vorsingt: Lieder, die er zum
Bräutigam sich anverlobt, und in reinstem Seelenfrieden
Teresina Fantuzzi gedichtet hat,
geht sie zur Ehe. Es ist das beste für sie, und offen¬
. Freundes, Schwester. Vergessen
bar, es macht ihr Spaß. Doch im Moment, da sie das
frice gesehen, Treue, Freunoschaft,
Haus verläßt, steht sie dem Herzog gegenüber, und als
des jungen Weibes Lächeln. Seine
dieser sie wieder sieht, ist's um ihn geschehen. Der
Kusiker Dossi, der Bildhauer Ma¬
Zauber Beatrieens wirkt. Zwar erklärt er hochherzig,
t ihm. Vergebens haben sie ihm
als er erfährt, daß sie einem andern angetraut werden
Vorgia vor den Toren Bolognas
soll, daß er auf sie verzichte....
ht die letzte sei der dem Unter¬
„Nie war's mein Sinn, in fremdes Recht mit
dt.. was kümmert das ihn?
leichter Hand zu greifen“... sagt er schmerzlich bewegt
ht nur ihm und seiner Liebe ge¬
und gibt ihr den Weg frei. Aber sie bleibt stehen wie
ce nur umfangen kann. Und diese
gebannt, und, den Herzog unverwandt anblickend,
hstem Liebesrausch geleitet er sie
lockend, träumerisch, verheißungsvoll, wühlt sie in
an den Stufen des Hauses,
box 20/4
seinem Herzen heißes Begehren auf, und nur mit Blick
und Geberde unterjocht sie ihn völlig.
Er erklärt nun, da es ihr Wille scheine, ihm ihre
Gunst zu schenken, so kümmerts niemand mehr, und er
wirbt um sie, nachdem er erst an ihre Eltern, an ihren
Bruder und ihren Bräutigam Gnadenbeweise ausgeteilt,
mit den glühendsten Worten:
„Was aber Beatrice schenk ich Dir?
Ich bracht' auch Schutze mit von meiner Fahrt,
Wie sie dem Sinn von Frau'n gefallen mögen.
Sie sollen alle Dir gehören: Steine,
Und Kleider aus Damast, und Perlenschnüre
Sind alle Dein, und zu dem allen noch
Ein Schleier von so wunderbarer Schönheit
Wie keiner, den ein Mädchen dieses Lands
Und niemals eine Herzogin getragen. ...“
Aber sie lehnt alles ab. Nur als sein Weib, als
dies
Herzogin wir sie sein Schlafgemach betreten ...
Unerhörte sag sie ihm mit tändelndem Gleichmut, mit
lächelndem Munde, als wäre sie sich in ihrem naiven
Selbstgesühl der Tragweite ihrer Worte nicht bewußt.
Und — der Herzog willigt ein. Hier die Herzogskrone,
dort die Krone höchster Weiblichkeit ... Der Entschluß
wird seinen verliebten Sinnen nicht schwer.
„Denn zu nichts anderem als zu einem Sieg
Kann ich aus Deinen Armen mich erheben“...
hatte er schon vorher ausgerufen. Und da sie auf ihrer
Bedingung beharrt, so befiehlt er die Hochzeitsfeier zu
rüsten, den Kardinal zur Trauung zu berufen und ein
Fest der Schönheit zu feiern, würdig dieser Hochzeits¬
nacht. Beatrice wird Herzogin von Bologna. Der
kostbare, geheimnisvolle Schleier umhüllt sie, Vittorino,
ihr Bräutigam, aber geht hin und stößt sich das Messer
in das Herz.
Im dritten Akt kehrt sie zu Filippo Loschi wieder.
Eine unendliche Sehnsucht hat sie ergriffen und sie hat
vom Feste, von der Seite des herzoglichen Gatten sich
fortgeschlichen zu dem Geliebten, der sie eigentlich von
Stunde zu Stunde erwartet hatte, bis ihm die Gewi߬
heit wurde, daß der Herzog sie zur Gattin erwählt.
Und da, in seinem verzweifelten Schmerz, sieht er sie
plötzlich vor sich. Er fragt sie, warum sie zurückgekehrt,
nachdem sie ihn verlassen, und jubelnd bricht sie aus:
Weil ich mich nach Dir sehnte!
Mit solcher Sehnsucht, daß sie mächtiger war
Als alles... Mir war's, als gäb ich alle Größe hin
Und alles Glück der Erde, Licht und Leben¬
Nur einmal noch in Deinem Arm zu sein!