II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 576

14.
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##Schlefer der Beatrice
höchster Instanz bestätigen. Aber weder das eine geschah,
Ihre Erwartungen so täuschen! So unvermutet in ein fnn
Feuilleton.
noch das andere. Im Gegenteil. Ganz mänschenstill',
völlig neues Kleid schlüpfen! ... Aber vielleicht thu'
verhalten sie sich. Es ist, als wenn ihren geschickten
ich ihnen unrecht. Vielleicht spielt hier ein anderer Um¬
Der Schleier der Beatriee.
Fingern die Feder plötzlich entfallen wäre ...
Wie
stand mit. „Der Schleier der Beatrice“ war nämlich
Es ist gerade ein Jahr her, da ging durch die
kommt das? .— fragt man sich unwillkürlich. Schnitzler
eine Ueberraschung, eine rechte Ueberraschung. Ein
Blätter die Kunde von einem Konslikt zwischen Arthur
gehört ja nicht zu jenen zahllosen Dichtern, deren
derartiges Stück hatte man von Schnitzler nicht er¬
Schnitzler und der Direktion des Wiener Burgtheaters.
Stimme man ii Gewirr des Tages überhören kann.
wartet und nun wissen die Herren nict, was sie mit
Der k. k. Direktor der Hofbühne, der bekanntlich
Die Leute, die in litterar'schen Dingen mitreden,
dieser merkwürdigen Dichtung, die von den bisherigen
seine Carriere damit begann, daß er Revolution machte,
horchen auf ihn. Wie kommt es also, daß sie jetzt
Schöpfungen Schnitzlers so seltsam absticht, beginnen
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um schließlich im Hafen einer allerunterthänigsten
seine neueste Dichtung so ganz und gar totschweigen?
mit welchem kritischen Maßstab sie an dieselbe
Reaktion einzulausen, hatte ein neues Drama des
Nun, ich will es erklären.
herantreten sollen. Und da Schweigen Gold ist, so
Dichters angenommen, sich sogar das Recht der Erst¬
Man ist heute daran gewöhnt, daß ein Dichter,
schweigen sie denn lieber und warten mit der Be¬
aufführung ausbedungen, aber nach einigen Monaten¬
der mit einem Drama durchschlägt, etwa den neuen
#urteilung ab, bis etwa eine günstigere Konstellation
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das Stück unter nichtssagenden Vorwänden dem Ver¬
Stoff oder das originelle Motio, dem er seinen Erfolg
diesem wunderlichen Wechselbalg leuchtet. Das wäre ja
fasser wieder zurückgestellt. Eine Reihe Wiener Schrift¬
verdankt, fortan monopolisiert. Er läßt sein Erzeugnis
allerdings höchst lobenswert, wenn es nur nicht so —
steller mit Ludwig Speidel und Hermann Bahr an der
gleichsam schweigend bei der Kritik patentieren, die ihn
unwahrscheinlich klänge ...
Man muß in der That
Spitze erließ darauf einen geharnischten Protest, worin
nun mit der neuen Marke in ihr Register einträgt.
die Entwicklung Schnitzlers von seinen feinen, nach
eb
Verwahrung eingelegt wurde gegen das ungerechte,
Und nun weiß man, was man von ihm zu halten
echt französischer Grazie duftenden Anatol=Scenen bis
willkürliche, durch nichts zu entschuldigende Vorgehen
habe. Man braucht nur in jenes ordnungsmäßig
zu seinem grotesk=schönen, in der Art Tiecks zwischen
des Porentaten am Franzensring. Klar konnte man
rubricierte Register einen Einblick zu thun, — und
Spiel und Wirklichkeit geradezu verwirrend schwebenden
indes aus diesen einander gegenüberstehenden Behaup¬
erfährt es: A — Berlin W.,
Fabrikarbeiter,
„Grünen Kakadu“ genau verfolgt und die vielen
tungen und Entgegnungen nicht werden, denn das
C Litteratur=Café, Arthur Schnitzler — „suges Mädel“.
spezifisch romantischen Elemente, die seinen meisten
eigentliche Streitobjekt, das abgelehnte Stück, war ja
Un“ so oft der auf solche Weise glücklich Eingeschachtelte
Stücken einen eigenartigen Reiz verleihen, bemerkt
noch unbekannt. Nun liegt aber seit einiger Zeit „Der
genannt wird, erscheint er fortan immer mit einer
haben, um seine letzte Dichtung als ein Resultat jener
Schleier der Beatrice" in Buchform*) vor — und
Etikette. So glaubt man sich vor jeder Ueberraschung
Entwicklung begreifen zu können. Sonst kann man es
seltsam! Man sollte meinen, jetzt werden die Herren
gesichert. Man setzt nämlich voraus, der erfolgreiche
sich nicht erklären, wie einer, der bisher ausschließlich
draußen in den Litteraturcentren, die die Diplome der
Dichter werde doch aus seinem einmal erworbenen
in der Sphäre modernen Lebens sich bewegte und hier
Unsterblichkeit verteilen und über das Schicksal eines
Paient recht ausgiebigen Nutzen zu ziehen wissen und
manchmal sogar hart an die mit sozialen Tendenzen
Werkes das entscheidende Wort sprechen, der deutschen
der Kritik keine unangenehme Verlegenheit bereiten
spielenden Motive streifte, mit einem Mal eine Dichtung
Litteraturwelt ihr Urteil verkünden und entweder das
wollen. Nun hat aber Schnitzler in der letzten Zeit
schreiben konnte, die von all' dem nichts hat, die von
Drama „retten“ oder das erste Verdammungsvotum in
dieses große Verbrechen doch begangen. Er wurde
all den Verhältnissen, in deren Bann er bisher stand,
seinen süßen Mädeln untreu. Er hat sie verlassen. himmelweit entfernt und die insbesondere von jenem

*) Bei S. Fischer, Verlag, Berlin.
Das aber verzeihen ihm die Herren nie und nimmer.I so künstlerisch=souveränen Hauch durchweht ist, wie ihn i#mia