11.
box 17/2
Reigen
Telephon 12801.
Alex. Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
P
„SBSEN VI
Nr. 14
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrich
Wien, I., Concondiaplarz 4.
Vertretungen in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, Newyork, P’aris, R
Stockholm. Kristiania, St. Petersburg.
Ausschnitt aus:
Rewsureer Bachrlahten
voms 1 /6 1000
T Der Münchner akademisch-dramatische
(Verein veranstaltete, wie uns unser Correspondent
meldet, unter Beiziehung von Berufskünstlern
hiesiger Bühnen einen Theaterabend, der zunächst
einem einactigen Drama „Die Tragödie des
Triumphes“ von Karl Goldmann galt. Der Ver¬
fasser ist ein Mitglied des Vereins und das Stück
trägt die Spuren eines Erstlingswerkes nur allzu¬
deutlich an sich. Aus der Handlung hätte sich
vielleicht etwas machen lassen. Ein junger Bild¬
hauer soll sich mit der Tochter seines Onkels, die
ihn aufrichtig liebt, verloben. Ihm bedeutet diese
Verlobung freilich nur einen Zwang, dem er sich
nicht entziehen kann, und der ihm bereits allen
Glauben an seine Kunst und seine Schaffenskraft
Für
inclusive
genommen hat. Da besucht ihn ein Freund, der
Porto.
die ganze Lage sofort durchschaut und die Braut
—
Zahlbar
auch zur Entsagung bewegt. An ihrem Vater
im Voraut
10
aber scheitern seine Bemühungen. Als letzterer
in der heftigen Unterredung mit dem Hammer
ehnitte ist da
Abon
ch steht es de
ein angefangenes Werk des Bildhauers zer¬
ändern.
trümmern will, stürzt der Freund dazwischen
und empfängt den Todesstreich.
Sein
G
enthaltend di
Tod für die Ueberzeugung zur Kunst seines Freundes
Inhal
er Morgen
giebt letzterem die innere Freiheit wieder und läßt
blä
iener Zeitung
ihn nun in eine schaffensfrohe Zukunft blicken!
wodu:
wirthschaftlicht
Man sieht, zu der gut gemeinten Fabel gesellt sich
Leber
ird. Diese Mit¬
theilu
sofort eine geradezu abstoßende innere Kälte. Man
glaubt der Künstlerschaft des Bildhauers nicht, der
angesichts des Sterbenden dessen Tod förmlich ver¬
gnügt als nöthige Staffel zu seinem Ruhm erkennt,
und dieser Gesinnungserbärmlichkeit gegenüber
wirkes auch die langwierigen Ueberredungsversuche
des Freundes bei Bräutigam, Braut und Braut¬
rater nicht anders, wie als eine unmotivirte Ein¬
mischung in fremde Angelegenheit. Die Dialog¬
führung zeigt oft das vergebene Bestreben, für
psychologische Feinheiten die richtige Form und
Motivirung zu finden. Es ist eine „Tragödie der
Rubeholfenheit“, in der eine halbfertige drama¬
tische Idee durch den Mangel an gradliniger Logil
und Bühnenkenntniß vernichtet wird. Das Stück
wurde abgelehnt. — Umsomehr verständnißvollere
Anerkennung fanden die Bruchstücke aus Schnitzlers
„Reigen“. Trotzdem der Abend nicht „öffentlich
war, hatte man die drei zahmsten der zehn Dialoge
— nämlich Junge Frau und junger Mann, Junge
Frau und Ehemann, und schließlich Ehemann und
süßes Mädel — und auch diese nicht ohne heilsame
Retonche, ansgewählt Immerhin kann die Auf¬
führung als ein beispielloses Wagniß gelten, und
wenn auch die Art, mit der hier heikelste Themen
umgangen oder angedeutet werden, lebhaften Beifall
fand, so mußte doch erkannt werden, daß die „Reigen
im brutal wirkenden Wirklichkeitshintergrund der
Bühne nicht gewonnen hatten und die hinter der
gerissenen Causerie lauernde Herzenskälte viel
klarer zum Bewußtsein kam. Speciell dem „akademisch¬
dramatischen“ Verein hätte vielleicht manch anderes
der Auferstehung harrendes Werk doch näher gelegen.
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs
„OBSERVEF
I. österr. behördl. conc. Pareau für Zeitungsberichte u. Perse
Wien, I., Concondiaplarz 4.:
Vertretungen in Berlir., Budapest, Chicago, Genf, London, Newyork, ris, Rom,
Stockholm, Kristiania, St. Petersburg.
umehnen „Momntädspift
Ausschnitt aus:
vom: 2 1// 700
ERSATZ
Akademisch=dramatischer Verein.
ld.
Donnerstag, den 25. Juni erlebte im Kaimsaal vor
einem geladenen Publikum Karl Goldmann's „Die
Tragödie des Triumphes“ ihre Uraufführung.
Für den jungen Verfasser bedeutete die Aufnahme keinen
Triumph, obwohl sich die Mitwirkenden, Herren Karl¬
Heinz („Walter“) und Georg=Otto („sein Freund
Arnold“) alle Mühe gaben, das Stück vor einem Durch¬
fall zu retten; denn während der Aufführung hörte man
inclusive
Päxvon allen Seiten des Auditoriums lachen und zum
Porto.
Schlusse wurde gezischt. Wir versagen es uns deshalb,
Zahlbar
1
„ auf die Handlung der Tragödie näher einzugehen, weil
im Voraus.
dieselbe wohl nirgends Interesse zu erregen imstande ist.
nitte ist das
Immerhin darf der junge Verfasser wegen dieses Mi߬
steht es den
ändern.
aheerfolges den Mut nicht verlieren. Mit der Darstellung
Abdreier Dialoge aus Arthur Schnitzlers „Reigen
nthaltend die
hatte der Verein den Mißerfolg vollständig wett gemacht,
r Morgen¬
denn alle 3 Dialoge (im ganzen erschienen unter dem
ener Zeitung
lulritel „Reigen“ 10 solche Dialoge) wurden trotz oder
irthschaftliche
b1
d. Diese Mit¬
wolbegen der amusanten Situationen mit lebhaftem Beifall
Lebeklatscht. Zuerst wurde der vierte Dialog: „Junger
thHerr und junge Frau“, dann der fünfte: „Junge Frau
und Ehemann“ und zum Schlusse der sechste: „Ehemann
und süßes Mädel“ gegeben. Im ersterwähnten Dialog
wirkt es geradezu hochkomisch, wie die junge Frau die
Junggesellenwohnung verläßt, ohne daß der junge Herr
zum Ziele kommen konnte, aus dem einfachen Grunde,
weil er sich nicht kräftig genug fühlte, um ... Herr
der Situation zu werden. Der zweite Dialog zwischen
derselben jungen Frau und ihrem Ehemann endigt
damit, daß die Theorien der Ehe, bei Lampenlicht be¬
sprochen, bei Dunkelheit in die Praxis übertragen werden,
d. h. den Zuhörer beschleicht eine „dunkle Ahnung“.
Der dritte Dialog spielt zwischen dem Ehemann und
dem „süßen Mädel“, in welchem der Ehemann an¬
scheinend mehr Erfolg hat wie im ersten Dialog seine
junge Frau. Ort der Handlung: chambre separée.
Trotzdem die Zensur viele Striche vorgenommen, waren
alle Dialoge geistreich, was bei einem Schriftsteller wie
Arthur Schnitzler nicht Wunder nimmt. Der Erfolg
war sehr groß. Gespielt wurde durchwegs ausgezeichnet;
insbesondere gilt dies von den Herren Karl Heinz
(Junger Herr), Georg=Otto' (Ehemann) und Frl.
Erhardt (Süßes Mädel).
box 17/2
Reigen
Telephon 12801.
Alex. Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
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„SBSEN VI
Nr. 14
I. österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrich
Wien, I., Concondiaplarz 4.
Vertretungen in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, Newyork, P’aris, R
Stockholm. Kristiania, St. Petersburg.
Ausschnitt aus:
Rewsureer Bachrlahten
voms 1 /6 1000
T Der Münchner akademisch-dramatische
(Verein veranstaltete, wie uns unser Correspondent
meldet, unter Beiziehung von Berufskünstlern
hiesiger Bühnen einen Theaterabend, der zunächst
einem einactigen Drama „Die Tragödie des
Triumphes“ von Karl Goldmann galt. Der Ver¬
fasser ist ein Mitglied des Vereins und das Stück
trägt die Spuren eines Erstlingswerkes nur allzu¬
deutlich an sich. Aus der Handlung hätte sich
vielleicht etwas machen lassen. Ein junger Bild¬
hauer soll sich mit der Tochter seines Onkels, die
ihn aufrichtig liebt, verloben. Ihm bedeutet diese
Verlobung freilich nur einen Zwang, dem er sich
nicht entziehen kann, und der ihm bereits allen
Glauben an seine Kunst und seine Schaffenskraft
Für
inclusive
genommen hat. Da besucht ihn ein Freund, der
Porto.
die ganze Lage sofort durchschaut und die Braut
—
Zahlbar
auch zur Entsagung bewegt. An ihrem Vater
im Voraut
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aber scheitern seine Bemühungen. Als letzterer
in der heftigen Unterredung mit dem Hammer
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ein angefangenes Werk des Bildhauers zer¬
ändern.
trümmern will, stürzt der Freund dazwischen
und empfängt den Todesstreich.
Sein
G
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Tod für die Ueberzeugung zur Kunst seines Freundes
Inhal
er Morgen
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iener Zeitung
ihn nun in eine schaffensfrohe Zukunft blicken!
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wirthschaftlicht
Man sieht, zu der gut gemeinten Fabel gesellt sich
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glaubt der Künstlerschaft des Bildhauers nicht, der
angesichts des Sterbenden dessen Tod förmlich ver¬
gnügt als nöthige Staffel zu seinem Ruhm erkennt,
und dieser Gesinnungserbärmlichkeit gegenüber
wirkes auch die langwierigen Ueberredungsversuche
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rater nicht anders, wie als eine unmotivirte Ein¬
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psychologische Feinheiten die richtige Form und
Motivirung zu finden. Es ist eine „Tragödie der
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tische Idee durch den Mangel an gradliniger Logil
und Bühnenkenntniß vernichtet wird. Das Stück
wurde abgelehnt. — Umsomehr verständnißvollere
Anerkennung fanden die Bruchstücke aus Schnitzlers
„Reigen“. Trotzdem der Abend nicht „öffentlich
war, hatte man die drei zahmsten der zehn Dialoge
— nämlich Junge Frau und junger Mann, Junge
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süßes Mädel — und auch diese nicht ohne heilsame
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wenn auch die Art, mit der hier heikelste Themen
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Bühne nicht gewonnen hatten und die hinter der
gerissenen Causerie lauernde Herzenskälte viel
klarer zum Bewußtsein kam. Speciell dem „akademisch¬
dramatischen“ Verein hätte vielleicht manch anderes
der Auferstehung harrendes Werk doch näher gelegen.
Telephon 12801.
Alex. Weigl’s Unternehmen für Zeitungs
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I. österr. behördl. conc. Pareau für Zeitungsberichte u. Perse
Wien, I., Concondiaplarz 4.:
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Stockholm, Kristiania, St. Petersburg.
umehnen „Momntädspift
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vom: 2 1// 700
ERSATZ
Akademisch=dramatischer Verein.
ld.
Donnerstag, den 25. Juni erlebte im Kaimsaal vor
einem geladenen Publikum Karl Goldmann's „Die
Tragödie des Triumphes“ ihre Uraufführung.
Für den jungen Verfasser bedeutete die Aufnahme keinen
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Heinz („Walter“) und Georg=Otto („sein Freund
Arnold“) alle Mühe gaben, das Stück vor einem Durch¬
fall zu retten; denn während der Aufführung hörte man
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Päxvon allen Seiten des Auditoriums lachen und zum
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Schlusse wurde gezischt. Wir versagen es uns deshalb,
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„ auf die Handlung der Tragödie näher einzugehen, weil
im Voraus.
dieselbe wohl nirgends Interesse zu erregen imstande ist.
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aheerfolges den Mut nicht verlieren. Mit der Darstellung
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hatte der Verein den Mißerfolg vollständig wett gemacht,
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denn alle 3 Dialoge (im ganzen erschienen unter dem
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weil er sich nicht kräftig genug fühlte, um ... Herr
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Der dritte Dialog spielt zwischen dem Ehemann und
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junge Frau. Ort der Handlung: chambre separée.
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alle Dialoge geistreich, was bei einem Schriftsteller wie
Arthur Schnitzler nicht Wunder nimmt. Der Erfolg
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insbesondere gilt dies von den Herren Karl Heinz
(Junger Herr), Georg=Otto' (Ehemann) und Frl.
Erhardt (Süßes Mädel).