II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 162

11. Reigen
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üppiger denn je in Wien. Die Kritik, das weiß jedermann, ist subjek
tive Meinungsäußerung, und am subjektivsten, wo sie, wie der Wiener
sagt, mit dem Theater „verbandelt“ ist. Objektiv sind allein die Re¬
porter, welche die Theater Tag und Nacht durchforschen. Sie bringen
unumstößliche Tatsachen: an wie viel Schnüren der neue Drache hängt;
daß der neue Theaterdolch aus Gummi verfertigt ist; wie hoch der
Schmuck der Darstellerin bewertet ist und daß ihn Bühnendetektivs be¬
wachen. Wir erfahren, wie viel Kilometer ein radelnder „Liebling“ in
der Stunde nimmt und was ein kecker Schnabel dem Direktor auf der
Probe zugerufen hat. Die Kritik schöpft aus schwankenden Uber¬
zeugungen, der Theaterplauderer schöpft aus zuverlässigen Quellen
* * *
Der Theaterklatsch ist Wissenschaft geworden. ... „Im Geschrei, Toben
und Wüten der Parteien, heißt es zum Schluß, im Gezänke, im
Machtgebiet eines bildungsfeindlichen Pöbels kann der Geist nicht in
edle, nicht in starke Schwingung kommen, kann keine große, aus tiefer
Innerlichkeit strömende Melodie, kein großer, freier Linienzug zum
Lichte dringen. Da kann höchstens das schrille Pfeiferl eines Hermann
Bahr durchtönen, der immer neue Stationen der Kunst ausruft. Dem
Kunstkondukteur sind alle Stationen gleich — wenn nur recht viele
Leute einsteigen.: —
Das Feuilleton ist -Wiene betitelt, und unter all
den grotesken Sonderbarkeiten, die der Autor unter diesem Titel zu¬
sammenreiht, fehlt nur die eine, groteskeste: daß ein solches Feuilleton
nicht in Wien erscheinen kann.
Analphabet. Das „Deutsche Volksblatt“ hat endlich einmal einen
umfassenden Uberblick über die Verheerungen geboten, die das Juden¬
um in der modernen Literatur angerie#e: hat. Im Feuilleton vom
20. November hält ein Herr, dessen Auffassungskraft der jahrelangen
Lektüre der „Fackel“ offenbar nicht gewachsen war, mit der Journalistik,
welche die literarischen Werte bestimmt, eine Abrechnung, an deren
Schluß er zu dem folgenden urdrolligen Resultat gelangt: Ein un¬
bekannter christlicher Autor vermag, wie bereits erwähnt, überhaupt
nicht mehr aufzukommen.
Aber nicht nur das Theater, nicht
nur das Drama, auch das übrige Schrifttum steht unter dem Ein¬
lusse des Judentums und der dazu gehörigen Clique. Sämtliche Fach¬
zeitschriften auf diesem Gebiete befinden sich in ihren Händen. Werden
n der Theaterrubrik der Tagespresse die Bühnenautoren „gemacht’, so
werden hier die Romanschriftsteller, Novellisten und „lyrischen“ Dichter
fabriziert. Hier sind die Wassermann, Jacobsen, Bierbaum, Hart¬
leben, Groller, Holländer, Lindau, Auernbeimer, Schlaf etc. die
Tonangebenden, während den unabhängigen arischen Schriftstellern diese
Spalten ebenso verschlossen bleiben wie die Bühnen. Im Reiche der
Lyrik herrschen die Herren Busse, Dehmel, Falke, Hofmannsthal,
Arno Holz, Bierbaum und Schuh. Judenjüngel, geistige Nullen, werden
als „Jung-Wien-Lyriker“ gepriesen.: Ob die Jacobsen, Dehmel, Falke,
Hofmannsthal, Holz, Schlaf etc. bedeutendere Dichter sind als Geßmann d.).
und der Magistratslyriker Foral (Verlag von E. Vergani & Comp.), das
ernstlich zu erörtern, mag riskieren, wer den Verdacht nicht scheut, für