II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 192

Bühne.
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11.
box 17/3
Reigen
Schnitzler unter dem Titel „Reigen zusam¬
menfaßte. Hätte der geistvolle Wiener Dichter
seinen „Reigen“ für bühnenfähig gehalten
dann würde er wohl selbst eine Aufführung vor¬
bereitet oder angeregt haben. Doch ebenso wie
Schnitzler weiß jeder Schriftsteller, ja jeder
denkende Leser, daß Novellen, in denen die
Dialogform vorherrscht, fast so selten Theater¬
tücke sind wie Tafelredner Schauspieler.
Was Goethe in den wenigen Worten von der
Frauen Weh und Ach sagt, das aus einem
Punkte zu kurieren sei, und Heine in den
bitteren Versen andeutete: „Weißt du, mein
Kind, was Liebe ist? Ein Stern in einem
Haufen Mis.“ — das hat Schnitzler in seinem
„Reigen“ in bunten Bildern gezeigt. Er stellt
die verliebten und verliebt tuenden Männlein
und Weiblein aus den Tiefen der Gesellschaft
(die oft als ihre Höhen gelten) vor unsere
Augen, und wenn er auch widerliche, abstoßende
Ausschnitte aus dem Leben produziert, ein
Schimmer seiner Poesie erhellt das Dunkel
und verschönt beinahe das Häßliche. Um im
Gleichnis zu reden: Sonnenstrahlen auf Morast¬
pfützen.
Der ungarische Bearbeiter des „Reigens“
nahm jedoch dem Werk Schnitzlers die Sonnen¬
strahlen, den Glanz des Talents und den Zauber
der Dichtkunst. Mit derber Hand wurden diese
künstlerisch sorgsam gefeilten und #iselierten
Skizzen zerschlagen und das Gröbste und
Schmutzigste auf die Bretter gezerrt, ja durch
Roheiten eigener Mache noch vergröbert. Schnitz¬
lers Buch fand i# Vexander Brody einen aus¬
gezeichneten Ueber####e., doch diese Uebertragung
genügte dem Direktor der „Neuen Bühne“ bei
einer Dramatisierung nicht. Er wollte Schnitz¬
ler und Brody noch übertrumpfen und hat doch
mit Verlaub zu sagen
nur durch seine —
schriftstellerischen und musikalischen Ergänzun¬
gen Inhalt und Sinn eines literarischen Werkes
gefälscht und karikiert. Daß der Mensch aus
Gemeinem gemacht ist, wissen wir alle seit
Schiller, daß aber der Mensch nur Gemeinheiten
begeht, wissen wir erst seit Kövessy. Diesen
Namen führt nämlich jener Theaterdirektor, der
den „Reigen“ dramatisierte, der Artur Schnitzler
unter die Arme griff und auf die Beine half,
damit der Dichter der „Liebelei“ und des
„Schleiers der Beatrice“ endlich wie ein Sieger
über die ungarische Bühne schreiten könne
Schnitzlers süßes Mädel Christine hatte nämlich
auf dem ungarischen Theater wenig Glück, und
auch sein süßer Junge Anatol fand hier nicht
jene Aufnahme, die er verdient hätte. Durch die
Dramatisierung des „Reigens“ wurde der
Wiener Dichter aber geradezu kompromittiert.
Das war kein Reigen mehr, sondern ein Veits¬
tanz.
Das Stück in Stücken, wie es Goethe wünscht
egann mit einem Prolog, wie ihn Shakespeare
liebte. Ein Schulmädel erschien vor dem Vor¬
hang und erzählte dem Publikum mit perversem
Augenspiel, daß heute Schnitzlers „Reigen“ auf¬
eführt werden solle. „Ich kenne,“ lispelte die
Kleine ungefähr, „die ganze moderne Literatur.
tur Schnitzler hat mir die Natur bisher versagt
Und doch soll Schnitzler pikant sein. Wie gern
möchte ich dableiben und den „Reigen“ mit¬
hüpfen. Aber Kindern ist der Eintritt verboten.
Ich gehe heim und lege mich ins Bettelein.
Bitte, erzählen Sie mir morgen, was Sie ge¬
ehen und gehört haben.“ Nach dieser Einleitung
erhebt sich der sanft gerötete Vorhang: Das
Publikum sieht den Soldaten und die Dirne,
den jungen Herrn und das Stubenmädchen, die
anständige Frau und ihren Liebhaber, den Ehe¬
mann und das süße Mädel, den Dichter und die
Schauspielerin, kurz jene Figuren, die Schnitzler
meisterhaft gezeichnet hat, die jedoch hier mit
grellen, schreienden, ordinären Farben über¬
kleckst wurden. Wie ein klassisches Drama im
Kino wirkt der „Reigen“ in dieser Bearbeitung
ür die Bühne. Er macht auf den westeuropäischen
Zuschauer etwa den Eindruck, den die allzu
realistischen, durch barbarische Musikbegleitung
verschärften Schattenspiele im Orient hervor¬
rufen, die Auge und Ohr verletzen und Trommel¬
und Zwerchfell revoltieren.
Zum „Reigen“ Schnitzlers ließ der kühne
Theaterdirektor zu allem Ueberfluß noch eine
ogenannte illustrierende Musik erklingen. Es
st schwer, rund herauszusagen, wann diese
Musik laut wird. Immerhin sei der Versuch
unternommen, es zum mindesten flüchtig anzu¬
deuten. Schnitzler läßt bekanntlich im „Reigen“
die Liebenden rasch die letzte Station erreichen.
So wird denn auch das Bett das wichtigste
Bühnenrequisit. Oft meint man, nicht Schnitz¬
ers Skizzen „Reigen“, sondern Lavedans
Skizzen „Le lit“ vor sich zu haben. Und wie in
Wedekinds „Frühlings Erwachen“ verdunkelt
sich die Bühne immer in jenem Augenblick, wo
es zum äußersten kommt. Tritt aber die Finster¬
nis im Theater ein, dann beginnen die Geigen