II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 679

11. Reigen
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s. die Zuwiderhandlung auf einem Ver¬
schulden beruht.
Ueber die erste Voraussetzung wird auf den
von der Direktion eingelegten Widerspruch das
Gericht zu entscheiden haben. Für die zweite
Voraussetzung wird es sich vor allem fragen, ob
einem Theaterleiter zugemutet werden kann,
ein Stück, das er in wochenlanger Arbeit vorbe¬
reitet, für das er besondere künstlerische Kräfte
engagiert, große Aufwendungen an Dekorationen
und Kostümen gemacht hat, einfach vom Spielplan
abzusetzen, das Personal zu entlassen und sich in
dem besten Teil der Saison vor leeren Häusern zu
sehen, nur weil es der Vermieterin gefällt, ihr
drei Stunden vor der Erstauffüh¬
rung den Gerichtsvollzieher mit einer einstwei¬
ligen Verfügung ins Haus zu schicken. Das Ge¬
richt wird zu prüfen haben, weshalb, angesichts
der bereits seit Wochen durch die Presse gegan¬
genen Notizen über die Aufführung des Reigens,
das sittliche Aergernis im Kultusministerium sie
erst in den letzten Tagen so verdichtet hatte, daß
hm nur noch der Weg der schleunigen einstweili¬
egn Verfügung ohne mündliche Verhand¬
lung und ohne Anhörung der Gegen¬
seite übrig blieb.
*
Zurückziehung des Verbots.
Wie wir hören, wird die „Hochschule für
Musik“, auf deren Antrag die einstweilige Ver¬
fügung des Landgerichts III ergangen ist, nach
dem Eindruck der gestrigen Erstaufführung ihren
Protest gegen die Aufführung von Schnitzlers
„Reigen“ zurückziehen. Die angedrohte
Haftstrafe wird nicht vollstreckt wer¬
den, da ein dahingehender Antrag von der Hoch¬
schule für Musik nicht gestellt werden wird und
eine Inhaftnahme der Frau Eysoldt und des Di¬
rektors Maximilian Sladek nicht erfolgen wird.
Rechtsanwalt Dr. Ahlsberg, der Ver¬
treter der Hochschule für Musik, erklärte einem
unserer Mitarbeiter, daß durch die Art der Auf¬
führung im Kleinen Schauspielhause der Cha¬
rakter von Schnitzlers „Reigen“ völlig verändert
sei. Das gebe seiner Mandantin Anlaß, ihren
Standpunkt einer Revision zu unterziehen. Es
sei nicht richtig, daß der eigentliche Beweggrund
für das Einschreiten gegen die Direktion des
Kleinen Schauspielhauses der Wunsch gewesen
ei, das Theater aus den Räumen der Hochschule
für Musik zu verdrängen.
Diese Absicht habe völlig ferngelegen.
Es
habe sich für die Hochschule für Musik lediglich
Berlner oul
usplelpian.
vom Sonntag, 26. Dezbr., bis Montag, 3. Januar.
Nachmittagsvorstellungen am 1. und 2. Januar.
Erstaufführungen der kommenden Woche:
Donnerstag: Neues Volkstheater: Amt Steinplatz 456.
Freitag: Schiller: Der ehemalige Leutnant.
Trianon=Theater. Kam¬
Staatsoper. 26. Tristan
mermusik.
solde. (R. S. 56). 27.
Nachm.: Die Raschhoffs.
935).
Mignon. (Nr.
Hänsel u. Gretel. Puppen¬
Th. a. Rollendorf=Platz.
Wenn Liebe erwacht
ee. (Nr. 236). 29. Boheme.
Nr.237). 30. Waffenschmied.
Nachm.: 1. Eva. 2. Jux¬
Barbier.
aron.
Nr. 238). 31.
Nr. 239). 1. Meistersinger
Relson =Theater. Total
Carmen.
R. S. 57). 2.
Nr. 1). 3. Amoretten. Ba¬
Wallner=Theater. Tgl.:
sazzi. (Nr.
2).
d. Geiger v. Lugano.
Schauspielhaus.
W.
Nachm.: Ballnacht.
6.
30., 2. Kronprinz. (R.
133. Nr. 241, 3). 27., 31.
Berliner. Die spanische
Journalisten. (Nr. 239, 242)
Nachtigall.
28., 1., 2. König Richard III.
Nachm.: Letzte Walzer.
29. Peer
1, 2).
Nr. 240

darum gehandelt, den Vorwurf zu vermeiden,
daß in ihren Räumen ein Stück zur Aufführung
gelange, das nach allgemeiner Auffassung sich
ür eine Aufführung nicht eigne und auf der
Bühne anstößig wirken müsse. Erst nachdem
direkte Verhandlungen zwischen der Hochschale
für Musik und der Direktion des Kleinen Schau¬
pielhaufes gescheitert seien, habe sich die Hoch¬
schule für Musik entschlossen, die Gerichte anzu¬
rufen. Es sei aber der Direktion des Kleinen
Schauspielhauses tatsächlich gelungen, den
Reigen“ in einer Aufführung herauszubringen,
der jede Laszivitöt fernliegt. Unter diesen Um¬
ständen dürfte die Hochschule für Musik ihren
Protest gegen die weiteren Aufführungen ron
Reigen“zurückziehen.
Neues vom Tage.
Millionenschwindel einer „Einkaufs¬
vereinigung“.
„Einkaufsvereinigung für die Beamten und
Arbeiter von Handel und Industrie, J. H. Rück
u. Co., Berlin W 35, Potsdamer Straße 50“
nannte sich eine Schwindelfirma, die von der
Kriminalpolizei jetzt aufgelöst wurde. Ihre In¬
haber waren ein Herr Rück und ein Deutsch¬
amerikaner Welz, die den Betrieb im März
dieses Jahres in einem einzigen Raum eröffne¬
ten. Die Einrichtung dieses Raumes bestand
ediglich aus einem Tisch, einem Stuhl und einer
Schreibmaschine. Um so größer waren dieser
Bescheidenheit gegenüber die Geschäfte der Ein¬
aufsgesellchsaft. Rück und Welz hatten es ver¬
tanden, eine Auskunftei so zu täuschen, daß sie
über ihre Gesellschaft die allerbesten Auskünfte
gab. Die Gesellschaft kaufte vor allem Export¬
waren, Manufakturwaren, Eisen= und Stahl¬
waren usw. Güter wurden gleich nach Ham¬
burg geliefert und dort zur Ausfuhr nach Eng¬
land und Amerika verschifft. Weil die Firma
ge¬
zunächst kleinere Beträge pünktlich zahlte,
wann sie immer mehr Vertrauen. Als dann
aber große Summen fällig wurden, löste sie die
Wechsel nicht mehr ein. Es kam endlich so weit,
daß der Gerichtsvollzieher ein und aus ging
Zu pfänden aber fand er nichts als die Schreib¬
maschine und die anderen geringen Einrichtungs¬
gegenstände. Erst jetzt erfuhren die Gläubiger,
daß das ganze Unternehmen von vornherein auf
einen großen Schwindel angelegt war. Sie
wandten sich an die Kriminalpolizei. Gestern
endlich gelang es, Rück festzunehmen, als er von
einer Londoner Reise zurückkehrte. Welz ist
unterdessen nach Amerika abgefahren, um dort
die erschwindelten Waren zu Geld zu machen.
Nach den bisherigen Ermittlungen betragen die
Schulden, die die „Einkaufsvereinigung“ hinter¬
lassen hat, schon über eine Mill on Mark.
Die neue Weltsprache.
Liebe „B. 8.!“
Ich wollte auf Weihnachtsurlaub von Wien
nach Berlin fahren und hatte mit List und Tücke
vier Schlafwagenplätze erlangt. Da sie in dem¬
selben Abteil lagen, und die vier Reisegefährten
weder nach Geschlecht noch Familie zusammen¬
gehörten, versuchte ich den Schaffner zu einem
Austausch des vierbettigen Abteils gegen zwei
zweibettige zu bewegen. Das sei unmöglich, meinte
r. Und als ich von einer „Anerkennung“ sprach,
sah er mich erst von der Seite an: „In welcher
Valuta reden Sie?“

nur des Flugverkehrs innerhald Deutf
lands, sondern darüber hinaus des ints enation
len Flugverkehrs zu machen. Es hat sich herau
gestellt, daß die jetzt vorhandenen Berliner Flu
lätze zu weit entfernt liegen, und dadurch
d
Flugverkehr wesentlich verteuern. Deshalb wi
hr ernsthaft der Gedanke erwogen, nach ame
kanischem Muster innerhalb des Weichbildes
Stadt einen großen Umschlageplatz für den Fi##
verkehr zu schaffen.
Von einem Auto überfahren.
Heute vormittag wurde in Pankow an
ze
Ecke der Kreuz= und Schultzestraße, die
Jahre alte Hermine Traeger

Schultzestraße 23, beim Ueberschreiten
Straßendammes von einem Kraftwagen
fahren. Sie wurde nach der Rettungsstelle
gebracht, wo der Arzt nur noch den Tod
Mädchens feststellen konnte.
Der siebzigjährige Steinthal.
In der Wohnung des Geheimen Kommerzi
rats Max Steinthal, des stellvertretend
Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Deutse
Bank, der heute seinen 70. Geburtstag feiert,
schien heute früh als erster Gratulant der Gesar
verein der Beamten der Deutschen Bank, um d
Jubilar ein Ständchen zu bringen. Kurz dar
beglückwünschten das gesamte Direktori
der Bank und zahlreiche Mitglieder des Aufsich
rats ihren Kollegen, dem sie als Jubiläumsg
üb
ine Handskizze, die Steinthal darstellt,
reichten. Zahlreiche Glückwunschtelegramme,
unter eine besonders herzlich gehaltene Adre
des Berliner Magsstrats zeugen
der großen Beliebtheit des Siebzigjährigen.
Bankdirektor Geheimrat Steinthal m
nicht nur die Finanzwelt, sondern auch die Sam
ler und Kunstfreunde Berlins als G
tulanten bei sich sehen. Seit Jahrzehnten
das gastfreundliche Haus des ehemaligen Dir
tors der Deutschen Bank auch zugleich das He
eines Kunstfreundes gewesen, der in selbstlo
Weise am Schaffen und an der künstlevisch
Arbeit der Zeit teilnahm.
Die Berliner Museen haben in ihm seit le
gem einen unterstützenden Freund. Sein Ha
nicht eigentlich im Sinne einer Sammlung
olcher geführt, ist mit Kunstschätzen hohen
tes und sorgfältiger Auswahl gefüllt. Rel
wertvollen alten Niederländern begegn
wir Meisterwerken neuerer Kunit, wie Lei
und Segantini, neben Miniaturen all
rsten Ranges, darunter einige ganz bedeute
englische Stücke, treffen wir italienische Bron
gewählter Qualität, Edelmetallarbeiten und
velins. Sowohl die alte Kunst wie die moder
Kunst hat hier immer bereitwillige Fördern
und Unterstützung gefunden.
Die nächste „B 3.“
Die nächste Ausgabe der „B. Z. am Mitte
erscheint der Feiertage wegen erst am komment
Montag.
Die „Berliner Montagspost“ ersche
wie üblich, Montag früh; sie bringot die Fo
etzung über den „Pajok“, die Grundlage
Moskauer Lebens.
Hohe Geldstrafe für einen Platinschieb
Das Schöffengericht Lörrach verurte
den Händler Robert Augsburger aus St. Irm
zu 1½ Millionen Mark Geldstra
weil er 4½ Kilo Platin, das heute einen P
von etwa 600000 Mark darstellt, in die Schu
verschieben wollte. Das Platin wurde beschl
nahmt.