II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 997

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11. Reigen
J. Fr. Münchenenheater. Artur Schnitzlers „Reigen“,
jene im Buch so hübsche
Dialoge vom Reigen des Ervs.
die in Berlin bei gewissen Kren##ung erregt haben, kam, wie
unser Korrespondent aus Münchee###tgietzt auch am dortigen
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Schauspielhaus zur Erstaufführung undene ohne Skandal.
Für das gegenwärtige München eine fast erstattsache. Es

wurde nach der zweiten Hälfte sogar lebhaft geklatscht. De##ung
in der Inszenierung von Hermine Körner vergröberte diese g#
für die Bühne gestalteten Dialoge, und manches wurde mißverständlich
ins bewußt Groteske verzerrt
mahmd.
Tyeter=Rundschau.] Aus München wird uns ge¬ 25JAf 97
meldet: Wer nach den Berliner Vorgängen bei Schnitlers
„Reigen“ einen Theaterskandal erwartet hatte, sah sich getauscht,
denn die Aufführung im Münchener Schauspielhaus
verlief harmlos=gemütlich. Bis etwa zur Hälfte der Bilder blieb
das Publikum abwartend ungewiß, ob man sich amüsiert zeigen
dürfe oder ob es sich doch gehöre, ein bißchen moralisch schokiert zu
sein. Dann gab es nach einigen Bildern deren heiter travestie¬
render Grundton nicht übel herauskam, lebhaften, ja stürmischen
Beifall. Angenehm fiel im Rahmen der kaltblütigen Stilisierung
die Fülle von Ideen auf, die es ermöglichte, die ungezählten
Betten, Divane, Chaiselongues usw. immer wieder anders reizvoll
zu placieren. Die Aufführung wird volle Häuser machen.
soll aber auch hohe Zeit sein, denn man munkelt immer wieder,
daß Frau Körner nur durch einen „Reigen“ davor bewahrt blei¬
ben könne, abtanzen zu müssen.
Man meldet uns aus Dresden: An der Staatsober
erlehte die dreiaktige Oper „Ikdar“, Dichtung von Guido Glück,
Musik von Mraczek, ihre Uraufführung. Ildar ist die
Göttin der Liebe und Schönheit in einem phantastischen Reich, in
dem sich die Tragödie eines jungen Bildhauers, der die schönste
Frau eines Gewaltherrschers liebt, abspielt. Die Musik bewegt sich
in durchaus modernem Rahmen; sie ist tonmalerisch und stimmung¬
childernd nur zu gleichförmig. Der Komponist erweist sich wenig
erfinderisch; manchen Gesuchtheiten stehen jedoch mu kalische
Schönheiten gegenüber. Die Aufführung zeigte die T reidner
Staatsoper auf künstlerischer Höhe. Der Komponist wurde wirder¬
R. N.
holt gerufen.
Die Bearbeitung von Offenbachs Buffo=Oper „Die Ban¬
diten“ durch Dr. Paul Grüder und Kurt Soldan wurde bei
der ersten Wiedergabe im Elberfelder Stadttheater mit
Recht als Uraufführung bezeichnet. Musik und Text haben
bei wirksamster Wahrung des parodistisch=grotesken Charakters eine
weitgehende Neufassung erhalten, die voraussichtlich mit dem gleichen
großen Erfolge wie hier über viele Bühnen gehen wird. Die als
Spielleiter der Oper und Kavellmeister bewährten Verantwortlichen
Kan.
Arthur Schnitzlers „Reigen“, jene im Buch so
chübsch zugespißten D deLiehe, die in Ber¬
lin bei gewissen Kreisen starke Empörung erregt haben,
kam auch im Münchener Schauspielhaus wie uns
unser dortiger Dr. J. F.=Korrespondent drahtlich meldet,
zur Erstaufführung und konnte ohne Skandal zu Ende ge¬
führt werden. Das ist für das gegenwärtige München
Allerdings wurde
sogar besonders erstaunlich.
der Inszenierung der Frau Hermine Körner das Ganze sehr
vergrößert und manches Feine ganz fälschlich ins bewußt
Groteske verzerrt.
Intendant Gustav Hartung verpflichtete die Damen
Rosa M ännig und Dora Steidl aus der Schauspiel¬
schule des Deutschen Theaters für das Landestbeater
in Harmstadt.
JSJAN 1921

Manheit“
„Reigen“ in München.
Im Münchner Schausptelhaus hat soeben
die Premiere des „Reigen“ stattgefunden. Die
„Münchner Neuesten Nachrichten“ äußern sich
darüber:
Es ziemt sich nicht, diesen Reigen auf der
Bühne zu exekutieren. Nicht nur weil die Form,
sondern auch weil der Stoff der zehn Dialo##
ihr widerstrebt. Sie sind erot'sche Noveletten mit
immer dem gleichen Oöhepunkt, der in einer
der Bähne nicht sinnfällig in machend
Wite Kerung Wi
26. 1. 192
lung besteht. Diese Handlung erzwingt — neun¬
mal an einem Abend! — Verdunkelung, das
heißt: Wegwischung, Zerstörung und somit
Kompromittierung der Bühne.
Wer „die zehn
enilletone
Schnitzlers liest, ist wohl auch heute nuch an¬
geregt von der guten Beobachtung, die einige
Menschen und ihr Milieu in immer der gleichen
diskreten Situation witzig entschleiert. Schnitzler
hat sich aber in diesen zehn Puppenspielen darauf
beschränkt, das dialogische Vor= und Nachspiel
einer für den britten reiz= und sinnlosen Funk¬
tion niederzuschreiben. Dies ist, zu lesen, amü¬
sant, weil witzige Menschenkenntnis im Spiel
ist. Zu sehen aber, was nicht verkörpert werden
kann, immer wieder ins Dunkef zu starren,
immer wieder nach voraufgegangenen Zwinkern
der Augen sie schamvoll zu schljeßen, ist lang¬
weilig.
Und so geschah es im Schauspielhaus, daß
das Premierenpublikum zwak dankbar jedes
Witzchen, und jede spielerische Munterkeit be¬
grüßte, aber ziemlich eingeschüchtert dasaß. Es
wurde „nett“ gespielt., Mitgaußerer Politur, die
manchmal gut anzusehen war, aber meist den
Mangel an menschlicher Zeichnung der Gestalter,
nicht zu verdecken vermochte.