9 4. Dergruehe Kakadu Zykrus
—
usammen, und wie Vieles, das geschrieben habe. Es sei nichts Wichtiges darin, doch immer¬
hin Dinge, wie sie nur eine Frau an die andere schreibe.
ir doch so gut wie gethan. Wir
Hier in der Lade des Schreibtisches liegen sie. Er schließt
Ungewisse hinausgeworfen. Unser
auf und gibt sie ihr. Er wisse wol, eröffnet er ihr nach
erscheinen wie die Folge einer
einer Pause, daß diese Briefe nicht von ihr, sondern von
Anbekannter Geist eingeflüstert.
seinem Assistenten Hausmann herrühren. Keine Einwendung
Stimmungen erweckt Schnitzler's
er wisse Alles. „Sie war jung, ich war alt, das ist die
eilich als sinnliches Gegengewicht
ganze Geschichte.“ Er finde das natürlich. Er habe nie den
möchte. Paraceisus selbst ist ein
Muth gefunden, ihnen mitzutheilen, daß er Alles wisse, und ihnen
ein Geist ist eingetaucht in die
zu sagen, daß er sie freigebe, obwol er es innerlichst gewollt
hrme Tiefe der deutschen Sprache.
habe. Hausmann habe sich in den Ferien in einem Seebade
ärmer sprechen hören, zumal in
befunden, habe verspätet diesen Kranz gesendet und werde
#wo schon das Holzgetäfel und das
wahrscheinlich noch heute hier ankommen. Er kommt an.
r Ecke. das Gemüth zu wärmen
Der Professor behandelt ihn zuvorkommend, bietet sich sogar
cher dramatischer Vers war nicht
ihn auf den Friedhof zu begleiten. Im Verlaufe des
bei Schnitzler vielfach dünn, spröd
Gespräches stellt sich die unerwartete Thatsache heraus, daß
ist etwas arm. Die richtige Wahl
Hausmann Bräutigam, daß er schon seit einem Jahre ver¬
Vers in Goethe's Art gewesen,
lobt sei. Der Professor ist empört über diese Nachricht. Er
eist, Alles sagen kann und dessen
überhäuft seinen Assistenten mit Unannehmlichkeiten und be¬
n Sprachschatz aufrührt. Der Dar¬
fördert ihn zur Thür hinaus. Hausmann ruft, fortgehend,
gre durch diesen Vers auch auf den
zurück, daß es auch in dieser Sache eine Antwort gäbe.
en. Herr Robert schob schon
Diese Antwort, die ihm Hausmann verschweigt, ertheilt ihm
ist und den Mephistopheles durch¬
Olga. Sie theilt ihm mit, daß seine verstorbene Frau um
den einfachen Ton, welcher der
diese Brautschaft gewußt und ihr Verhältniß mit Haus¬
schratt war eine treffliche bürger¬
mann dennoch fortgeführt habe. „Sie habe die Freiheit
s den Wirrungen der Situation
gehabt, die sie wollte!“ Darauf (die Dirne in der Ehe) gibt
Herr Krastel gab einen biederen
es freilich keine Antwort mehr. Der Professor verkehrt nur
noch kurz mit seinem Diener, um Anstalten für seine Ab¬
trägt den Titel „Die Gefährtin“.
reise zu treffen. Den Schluß des Stückes bilden Theater¬
auf seinem eigensten Boden und
weisungen. Der Professor „sperrt gleich hinter ihm zu“
sichen Stoffe, von dem man am
(Nämlich das Zimmer seiner Frau.) „Dann geht er zum
ein kleines Kunstwerk gestaltet.
hte,
Balcon; wie er schließen will, sieht er den Kranz,“ den
lich geführt, der Dialog ist blank
Hausmann gesendet. „Er nimmt ihn und legt ihn auf den
n Professor ist sein noch jugend¬
Schreibtisch. Dann geht er zur Thür links, das Licht in der
ist der Tag des Begräbnisses, von
Hand; an der Thür bleibt er stehen, wendet sich um, be¬
n wir auf den Friedhof, wo sie
Der Professor erhält den Besuch trachtet das Zimmer noch einmal. Er athmet tief, lächelt
Nach einem Gespräch, das sich dann wie befreit, geht ab; man hört ihn zusperren. Das
dunkle Zimmer bleibt eine Weile leer, dann fällt der Vor¬
bezieht und in welchem der Professor
den Tag legt, bittet ihn Olga um die hang.“... Man schweigt mit dem Professor und lächelt
, die sie an seine verstorbene Frau gleichfalls befreit.
box 1575
Herr Sonnenthal stellt den Professor in Wort
und Spiel mit einer Einfachheit dar, daß ihn die hervor¬
ragendsten Vertreter der modernen Schule darum beneiden
dürften. Seiner vornehmen Spielweise, die weit über Senti¬
mentalität und pathetische Declamation hinaus ist, war es
auch zu danken, daß nicht gelacht worden; ein einziger Lach¬
versuch und das Stück liegt in Scherben. Neben dem großen
Künstler hielten sich auch Fräulein Bleibtreu und Herr
Zeska auf einer guten Höhe.
Das dritte Stück, von dem Dichter als Groteske be¬
zeichnet, ist nach einer Pariser Kellerwirthschaft benannt, die
den Schild „Der grüne Kakadu“ führt. Ein früherer
Theaterdirector ist der Wirth, der noch allabendlich eine
wilde Comödiantenbande um sich versammelt. Sie agirt
Verbrecherscenen. Da sich nun zuweilen auch wirkliche Ver¬
brecher einschleichen und den Comödianten selbst alles
Mögliche zuzutrauen ist, läßt sich in diesen Darstellungen
die Erfindung von der Wirklichkeit gar nicht mehr recht
scheiden. Sie hal daher einen schauerlichen Reiz, nament¬
lich für die abgeleoten Nerven der Aristokratie, welche den
Hauptbestandtheil des Publicums bildet. Marquis, Grafen
und Herzoge encanailliren sich mit jenen Gesellen, reden sie (nach
dem ungemilderten Buche) als Schweine an und lassen sich von
ihnen als Schweine anreden. Durch die lose aneinander¬
gereihten Seenen geht nur ein einziger Faden, aber ein sehr
grober, durch. Henri nämlich, der beste unter den Comö¬
dianten, hat die Schauspielerin Leocadie geheiratet und er¬
zählt, wie er den Herzog von Cadignon aus Eifersucht er¬
mordet habe. Es ist bloße Erfindung, was er erzählt; als.
aber der Herzog im Keller erscheint und ihm als Liebhaber
seiner Frau bezeichnet wird, stürzt Henri wie rasend auf den
Herzog los und sticht ihn nieder. Eine Marquise, die mit
ihrem alten Mann und einem jüngeren Liebhaber anwesend
ist, findet das höchst anziehend, da man doch nicht jeden Tag
einen wirklichen Herzog könne ermorden sehen. In diesem
Augenblicke kommt von der Straße herab die Nachricht von
der Einnahme der Bastille. Mit dem Rufe: „Es lebe die
Freiheit!“ schließt diese mit starkem Temperament geschriebene
Groteske, in welcher etwas vom Pulsschlag der französischen
L. Sp.
Revolution zittert.
—
usammen, und wie Vieles, das geschrieben habe. Es sei nichts Wichtiges darin, doch immer¬
hin Dinge, wie sie nur eine Frau an die andere schreibe.
ir doch so gut wie gethan. Wir
Hier in der Lade des Schreibtisches liegen sie. Er schließt
Ungewisse hinausgeworfen. Unser
auf und gibt sie ihr. Er wisse wol, eröffnet er ihr nach
erscheinen wie die Folge einer
einer Pause, daß diese Briefe nicht von ihr, sondern von
Anbekannter Geist eingeflüstert.
seinem Assistenten Hausmann herrühren. Keine Einwendung
Stimmungen erweckt Schnitzler's
er wisse Alles. „Sie war jung, ich war alt, das ist die
eilich als sinnliches Gegengewicht
ganze Geschichte.“ Er finde das natürlich. Er habe nie den
möchte. Paraceisus selbst ist ein
Muth gefunden, ihnen mitzutheilen, daß er Alles wisse, und ihnen
ein Geist ist eingetaucht in die
zu sagen, daß er sie freigebe, obwol er es innerlichst gewollt
hrme Tiefe der deutschen Sprache.
habe. Hausmann habe sich in den Ferien in einem Seebade
ärmer sprechen hören, zumal in
befunden, habe verspätet diesen Kranz gesendet und werde
#wo schon das Holzgetäfel und das
wahrscheinlich noch heute hier ankommen. Er kommt an.
r Ecke. das Gemüth zu wärmen
Der Professor behandelt ihn zuvorkommend, bietet sich sogar
cher dramatischer Vers war nicht
ihn auf den Friedhof zu begleiten. Im Verlaufe des
bei Schnitzler vielfach dünn, spröd
Gespräches stellt sich die unerwartete Thatsache heraus, daß
ist etwas arm. Die richtige Wahl
Hausmann Bräutigam, daß er schon seit einem Jahre ver¬
Vers in Goethe's Art gewesen,
lobt sei. Der Professor ist empört über diese Nachricht. Er
eist, Alles sagen kann und dessen
überhäuft seinen Assistenten mit Unannehmlichkeiten und be¬
n Sprachschatz aufrührt. Der Dar¬
fördert ihn zur Thür hinaus. Hausmann ruft, fortgehend,
gre durch diesen Vers auch auf den
zurück, daß es auch in dieser Sache eine Antwort gäbe.
en. Herr Robert schob schon
Diese Antwort, die ihm Hausmann verschweigt, ertheilt ihm
ist und den Mephistopheles durch¬
Olga. Sie theilt ihm mit, daß seine verstorbene Frau um
den einfachen Ton, welcher der
diese Brautschaft gewußt und ihr Verhältniß mit Haus¬
schratt war eine treffliche bürger¬
mann dennoch fortgeführt habe. „Sie habe die Freiheit
s den Wirrungen der Situation
gehabt, die sie wollte!“ Darauf (die Dirne in der Ehe) gibt
Herr Krastel gab einen biederen
es freilich keine Antwort mehr. Der Professor verkehrt nur
noch kurz mit seinem Diener, um Anstalten für seine Ab¬
trägt den Titel „Die Gefährtin“.
reise zu treffen. Den Schluß des Stückes bilden Theater¬
auf seinem eigensten Boden und
weisungen. Der Professor „sperrt gleich hinter ihm zu“
sichen Stoffe, von dem man am
(Nämlich das Zimmer seiner Frau.) „Dann geht er zum
ein kleines Kunstwerk gestaltet.
hte,
Balcon; wie er schließen will, sieht er den Kranz,“ den
lich geführt, der Dialog ist blank
Hausmann gesendet. „Er nimmt ihn und legt ihn auf den
n Professor ist sein noch jugend¬
Schreibtisch. Dann geht er zur Thür links, das Licht in der
ist der Tag des Begräbnisses, von
Hand; an der Thür bleibt er stehen, wendet sich um, be¬
n wir auf den Friedhof, wo sie
Der Professor erhält den Besuch trachtet das Zimmer noch einmal. Er athmet tief, lächelt
Nach einem Gespräch, das sich dann wie befreit, geht ab; man hört ihn zusperren. Das
dunkle Zimmer bleibt eine Weile leer, dann fällt der Vor¬
bezieht und in welchem der Professor
den Tag legt, bittet ihn Olga um die hang.“... Man schweigt mit dem Professor und lächelt
, die sie an seine verstorbene Frau gleichfalls befreit.
box 1575
Herr Sonnenthal stellt den Professor in Wort
und Spiel mit einer Einfachheit dar, daß ihn die hervor¬
ragendsten Vertreter der modernen Schule darum beneiden
dürften. Seiner vornehmen Spielweise, die weit über Senti¬
mentalität und pathetische Declamation hinaus ist, war es
auch zu danken, daß nicht gelacht worden; ein einziger Lach¬
versuch und das Stück liegt in Scherben. Neben dem großen
Künstler hielten sich auch Fräulein Bleibtreu und Herr
Zeska auf einer guten Höhe.
Das dritte Stück, von dem Dichter als Groteske be¬
zeichnet, ist nach einer Pariser Kellerwirthschaft benannt, die
den Schild „Der grüne Kakadu“ führt. Ein früherer
Theaterdirector ist der Wirth, der noch allabendlich eine
wilde Comödiantenbande um sich versammelt. Sie agirt
Verbrecherscenen. Da sich nun zuweilen auch wirkliche Ver¬
brecher einschleichen und den Comödianten selbst alles
Mögliche zuzutrauen ist, läßt sich in diesen Darstellungen
die Erfindung von der Wirklichkeit gar nicht mehr recht
scheiden. Sie hal daher einen schauerlichen Reiz, nament¬
lich für die abgeleoten Nerven der Aristokratie, welche den
Hauptbestandtheil des Publicums bildet. Marquis, Grafen
und Herzoge encanailliren sich mit jenen Gesellen, reden sie (nach
dem ungemilderten Buche) als Schweine an und lassen sich von
ihnen als Schweine anreden. Durch die lose aneinander¬
gereihten Seenen geht nur ein einziger Faden, aber ein sehr
grober, durch. Henri nämlich, der beste unter den Comö¬
dianten, hat die Schauspielerin Leocadie geheiratet und er¬
zählt, wie er den Herzog von Cadignon aus Eifersucht er¬
mordet habe. Es ist bloße Erfindung, was er erzählt; als.
aber der Herzog im Keller erscheint und ihm als Liebhaber
seiner Frau bezeichnet wird, stürzt Henri wie rasend auf den
Herzog los und sticht ihn nieder. Eine Marquise, die mit
ihrem alten Mann und einem jüngeren Liebhaber anwesend
ist, findet das höchst anziehend, da man doch nicht jeden Tag
einen wirklichen Herzog könne ermorden sehen. In diesem
Augenblicke kommt von der Straße herab die Nachricht von
der Einnahme der Bastille. Mit dem Rufe: „Es lebe die
Freiheit!“ schließt diese mit starkem Temperament geschriebene
Groteske, in welcher etwas vom Pulsschlag der französischen
L. Sp.
Revolution zittert.