Telefon 12801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
10
Nr. 27
„OBSERVER“
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a.—
Ausschnitt aus:
Neue Freie Presse
vom-/.#
„ Theater= und Kunstnachrichten.
Wien, 30. November.
[Burgtheater.] Heute zum erstenmale: Das Ver¬
mächtniß“, Schauspiel in drei Aufzügen von Arthur Schnitzler.
A
Das Vermächtniß ist ein Kind, das einem „ledigen Verhältniß
entsprossen. Der sterbende Vaier bittet seine Eltern, das Kind mit
der Mutter in ihr Haus aufzunehmen. Es geschieht. Allein das
Kind stirbt, und gegen die unvermälte Schwiegertochter bildet sich
eine gewisse Fremdheit heraus, die man das arme Geschöpf so hart
empfinden läßt, daß sie sich in ihrer Verlassenheit entschließt in
den Tod zu gehen. Das Schauspiel schließt mit einem von Frau
Hohenfels glänzend gesprochenen Plaidoyer für die — wie
sollen wir sagen? — nun am Ende doch für die freie Liebe.
Frau Schratt spielte die weibliche Hauptrolle in sympathischer
Weise. Der erste und dritte Act hatten einen kriftigen Erfolg, der
zweite blieb dagegen zurück. Vielen schien die vom Dichter auf¬
geworfene Frage zu gewagt, aber gerade für das Bedenkliche des
Problems nahm der jüngere Theil des Publicums leidenschaftlich
Partei,
Bezugs-Bedingungen.
fl. 7.50
Für 50 Zeitungsausschnitte (Artikel oder Notizen)
inclusive
14.—
Porto.
100
25.—
Zahlbar
„ 200
im Voraus
55.—
„100.—
" 1000
Gegensat#e zn anderen Bureaux für Zeitungsausschnitte ist das
Abonnen durch keine bestimmte Zeibdlauer begrenzt; — auch steht es den
Abonnenten frei die aufgegebenen The##en zu ergänzen oder zu ändern.
Wien, IX/ Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a.
Ausschnitt aus: üstr. Wiener Extrabiatt
vom 7/2.08.
Theaterzeitung.
Hofburgtheater. Die Aerzte jubelten. Ih
College Arthur Schnitzler brachte gestern dre
Menschen unter dieErde. In setnem neuesten Schauspie
„Das Vermächtniß“ kommen drei Todesfällt
vor. Bei jedem Actschluß stolpern wir über eine Leiche.
Und trotzdem gab es einen starken Erfolg, denn so an:
fechtbar auch das Stück ist, wir haben es mit einem Werke
von künstlerischem Werthe zu thun. Schon nach dem
ersten Acte konnte Herr Lewinsky für den Dichter danken.
Er that dies „im Namen des Autors“. Die Dramatiker
des Burgtheaters werden von Regisseurs Gnaden zu
Dichtern erhoben oder von Regisseurs Ungnaden zu
Autoren degradirt. Mit dieser üblen Gepflogenheit sollte
endlich einmal aufgeräumt werden. Die Literaturgeschichte
wird ja doch nicht von den Herren Monatsregisseuren
gemacht! Arthur Schnitzler hat diesmal einen sehr inter¬
essanten Stoff, sagen wir einen Gesprächsstoff, in
dramatische Behandlung genommen. Ein junger
Mann aus gutem Hause nimmt in seiner Sterbe¬
stunde der Mutter das Versprechen ab, seine Geliebte
und sein Kind in den Schoß der Familie aufzunehmen.
Die Eltern ehren das Vermächtniß des Sohnes, so lange
das Kind am Leben bleibt. Doch als es stirbt, handeln
sie im Sinne des orientalischen Spruches: „Das Kind ist
todt, die Gevatterschaft ist aus.“ Die Geliebte
50 Zei des Sohnes wird nur noch als Maitresse an¬
Für
inchusive
gesehen und zum Verlassen des Hauses gezvungen.
100
Porto.
Zahlbar
200
Sie geht in's Wasser, wie ihre Leidensgefährtin in der
„Liebelei“. Sie hat den Tod des Geliebten ertragen, im Voraus
500
sie hat den Tod des theuren Kindes überwunden, aber
" 1000
Im G die Lieblosigkeit der Familie kann sie nicht überleben1 ie ist das
Abonnement Man wird zugeben, daß das Wiener Mädel von pht es den
Abonnenten
drei Selbstmordmotiven just das schwächste erwählte. stern.
In Sachen der freien Liebe weiß sie besser Bescheid.
Vier Jahre hat sie mit ihrem Geliebten ein Verhältniß
gehabt, einen herzigen Buben dankt sie seiner Liebe,
und da sagen die Leut', daß sie nicht seine Frau war! Ja, sie
ist so frei von den Vorurtheilen unserer sbäbigen Gesell¬
schaft, daß sie ihr folgenschweres Verhältniß als eine
höchst ehrenvolle Sache betrachtet. Wer hätte gedacht,
daß ein einfaches Wiener Mädel mit so kräftigen
Händen an den Pfeilern unserer Gesellschaftsordnung rütteln
werde? Das Mädel findet eine warme Fürsprecherin in
der jungfräulichen Schwester des Geliebten, die das ge¬
fallene Weib mit dem von der Galerie demonstrativ
applandirten Satz entschuldigt: „Was einen guten Mann
so glücklich macht, kann nicht die Sünde sein.“ Wir möchten
nur wissen, ob das Fräulein einen guten Mann auf dieselbe
Weise glücklich machen wollte? Im Verlaufe des Schau¬
spieles wird für und gegen die Fremde Partei genommen,
aber objectiv ist der Dichter nicht. Er läßt nämlich
einzelne triftige Einwendungen gegen das Ver¬
bleiben des Mädchens im Hause durch einen Poseur
vorbringen, den man nicht ernst nehmen darf.
Seine Vernunftgründe verpuffen wirkungslos. Und gerade
dieser Poseur ist die beste Figur des Stückes, ein
meisterlich gezeichneter Wiener Hjalmar. Das starle
Talent Schnitzler's nahm svielend alle Hindernisse. Er
rührte die Leute zu Thränen. Nach dem zweiten und dritten
Aete konnte er wiederholt vor der Rampe erscheinen.
Die beste Leistung des Abends war das Spiel des Herrn
Hartmann, der sich nunmehr ein Anrecht auf den
Original=Hjalmar erwarb. Ergreifend in ihrem Schmerze
und anheimelnd im Tone war Frau Schratt in der
Rolle der Wiener Heldin. Frau Hohenfels überraschte im
letzten Acte durch heftige tragische Accente. Hat sie den
Wolter=Schrei geerbi? Einen dreizehnjährigen Gymna¬
siasten spielte Fräulein Metzl mit treffsicherem
Humor. Die Damen Medelsky und Bleibtren
thaten ihre Schuldigkeit. Herr Treßler starb mit
als lebendiger Junge ist er uns
Anstand,
war undeutlich
lieber. Herr Devri
und Herr Paulsen hölzern. Die Handlung
des Stückes spielt in Wien, im Hause eines Wiener
Professors. Ist es also ein Regiefehler, wenn der Pro¬
fessor eine bekannte Berliner Zeitung in der Hand
hält? Nein! Den Darsteller kostet es Nichts und dem
Director Schlenther macht es vielleicht ein Vergnügen.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
10
Nr. 27
„OBSERVER“
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a.—
Ausschnitt aus:
Neue Freie Presse
vom-/.#
„ Theater= und Kunstnachrichten.
Wien, 30. November.
[Burgtheater.] Heute zum erstenmale: Das Ver¬
mächtniß“, Schauspiel in drei Aufzügen von Arthur Schnitzler.
A
Das Vermächtniß ist ein Kind, das einem „ledigen Verhältniß
entsprossen. Der sterbende Vaier bittet seine Eltern, das Kind mit
der Mutter in ihr Haus aufzunehmen. Es geschieht. Allein das
Kind stirbt, und gegen die unvermälte Schwiegertochter bildet sich
eine gewisse Fremdheit heraus, die man das arme Geschöpf so hart
empfinden läßt, daß sie sich in ihrer Verlassenheit entschließt in
den Tod zu gehen. Das Schauspiel schließt mit einem von Frau
Hohenfels glänzend gesprochenen Plaidoyer für die — wie
sollen wir sagen? — nun am Ende doch für die freie Liebe.
Frau Schratt spielte die weibliche Hauptrolle in sympathischer
Weise. Der erste und dritte Act hatten einen kriftigen Erfolg, der
zweite blieb dagegen zurück. Vielen schien die vom Dichter auf¬
geworfene Frage zu gewagt, aber gerade für das Bedenkliche des
Problems nahm der jüngere Theil des Publicums leidenschaftlich
Partei,
Bezugs-Bedingungen.
fl. 7.50
Für 50 Zeitungsausschnitte (Artikel oder Notizen)
inclusive
14.—
Porto.
100
25.—
Zahlbar
„ 200
im Voraus
55.—
„100.—
" 1000
Gegensat#e zn anderen Bureaux für Zeitungsausschnitte ist das
Abonnen durch keine bestimmte Zeibdlauer begrenzt; — auch steht es den
Abonnenten frei die aufgegebenen The##en zu ergänzen oder zu ändern.
Wien, IX/ Türkenstrasse 17.
— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a.
Ausschnitt aus: üstr. Wiener Extrabiatt
vom 7/2.08.
Theaterzeitung.
Hofburgtheater. Die Aerzte jubelten. Ih
College Arthur Schnitzler brachte gestern dre
Menschen unter dieErde. In setnem neuesten Schauspie
„Das Vermächtniß“ kommen drei Todesfällt
vor. Bei jedem Actschluß stolpern wir über eine Leiche.
Und trotzdem gab es einen starken Erfolg, denn so an:
fechtbar auch das Stück ist, wir haben es mit einem Werke
von künstlerischem Werthe zu thun. Schon nach dem
ersten Acte konnte Herr Lewinsky für den Dichter danken.
Er that dies „im Namen des Autors“. Die Dramatiker
des Burgtheaters werden von Regisseurs Gnaden zu
Dichtern erhoben oder von Regisseurs Ungnaden zu
Autoren degradirt. Mit dieser üblen Gepflogenheit sollte
endlich einmal aufgeräumt werden. Die Literaturgeschichte
wird ja doch nicht von den Herren Monatsregisseuren
gemacht! Arthur Schnitzler hat diesmal einen sehr inter¬
essanten Stoff, sagen wir einen Gesprächsstoff, in
dramatische Behandlung genommen. Ein junger
Mann aus gutem Hause nimmt in seiner Sterbe¬
stunde der Mutter das Versprechen ab, seine Geliebte
und sein Kind in den Schoß der Familie aufzunehmen.
Die Eltern ehren das Vermächtniß des Sohnes, so lange
das Kind am Leben bleibt. Doch als es stirbt, handeln
sie im Sinne des orientalischen Spruches: „Das Kind ist
todt, die Gevatterschaft ist aus.“ Die Geliebte
50 Zei des Sohnes wird nur noch als Maitresse an¬
Für
inchusive
gesehen und zum Verlassen des Hauses gezvungen.
100
Porto.
Zahlbar
200
Sie geht in's Wasser, wie ihre Leidensgefährtin in der
„Liebelei“. Sie hat den Tod des Geliebten ertragen, im Voraus
500
sie hat den Tod des theuren Kindes überwunden, aber
" 1000
Im G die Lieblosigkeit der Familie kann sie nicht überleben1 ie ist das
Abonnement Man wird zugeben, daß das Wiener Mädel von pht es den
Abonnenten
drei Selbstmordmotiven just das schwächste erwählte. stern.
In Sachen der freien Liebe weiß sie besser Bescheid.
Vier Jahre hat sie mit ihrem Geliebten ein Verhältniß
gehabt, einen herzigen Buben dankt sie seiner Liebe,
und da sagen die Leut', daß sie nicht seine Frau war! Ja, sie
ist so frei von den Vorurtheilen unserer sbäbigen Gesell¬
schaft, daß sie ihr folgenschweres Verhältniß als eine
höchst ehrenvolle Sache betrachtet. Wer hätte gedacht,
daß ein einfaches Wiener Mädel mit so kräftigen
Händen an den Pfeilern unserer Gesellschaftsordnung rütteln
werde? Das Mädel findet eine warme Fürsprecherin in
der jungfräulichen Schwester des Geliebten, die das ge¬
fallene Weib mit dem von der Galerie demonstrativ
applandirten Satz entschuldigt: „Was einen guten Mann
so glücklich macht, kann nicht die Sünde sein.“ Wir möchten
nur wissen, ob das Fräulein einen guten Mann auf dieselbe
Weise glücklich machen wollte? Im Verlaufe des Schau¬
spieles wird für und gegen die Fremde Partei genommen,
aber objectiv ist der Dichter nicht. Er läßt nämlich
einzelne triftige Einwendungen gegen das Ver¬
bleiben des Mädchens im Hause durch einen Poseur
vorbringen, den man nicht ernst nehmen darf.
Seine Vernunftgründe verpuffen wirkungslos. Und gerade
dieser Poseur ist die beste Figur des Stückes, ein
meisterlich gezeichneter Wiener Hjalmar. Das starle
Talent Schnitzler's nahm svielend alle Hindernisse. Er
rührte die Leute zu Thränen. Nach dem zweiten und dritten
Aete konnte er wiederholt vor der Rampe erscheinen.
Die beste Leistung des Abends war das Spiel des Herrn
Hartmann, der sich nunmehr ein Anrecht auf den
Original=Hjalmar erwarb. Ergreifend in ihrem Schmerze
und anheimelnd im Tone war Frau Schratt in der
Rolle der Wiener Heldin. Frau Hohenfels überraschte im
letzten Acte durch heftige tragische Accente. Hat sie den
Wolter=Schrei geerbi? Einen dreizehnjährigen Gymna¬
siasten spielte Fräulein Metzl mit treffsicherem
Humor. Die Damen Medelsky und Bleibtren
thaten ihre Schuldigkeit. Herr Treßler starb mit
als lebendiger Junge ist er uns
Anstand,
war undeutlich
lieber. Herr Devri
und Herr Paulsen hölzern. Die Handlung
des Stückes spielt in Wien, im Hause eines Wiener
Professors. Ist es also ein Regiefehler, wenn der Pro¬
fessor eine bekannte Berliner Zeitung in der Hand
hält? Nein! Den Darsteller kostet es Nichts und dem
Director Schlenther macht es vielleicht ein Vergnügen.