II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 126

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kommt, zur Cameliendame emporwächst und irgendwie
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endet. In Frankreichs Dichtung haben diese Armen, die am Weg¬
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und Paul de Kok, und Armand Silvestre, durch Alex. Dumas,
durch Daudet, Zola und Maupassant glänzende Einführung ge¬
funden. Nun sollen sie auch in die deutsche Literatur. Heinz Tavote,
Otto Erich Hartleben und andere versuchen dies in Berlin. In
Wien will es, neben Bahr und Beer=Hofmann, Arthur Schnitzler
unternehmen. Er hat dies zuerst in kleinen dramatischen Scenen im
Style der Franzosen versucht. In diesem Cyklus „Anatol“
behandelt er durchwegs die hinhuschenden Gefühle, welche sich für
den scharfen Beobachter aus dem Verkehre mit jenen flüchtigen
die
Bekanntschaften der Straße lösen, die ein Stündchen in unserem
Vergnügungsleben und oftmals sogar ein Plätzchen in unserem
an
Herzen einnehmen. Modistinnen, Ballerinen, Theaterdämchen heißen
Cora, Else, Ilona, Bianca, Gabriele; sie „sprechen sehr galante
Dinge“ und kommen und gehen im Herzen Anatols aus und ein.
Man erfährt im zierlichen Dialoge, daß dieser Anatol, der oft
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dupirte Hamlet der Chambres separées ein gar sanfter Patron
st.
ist — wie unsere Lebeknaben — der sich selten zu helfen weiß
und den Dingen immer vielmehr Gewicht beilegt, als sie eigentlich
verdienen, obgleich der Raisonneur Max, der neben Anatol in der
Reihe dieser dramatischen Kleinigkeiten als ständige Seitenfigur
einherläuft, sich viel Mühe gibt, alles an seinen rechten Platz zu
rücken. Mit gefälligen Wendungen, geistreichen Beobachtungen und
hübschen „mots“ ist die Welt in diesen Probesälen der Liebe ge¬
schildert und geziert.
Nun schwingt sich Arthur Schnitzler zum zweiten Male —
nach dem „Märchen“, welches im Volkstheater nicht sonderlich
2zu einer größeren dramatischen Arbeit auf. „Liebelet“
erasgefiel
heißt sein Schauspiel in drei Acten.
Wiederum steigt die Gestalt Anatols auf, die diesmal Fritz
Lobheimer heißt. Er ist Student, inscribirt für irgend ein Fach an
der Universität und in dem Ehrenbuche der Lebejugend, die bei
sis
Sacher sich letzt. Max, der Raisonneur, nennt sich hier Theodor
Kaiser, ein Knäblein mit ungemein früh entwickelter tin de siecle¬
Moral, das die Frauen und besonders „diese" Mädchen leicht
hinnimmt wie ein Vergnügungsding. Beide Helden werden in
ihren Verhältnissen geschildert, die sie eben haben. Fritz=Anatol
neigt zur Schwermuth, grübelt und denkt und läßt sich von
Christinen lieben. Theodor=Max hingegen gewährt letztere Freude
der kleinen Schlager=Mizzi, doch ist er dabei weit weniger empfind¬
samen Gemüthes; er raucht Cigaretten, trinkt Moselwein, imitirt
die Clowns aus dem Circus und ist ein „lieber Kerl“, der den
ersten Act mit seinen Schnurren prächtig belebt. Dieser erste Act
exponirt uns in einem prächtigen Lustspiel, das für sich bestehen
könnte, die Seelenconstruction dieser kleinen Welt. Es fällt, dramatisch
außergewöhnlich geschickt geführt, „ein Herr“ in diese Atmosphäre,
wo es so putzig zugeht, der von dem jungen Fant Fritz Rechen¬
schaft verlangt für die Verführungskünste des Jünglings, welche
dieser einmal, statt bei Probier=Mamsellchen, bei des fremden Herrn
rechtmäßiger Gattin mit Glück, wie Briefe beweisen, spielen ließ.
Wir wissen nun den Schluß: Duell. Fritz fällt! Denn hier ist die
bewußte große Scene, in der sich dramatisches Talent schlagkräftig
ausgesprochen hat.
Gibt dieser erste Akt, welcher, in seiner glänzenden Milien¬
schilderung, aus dem „Abschiedssouper“ des erwähnten Anatol¬
cyclus herausgewachsen scheint, wenn auch nur oberflächlich, die
Umrisse der einzelnen Figuren und der These des Stückes, so muß
im zweiten Akte, zur Wirkung des Ganzen, mit überzeugender
Schlagkraft ein Gebäude aufgerüstet werden, das uns die dramatische
Lebensfähigkeit Fritz Lobheimers und seines sentimentalen „Mädels“.
erweise. In unserer Theilnahmslosigkeit des Objectiven müßte uns